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04 Oktober 2019

Ines Papert und Luka Lindič – eine erfolgreiche Seilschaft am Berg und im Leben

Interview mit dem deutsch-slowenischen Alpin-Paar über ihr gemeinsames Leben als Profibergsteiger, Seilreibung und gemeinsame Abenteuer

Die Wahl-Berchtesgadenerin Ines Papert ist mehrfache Eiskletter-Weltmeisterin, Mutter und machte sich mit starken Leistungen in allen Bergsportdisziplinen einen Namen.  Vor einigen Jahren lernt sie den jungen slowenischen Spitzenalpinisten Luka Lindič kennen und die beiden werden Seil- und Lebenspartner. Lisa-Maria Laserer hat mit Ines und Luka folgendes Interview geführt:

Ines: Du bist eine der bekanntesten deutschen Alpinistinnen und bist vor allem am Anfang durch Deine Weltmeistertitel im Eisklettern bekannt geworden. Du bist aber auch Physiotherapeutin. Übst du diesen Beruf eigentlich noch aus?

Das Klettern und Bergsteigen beschäftigt mich seit nahezu 20 Jahren voll und ganz. Ich bin schon seit Manus (Anm. der Redaktion: Ines Sohn) Geburt 2000 nicht mehr als Physiotherapeutin aktiv, aber das erlernte Wissen hilft mir täglich, mit eigenen kleinen Pestilenzen umzugehen ;) Das Klettern und Bergsteigen wurde, seit ich an den Wettkämpfen teilgenommen habe, zu meinem vollen Lebensinhalt. Ich hatte zum Glück gar keine Wahl, da es bereits damals erste Sponsorenanfragen gab. Später habe ich mich vom Wettkampf verabschiedet und schnell Begeisterung bei meinen Unterstützern gefunden, von denen ich seither, neben zahlreichen Referaten sehr gut leben kann.

Luka: In der slowenischen Alpinszene bist du bereits ein großer Name. Erzähl unseren Lesern ein bisschen über dich bitte: Wie bist du zum Klettern gekommen? Was waren wichtige Stationen für dich, die dich zu dem Alpinisten gemacht hast, der du heute bist? Hast du auch wie Ines einen „erlernten“ Beruf und wenn ja, übst du diesen aus?

Ich bin in Slowenien aufgewachsen und mit dem Krieg am Balkan hat unsere Familie den Urlaub am kroatischen Meer ersetzt durch Urlaub in den slowenischen Bergen. Bis ich 14 war bin ich echt viel in den Bergen gewandert. Ich glaube, dass meine Ausdauer wenn ich heute lange Tage am Berg habe, auch damit zu tun hat. Als Teenager habe ich dann eine für heutzutage relativ konservative „Alpinschule“ im lokalen Alpenverein durchgemacht. Auf jeden Fall habe ich mehr mit klassischem Bergsteigen angefangen als mit reinem Klettern. So konnte ich anfangs viele Meter im leichten brüchigen Gelände sammeln. Das ist auch jetzt noch ein Grund, warum ich mich immer noch - so glaube ich - ganz gut im alpinen Gelände bewege. Erst später, als ich schon auf ein paar Expeditionen gewesen war, habe ich mehr mit dem Sportklettern angefangen und am Anfang war ich sehr schwach. Ich bin aber schon immer den gleichen Schwierigkeitsgrad im Klettergarten und am Berg geklettert. Ich habe mein ganzes Leben auf die Berge ausgerichtet. Trotzdem glaube ich, dass es sehr wichtig ist breiter aufgestellt zu sein und habe deswegen auch einen Abschluss zum Master in Logistik. Ich arbeite aber im Moment nicht in dem Bereich. Aber wer weiss?

Wie habt Ihr euch kennengelernt?

Luka: Wir haben uns bei Sponsoren-Meetings für den gemeinsamen Sponsor kennengelernt. Es ergab sich dann sehr oft, dass wir dabei übers Klettern gesprochen haben, aber außer Reden geschah nichts weiter. Eines Tages fragte mich Ines, ob ich mit Ihr den Kyzyk Asker versuchen wolle. Ich hatte schon ein paar Berichte über ihre vergangenen Versuche dort gesehen und war sofort motiviert. Bevor wir zur Expedition aufgebrochen sind, sind wir nur eine einzige Route miteinander geklettert, aber wir hatten sofort das Gefühl, dass wir ein gutes Team sind. Keiner von uns beiden erwartete zu dem Zeitpunkt, dass wir auch im Leben ein Paar werden würden, aber genau das geschah. Seitdem arbeiten wir wirklich gut zusammen: als Seilschaft und auch im sonstigen Leben.

Ihr seid ja Seil- und Lebenspartner. Oft ist es nicht immer ganz friktionsfrei miteinander zu klettern, wenn man auch im Leben ein Paar ist. Wie einfach bzw. schwer ist es für euch gemeinsam durchs Leben zu gehen und gleichzeitig auch gemeinsam anstrengende, oft gefährliche Expeditionen und Touren zu machen?

Es ist nicht immer friktionsfrei, das ist richtig. Es war für uns beide neu, so viel Zeit mit einer anderen Person zu verbringen. Denn wir klettern, trainieren, arbeiten gemeinsam und teilen unseren Lebensalltag. Wir sind beide starke Charaktere und sagen oft direkt was wir möchten und was wir denken. Und das endet schon mal in der einen oder anderen Diskussion, was aber normal ist, wenn man so viele Dinge gemeinsam macht. Es ist ja unmöglich, dass wir andauernd die gleiche Meinung haben, aber wir verlieren den Respekt für den anderen nie, ganz egal was er denkt oder macht. So sind wir nie mehr als ein paar Stunden schlechter Laune. Unser Plus ist, dass wir immer einen motivierten Partner für quasi alles haben. Wir sind sehr effektiv bei der Arbeit (außerhalb des Kletterns), weil wir diskutieren diese Dinge oft am Stand (während des Kletterns), an langen Abenden im Zelt etc. Eines unserer Projekte ist die Renovierung eines Steinhauses in Istrien. Allerdings kann es schon mal ein bisschen intensiver werden, wenn wir beide an verschiedenen Projekten arbeiten und versuchen zu entscheiden, was Priorität hat. Das Schwierigste daran ein „Kletterer-Paar“ zu sein, ist wenn man gefährlichen Situationen ausgesetzt ist oder wenn man auf Nachricht vom anderen wartet, während dieser gerade etwas Ernsthaftes irgendwo klettert. Unsere Kletterpartner sind uns sehr wichtig, aber schwierige Momente mit der Person zu erleben, die man liebt, hebt die Gefühle für einander definitiv auf ein anderes Level. Man braucht viel Vertrauen um als Paar erfolgreich durch solche Situationen zu gehen. Es mag eigenartig erscheinen, aber die Angst, die wir hie und da erleben, lässt uns die Dinge, die wirklich wichtig sind im Leben, viel mehr schätzen. Wir schätzen uns mit Sicherheit sehr glücklich so ein erfülltes Leben gemeinsam zu haben.

Ines: Wie siehst du die Rolle der Frau im Metier Bergsteigen? Findest du, dass es immer noch sehr männlich dominiert ist oder holen die Frauen, wenn man so will, schön langsam auf?

Das Leben in einer großen Wand ist echt hart, sehr anstrengend, oft sehr kalt und riskant. Nicht alle Frauen stehen darauf.

Dennoch es werden immer mehr Mädels, meine Freundinnen Caro North und Brette Harrington sind die besten Beispiele für Klettern und Bergsteigen auf hohem Niveau auch in reinen Frauenseilschaften. Aber wir sind noch immer die absolute Minderheit am Berg. Schade, aber da wird sich grundlegend leider nicht viel ändern. In meinem Freundeskreis ist die Zahl der Mädels sehr klein im Vergleich. Am Berg selbst gibt‘s kaum noch klassische Rollenverteilungen, zumindest nicht in meinem Fall. Jeder geht voraus wo er seine Stärken sieht und lässt den anderen ans scharfe Ende, wenn‘s an der Zeit ist. Ego-spiele sind da nicht angemessen. Ich würde mir wünschen, dass es mehr Frauen werden, die auch eigene Ziele in den Bergen verfolgen.

Ihr macht ja sowohl Erstbegehungen, als auch Wiederholungen bereits bekannter Routen. Gemeinsam habt ihr 2016 ja eine tolle Route am Kyzyl Asker erstbegangen und jetzt wart ihr zum Beispiel  gerade im Frühling in Kanada, habt dort die Route „Hommage to a spider The sound of silence’ am Mount Louis am Mt. Fay im Banff Nationalpark erstbegangen wiederholt. Habt ihr wieder Pläne für weitere Erstbegehungen? Wenn ja, wo und wie bereitet Ihr Euch darauf vor?

Wir waren wiederholt dieses Jahr im Banff Nationalpark und hatten mit einer Erstbegehung am Mt. Neptuak geliebäugelt. Wir hatten schon im April einen Versuch in dieser großen Nordwand gestartet, aber schnell festgestellt, dass der Fels sich eher für eine Begehung im Sommer eignet. Leider hatten wir dann Pech mit dem Wetter und sind statt dessen einige andere Klassiker geklettert. ‚Hommage to a spider‘ war eine davon und auf dem Weg dorthin haben sich schon wieder andere Projektideen ergeben..…

Wie schaut Euer Training aus: nur klettern oder macht ihr auch was anderes so wie Krafttraining, laufen oder Radfahren? Trainiert ihr immer gemeinsam oder habt ihr auch andere Trainingspartner?

Je nach Projekt arbeiten wir mehr an Ausdauer und oder mehr am Klettern, meistens draußen und sehr oft gemeinsam. Wir versuchen auch den Ausgleich zu schaffen. Beweglichkeit und viel gutes Essen (wir kochen sehr gern und gesund), gehen neben dem Klettern auch Radfahren, Berglaufen, Skitouren….. abends ein gutes Glas Rotwein. (Hört sich fast nach einem alten Ehepaar an J)

In eurer gemeinsamen Bersteigerlaufbahn, auf welche Besteigung seid ihr besonders stolz?

Auf Kyzyl Asker natürlich, nicht nur weil es unsere erste gemeine Expedition war. Mount Fay Ostwand…Sharks of Königssee in Berchtesgaden und die gesamte Watzmann Traverse aller Gipfel im Winter.

Was sind eure nächsten bergsteigerischen Projekte?

Momentan sind wir in der aktiven Planungsphase von verschiedenen Projekten. Aber zunächst geht es auf gemeinsame Vortragstour „Alpinism on the edge of dreams“ durch ganz Europa bis in die USA. Unsere gemeinsame Geschichte zu erzählen, wie wir uns kennengelernt haben, unsere Expeditionen zusammen und was es bedeutet, Kletter-und Lebenspartner zu sein, über Höhen und Tiefen zu reden - und das ganze etwas humorvoll…bringt das Publikum immer zum Lachen. Wir nehmen uns beide und gegenseitig sehr ernst, aber ein gewisser Humor geht immer mit auf Reisen. Das nimmt der ganzen Bergsteigerei ein bisschen den Stress und du kannst mit Ängsten ganz anders umgehen. Aber nicht immer war uns zum Lachen auf unseren Expeditionen. 

Luka wird zum Jahresanfang nach Patagonien reisen, und ich klettere in Norwegen, wahrscheinlich finden wir einige neue Eis- und Mixedrouten.

Wir haben ein gemeinsames großes Projekt in 2020. Alaska wird der erste Tourstop auf der Panamerikana sein. Wir werden über mehrere Jahre in ca. 5 Etappen von Anchorage bis Patagonien reisen, um in verschiedenen Regionen zu klettern. Beginnen werden wir im März in der Ruth Gorge im Denali Nationalpark. Dort sind die größten Wände von Alaska zu Hause u.a. Mount Dickey, Mount Barille, Mount Church….wir bleiben immer offen und nutzen die Möglichkeiten die uns Wetter und Verhältnisse ermöglichen. Der Rest der ersten Reise wird uns voraussichtlich bis Kanada (BC) bringen. Auf dem Weg liegen die Hayes Range, die Costal Mountains, die Mendenhall Towers….da ergeben sich bestimmt einige spannende Begehungen.

Ausserdem plant Luka wieder eine Expedition an einen hohen Berg nach Pakistan im Sommer mit seinem Freund Aleš Česen. Ines organisiert eine neue Auflage des Basecamp Festivals im Oktober 2020 Berchtesgaden und wir beide arbeiten an einem Steinhausprojekt in Istrien, einer der besten Kletterregionen Europas um dort eines Tages Klettercamps zu organisieren.

Danke für das nette Gespräch:-)!

Interview hat Lisa-Maria Laserer geführt.



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