Dani Arnold beim Winter-Klettern am Baikal See (c) Thomas Monsorno Dani Arnold beim Winter-Klettern am Baikal See (c) Thomas Monsorno
25 Oktober 2021

Einem Mentaltrainer würde ich vermutlich nicht vertrauen

Im Interview mit Lisa-Maria Laserer gibt der bescheidene und sympathische Schweizer nicht nur Einblicke in seine beeindruckende Karriere als  Profialpinist, sondern auch in seine Arbeit als Bergführer und warum es ihn stört, von vielen nur auf seine Speed-Rekorde reduziert zu werden.

Der Urner Dani Arnold (37) ist einer der bekanntesten Schweizer Bergsteiger und Mitglied des Mammut Profiathleten Teams. Der breiten Öffentlichkeit ist er vor allem durch seine Speed-Rekorde und Free-Solo Klettereien bekannt. So stellte er  u.a. 2011 einen Geschwindigkeitsrekord in der Eiger Nordwand von 2 Stunden 28 Minuten auf und verbesserte damit die von Ueli Steck 2008 aufgestellte Bestleistung um 19 Minuten. Mit dem Durchstieg der Petit Dru Nordwand hat Arnold heuer ein 10jähriges Projekt, nämlich so schnell als möglich durch alle 6 Nordwände der Alpen zu klettern, erfolgreich abgeschlossen.

Wie bist Du überhaupt dazu gekommen, dass Du Speed-Begehungen machst? Hast Du Dir einfach gedacht, das probier ich auch mal oder gab es da eine Art „Inspiration“?

Inspiriert und motiviert hat mich das Solo oder Free Solo klettern. Speed war nie ein Ziel. Dort haben Alexander Huber aber auch Ueli Steck eine bedeutende Rolle gespielt. Ich fand es cool, was sie machen. Für mich persönlich ist immer noch die Herausforderung alleine und ohne Seil zu klettern die große Hürde, oder das was mich interessiert. Das es dann zugleich auch schnell ist, war bei den ersten Projekten fast klar. Später habe ich dann schon auch den Fokus auf die Geschwindigkeit gelegt. Z.B. die Große Zinne war dann nicht einfach klar, der Schnellste zu sein, wenn ich alleine dort klettere. Es ging dann schon auch um die Zeit. Im Herzen bin ich aber immer noch ein Bergsteiger, ich möchte nicht reduziert werden nur auf die Speed-Begehungen. Klar bin ich auch stolz darauf, aber z.B. die Erstbesteigungen oder die Routen in Schottland bedeuten mir genau soviel. 


Wie trainierst Du für Deine Begehungen? Klettern, Laufen/Ausdauer, Krafttraining? 

Je nach Projekt. Klettern ist schon das Grundtraining. Obwohl ich das recht viel mache, bin ich immer noch recht schlecht darin. Trotzdem macht es viel Spass und es ist gut für alle anderen Disziplinen. Ich mag beim Training das Auf und Ab. - z.B. im Sommer gehe ich fast nicht zum Klettern. Das büße ich dann natürlich im Herbst, das Niveau kommt dann aber schnell wieder. Dazu kommt die Arbeit als Bergführer, daher ist die Kondition die ganze Zeit recht ordentlich. 


Hast Du auch einen Mentaltrainer? Wenn ja, wie wichtig ist diese Komponente für Dich?

Das mentale ist das Wichtigste. Ich denke, genau dort bin ich gut. Ich arbeite aber mit keinem Trainer oder so. Dem würde ich vermutlich nicht vertrauen.


Du bist auch Bergführer. Ein Bergführer ist jemand, der für die Sicherheit seiner Gäste (und im Endeffekt auch für seine eigene Sicherheit) am Berg zuständig ist. Wie passt das mit Deinen Free-Solo Begehungen und mit dem, was Du vermarktest zusammen? (Anmerkung: Ich habe selber in meinem unmittelbaren Umfeld erlebt, dass Rekordbergsteiger als Bergführer eventuell weniger Zulauf haben, weil die Gäste eine Art „Angst“ verspüren, sie müssten da jetzt vielleicht auch den Berg hochrennen oder auch eine besondere Leistung erbringen)

Ich denke schon, dass ich zuerst den Leuten zeigen muss, dass ich auch langsam laufen kann :-) Ich finde aber genau diese andere Herausforderung spannend. Ähnlich wie beim Training, die Abwechslung finde ich interessant. Mir geht es beim Führen auch nicht um die Touren, sondern darum mit netten Menschen ein lässiges Abenteuer in den Bergen zu erleben. Und, ich habe mehr als genug Anfragen ;-)

Eine persönliche Frage, wenn es für Dich passt: Du bist letztes Jahr Vater geworden. Hat sich Deine Risiko-Bereitschaft dadurch verändert und wenn ja, inwiefern? 

Das hat sicher vieles geändert. Es ist aber nicht so, dass ich das Gefühl habe, davor immer am Limit gewesen zu sein. Klar, würde ich viele Dinge nicht mehr machen, aber ich denke, wenn du vorsichtig bist, dich nicht treiben lässt von irgendwas, dass du immer noch coole, verantwortungsakzeptable Projekte machen kannst.


Mit dem Rekord in der Petit Dru Nordwand hast Du ein 10-jähriges Projekt abgeschlossen, an allen 6 großen Nordwänden der Alpen am schnellsten zu klettern. War dieses Projekt von Anfang an so geplant oder hat sich das dann einfach so nach und nach ergeben?

Eiger und Matterhorn hat sich ergeben, dann ging es um die drei großen Nordwände und jetzt dann eben um die sechs. Für große Projekte braucht es sehr viel Geduld, wer diese nicht hat, wird vermutlich nicht alt in den Bergen.


Du bist eigentlich als Speed-Kletterer bekannt. In Wirklichkeit bist Du aber ein kompletter Alpinist, der z.B. bereits am Cerro Torre und im Karakorum erfolgreich unterwegs war. Stört Dich dieses „Reduzieren“ Deiner Person aufs Speed-Klettern?

Ja schon ziemlich. Ich muss dann aber auch aufpassen, denn die Leute wollen genau das sehen. Wenn ich frage, was soll ich euch erzählen, dann heißt es immer die Eiger Nordwand muss rein. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, aber genau in die Vorträge versuche ich auch die anderen Projekte einzubeziehen und zu zeigen, dass es nicht nur um Geschwindigkeit geht. Meine größte Passion ist immer noch das Mixedklettern. Und dann kann ich persönlich wirklich sagen, dass ich zu den Besten gehöre oder gehört habe ;-)


Wenn man die Szene lange und aufmerksam verfolgt, bekommt man doch manchmal den Eindruck, dass auf Athleten, die in der Öffentlichkeit bekannt sind, ein großer Leistungsdruck liegt: von Sponsoren, der Öffentlichkeit, vielleicht sogar Druck, den sich der Athlet selbst macht. Kennst Du Das? Wenn ja, wie gehst Du damit um?

Ja, das kenne ich schon auch. Wir müssen aber auch sehen, dass wir dieses Leben nur leben können, weil es eben diese Sponsoren gibt. Ich finde es aber sehr wichtig, dass wir Athleten ehrlich sind. Das stört mich mehr. Es muss nicht immer mit den Superlativen gesprochen werden, und auf diese Berichte haben wir Athleten viel Einfluss. Es kann ja kaum sein, dass es immer das wildeste, schwierigste, gefährlichste, exponierteste usw… Projekt geht ;-) Und dann kommt noch dazu, wenn ich mich selber als der beste Bergsteiger aller Zeiten betitle, das erzeugt dann Druck.

Nicht falsch verstehen, aber Du bist 37 Jahre alt. Mit dem Alter wird der „Speed“ wohl etwas nachlassen, was völlig natürlich ist. Wie und wo siehst Du Deine bergsteigerische Zukunft?

Dieser Speed hat schon nachgelassen, leider ;-) Nein, es geht immer noch ganz ordentlich. Aber wenn ich vergleiche mit früher, trainiere ich jetzt viel mehr und bin trotzdem nicht viel besser ;-) Das heißt, dass ich grundsätzlich schlechter werde… Aber das passt schon und beim Bergsteigen braucht es ja nicht nur die körperlichen Fähigkeiten. Gerade die Erfahrung wird mit jedem Tag da draußen größer.

Das Interview führte Lisa-Maria Laserer



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