Test Fischer Transalp 105 CTi  (c) Stefan Lieb-Lind Test Fischer Transalp 105 CTi (c) Stefan Lieb-Lind
13 März 2024

Test Fischer Transalp 105 CTi – Living in Harmony

Nahezu das Ideal eines breiten Skitourenskis mit attraktivem Gewicht für lange und anspruchsvolle Skitouren.

Der Fischer Transalp 105 CTi kommt für mich dem Ideal eines breiten Skitourenskis, der aufgrund des attraktiven Gewichts auch für lange und anspruchsvolle Skitouren geeignet ist, sehr nahe. Warum?

Testberichte über Ski zu schreiben ist ja immer so eine Sache. Gut – die unterschiedlichen Verhältnisse bei den Skitests sollten kein Thema sein – wir testen die Ski immer mindestens eine halbe Saison lang. Aber natürlich ist ein Testbericht über Tourenski immer etwas sehr Subjektives – zu unterschiedlich sind die Ansprüche und Vorlieben der anvisierten Zielgruppe und auch mein ganz persönlicher Geschmack.

Also flüchten wir Schreiberlinge uns gerne in technische Ausführungen. Einfach um soviel Objektivität wie möglich in das Thema zu legen. Bis zu einem gewissen Punkt klappt das auch – also fangen wir mal damit an:

Die Technischen Daten – oder was ist das für ein Ski?

Das Objekt der Begutachtung (oder besser: der Begierde, denn auch wir wollen Spaß haben und suchen uns deshalb die Produkte zum Testen aus, die uns von vornherein interessant erscheinen) ist der Fischer Transalp 105 CTi. Ein Ski, der in der Saison 2023/24 als Nachfolger des Hannibal 106 neu auf den Markt gekommen ist. Er ist jedoch nunmehr von der Namensgebung in die Transalp-Familie eingegliedert, die 12 verschiedene Modelle - vom 65 mm breiten und 690 g „schweren“ Wettkampfski bis zu eben diesem 105 mm breiten Transalp 105 CTi als breitesten Ski der Familie - anbietet.

Fischer beschreibt den Ski als „Freetourer“, womit ich persönlich nicht ganz glücklich bin (zumindest aus dem Blickwinkel, wie der Begriff „Freetouring“ oft besetzt ist). Denn mit diesem Fokus auf reinen Abfahrtsspaß wird ihm ein wenig die Eignung als „richtiger“ Skitourenski auch für lange anspruchsvolle Touren (ja, sogar Transalps) abgesprochen. Und damit wird ihm Unrecht getan, denn mit einem Gewicht von 1.500 g pro Ski (bei der getesteten Länge 171 cm) ist er ein Leichtgewicht seiner Klasse. Er ist damit ein klarer Vertreter der modernen breiten und zugleich leichten Tourenski, die den Spagat zwischen nur geringfügigen Einschränkungen beim Aufstieg und tollen Abfahrtseigenschaften hervorragend schaffen. So liegt er nur etwas über dem Movement Alp Tracks 106 als absolute Gewichtsreferenz und genau im Bereich anderer bekannter Leichtski dieser Klasse wie Atomic Backland 107 oder Blizzard Zero G 105.

Auch vom Shape des Skis ist er aus meiner Sicht eher der „breitere Skitourenski“ – also die „eierlegende Wollmilchsau“ gemäß dem hervorragenden Artikel von Hannes Haberl über Freetouringski – denn der reine Freetourer. Der Shape ist dabei wichtiger als die Breite und hat großen Einfluss darauf, wie spielerisch der Ski zu fahren bzw. wie breit der Einsatzbereich ist. Der Fischer Transalp 105 CTi ist wie die meisten breiteren Tourenski als Tip-Tail-Rocker gebaut. Sprich: Schaufel und Ende des Skis sind über eine längere Distanz aufgebogen, was den Ski gut aufschwimmen und spielerisch fahren lässt. Speziell die Bedeutung des Tail-Rockers ist vor allem im engen Waldgelände nicht zu unterschätzen (wer es nicht glaubt soll einmal den direkten Vergleich mit einem Ski mit wenig Tail-Rocker machen). Der Fischer Transalp 105 CTi ist dabei über seine gesamte Länge aufgeteilt in:

  • 22 % Tour Rocker vorne

  • 67 % Camber in der Mitte (der Bereich, der die Länge der Skikante ausmacht)

  • 11 % Tail Rocker

Der Camber, also die gute alte „Vorspannung“ unter der Bindung, stellt dabei zusammen mit der Ausprägung der Rocker die gute Mitte zwischen stark auf Powder ausgelegten bzw. extrem drehfreudigen „badewannenartigen“ Modellen (ergo „Freetourer“) und eher konservativ designten Skiern, die oft deutlich druckvoller zu fahren sind, dar. Zur Ausgewogenheit passt auch der Radius, der mit 20 m (bei 171 cm Länge) im Mittelfeld seiner Klasse liegt.

Konstruktion: Der Transalp 105 ist in Sandwich-Bauweise gepaart mit ABS-Seitenwangen gebaut und hat wie jeder gute Ski einen Holzkern, der jedoch durch eine spezielle Fräsung um 25 % leichter gemacht wurde. Zusätzlich ist eine Titanalschicht eingebaut, die sich nicht über den gesamten Kern, sondern nur über wichtige Bereiche erstreckt. Gepaart mit eingearbeiteten Carbonfaser wird der Ski dadurch für sein Gewicht ziemlich torsionssteif.

Zwischenfazit: Alles in allem ist der Fischer Transalp 105 CTi für mich ganz persönlich ein reinrassiger Tourenski auch für lange und schwierige Touren für Skitourengeher, denen viel Spaß bei der Abfahrt wichtiger ist als das letzte Gramm Gewicht – und eben nicht „nur“ ein Freetourer.

Übrigens: der Ski wird in der Ukraine gebaut.

Hier also noch einmal die wichtigsten Daten im Überblick:

  • Breite: 139 – 105 – 125 mm

  • Gewicht: 1.500 g bei 171 cm Länge

  • Radius: 20 m bei 171 cm Länge

  • Verfügbare Längen: 164 – 171 – 178 – 185 cm

Alles schön und gut - aber wie fährt er sich denn nun?

So – lange genug gewunden, den persönlichen Eindruck zum Ski zu schreiben, nämlich: Wow!

Schon bei den technischen Ausführungen ist vielleicht aufgefallen, dass er nie mit „Extremwerten“ auffällt: weder mit ganz extremem Gewicht (wenn auch leicht), noch mit ganz außergewöhnlichem Shape. Und genauso fährt er sich – und jetzt sind wir doch wieder bei einem Extrem: nämlich extrem ausgewogen und harmonisch. Er mag kurze wie lange Schwünge, wenngleich er sich bei kurzen Radien noch ein wenig wohler fühlt. Auch bei höherem Tempo oder unruhigem Untergrund flattert er für sein geringes Gewicht sehr wenig und tendiert kaum dazu, dass er einmal „frisst“. Mittlere Geschwindigkeiten sind dabei sein Ding, auch wenn man gerne auch mal bummeln oder Gas geben kann.

Oder vielleicht anders ausgedrückt: Der Ski ist keine schwer im Zaum zu haltende Rennmaschine und auch kein 50 ccm Moped, mit dem man Fahren lernt. Man kommt sich vielmehr vor wie auf einer Harley, die völlig unbeeindruckt und ohne aus der Ruhe zu geraten immer vor sich hinfährt. Auch das bei Weitem nicht nur bei Powder, sondern auch bei schwierigen, ja sogar bei harten Schneeverhältnissen.

Das Letztere ist vielleicht neben der Ausgewogenheit die zweite herausragende Eigenschaft: Es haben auch einige Freunde diesen Ski getestet und alle waren sich über eines einig: der Ski zieht trotz seiner Breite auch auf der Piste so gut über die Kante, dass man fast an All-Mountain-Skier erinnert wird. Ich möchte behaupten: der einzige breitere Tourenski seit Jahren, mit dem ich sogar gerne auf der Piste gefahren bin. Warum das so ist? Keine Ahnung, das ist wohl Fischers großes Geheimnis.

Fazit

Für mich persönlich ein nahezu idealer Tourenski für alle Arten von Skitouren bis hin zum Skibergsteigen und Alpenüberquerungen. Die wenigen Gramm Mehrgewicht gegenüber etwas schmäleren Modellen macht das eindrucksvolle Fahrerlebnis allemal wett. Er ist dabei so harmonisch zu fahren und hat ein so breites Einsatzspektrum, dass auch die breite Mittelklasse (und nicht nur wie von Fischer angegeben die „guten bis sehr guten Skifahrer“) eine große Freude mit diesem Ski haben wird. Ich jedenfalls gebe den Ski nicht mehr her.

Was gab´s sonst noch zu testen?

Pin-Bindung „Fischer Tour Classic Brake 105“:

Diese klassische Pin-Bindung ist baugleich mit der Dynafit Radical ST 2.0 und damit mit einer der bekanntesten und ausgereiftesten Pin-Bindungen, die es am Markt gibt. Damit passen natürlich auch die handelsüblichen Harscheisen von Dynafit zur Bindung. Sie hat zwar keine eigene Auslösung vorne wie bei Rahmenbindungen, aber der rotierende Vorderbacken (im Abfahrtsmodus) verringert die Gefahr einer Fehlauslösung deutlich bzw. schafft auch bei Schlägen seitlich vorne eine gewisse Sicherheit. Mit 599 g sicher nicht mehr die leichteste Pin-Bindung am Markt, aber in der Praxis völlig unproblematisch inkl. leichtem Einstieg in die Bindung.

Fischer Transalp 105 CTi Tourenfell

Von Fischer kann ein eigens auf den Ski zugeschnittenes Fell gekauft werden. Das Fell ist in bewährter Kohla-Qualität mit einem eigens für den Ski konstruierten Befestigungsmechanismus durch ein Loch in der Schaufel (Fischer Fast Fix System). Es besteht aus 70 % Mohair und 30 % Nylon und hat ausgezeichnete Steigeigenschaften bei guten Gleitwerten: Bei den Steigeigenschaften hat es sogar meinen All-Time-Favorit von Black Diamond (das alte schwere) geschlagen. Wobei auch der gute Zuschnitt dazu beiträgt - ich mag es nicht, wenn die Felle zugunsten von Gleiteigenschaften eine Spur schmäler geschnitten sind. Einzig der Befestigungsmechanismus hinten verstellt sich gerne beim Anlegen der Felle, was speziell bei kalten Temperaturen wenig lästig ist.


Tester: Mag. Stefan Lieb Lind, IVBV Berg- und Skiführer



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