Gerlinde im oberen Teil des Eisbruchs; Foto © H.Takeuchi Gerlinde im oberen Teil des Eisbruchs; Foto © H.Takeuchi
26 Mai 2006

Gerlinde Kaltenbrunner bricht Lhotsebesteigung ab.

Auf 8400 m musste Gerlinde Kaltenbrunner wegen zu tiefen Schnees aufgeben - neue Bilder und ein Bericht von Ralf Dujmovits...!

Schneller Vorstoß am Lhotse

Nach dem Kangchendzönga wechselten Gerlinde Kaltenbrunner und ihr Team zum Lhotse und bereiteten sich nach ein paar Tagen in der Ama Dablam Garden Lodge im Everest Basislager auf eine Besteigung des Lhotse vor. Sehr gut akklimatisiert stiegen die drei sehr schnell höher und erreichten am 25.5. das Lager III auf 7300 m. Sie beschlossen am nächsten Tage einen Gipfelversuch von Lager III aus zu wagen.

Schwierige Entscheidung zu später Stunde

Um 3 Uhr morgens startete Gerlinde, Ralf Dujmovits und Hiro Takeuchi den Gipfelvorstoß, mussten aber schon bis Lager IV schwere Spurarbeit leisten. Um 17.00 Uhr, auf einer Höhe von 8400 m hatte das Team um Gerlinde Kaltenbrunner die schwierige Wahl: Steigen sie im tiefen Schnee weiter in Richtung Gipfel und riskieren ein Biwak oder brechen sie ab?

Entschieden haben sie sich für den Abstieg und befinden sich derzeit auf 7800 Meter in Camp IV, wollen aber noch in das Lager III (7300 m) hinunter, von dem sie aufgebrochen sind.

„Es geht uns gut und wir freuen uns jetzt alle total auf ein paar Tage in Kathmandu, wo wir wieder zu Kräften kommen, uns erholen und genießen wollen“ – mit diesen Worten meldete sich Ralf Dujmovits aus dem Lager IV, in dem er mit Gerlinde auf Hiro Takeuchi wartet, der noch einige Seillängen abklettern muss.

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Wir sind auf dem Nachhauseweg. Und geniessen den Abstieg durch's fast menschenleere Everest Gebiet am Ende der Vormonsun-Saison; heute zur Übernachtung in Pheriche, morgen an Tengpoche vorbei nach Namche Bazar und übermorgen hinunter nach Lukhla. Müde sind wir drei - Gerlinde, Hiro und ich. 12 Tage nach dem Gipfel des Kangchendzönga noch einen zweiten hohen 8000er ohne Zusatzsauerstoff zu besteigen war uns nicht möglich.

1200 Meter an einem Tag

Die Wettervorhersage hatte für Freitag, den 26. Mai ideales Wetter angekündigt, am Tag darauf sollte und war es auch schon wieder deutlich stürmischer auf über 8000 Meter. Um den Freitag als Gipfeltag zu erreichen, kam nur ein direkter Gipfelaufstieg ab Lager III auf 7200 m in der Lhotse-Flanke in Frage. Von 1300 m Höhenunterschied haben wir auch 1200 Meter mit zum Teil harter Spurarbeit geleistet.

100 Hm unter dem Gipfel

Als es aber 17:00 Uhr war und noch immer 100 Höhenmeter zum höchsten Punkt des Lhotse fehlten, stand für mich fest, dass der Augenblick für den Rückzug gekommen war. Ein unvorbereitetes Biwak in dieser Höhe hätten wir nicht überlebt. Auch ein Abstieg in der Dunkelheit bei sehr schwierigen Schneeverhältnissen - Neuschnee auf zum Teil harter Unterlage im Über-50°-Grad-Gelände - in völlig verausgabten Zustand, wäre genauso gefährlich gewesen. Gerlinde mochte erst noch weiter, mit Tränen in den Augen kletterte ich an ihr vorbei ab. Hiro - er war den ganzen Tag nachgestiegen - zögerte noch als ich an ihm vorbei abstieg.

In den letzten Sonnenstrahlen schaue ich nochmals die Gipfelrinne hinauf - Gerlinde und Hiro kommen doch nach. Der berühmte Stein fällt mir vom Herzen, unendliche Freude. "Auch ich spürte, dass wenn ich weiter aufsteigen würde, ich womöglich nicht mehr hinunter käme. Der vor einigen Tagen abgestürzte Tcheche am Fuße der Rinne kam mir in den Sinn".....so Gerlinde später.

Gemeinsamer Abstieg von Camp IV

Im Lager IV auf 7800 m sind wir wieder zusammen. Gemeinsamer Abstieg in die Dunkelheit der Lhotse-Westflanke, - bei Gerlinde fällt die Stirnlampe aus. Welches Glück zusammen zu sein. Bei unserem Depot in Lager III packen wir nur noch die Isomatten und Schlafsäcke aus und liegen unter den freien Sternenhimmel. Eine warme Nacht bei - 15°. Rechts die Südwestwand des Everest, immer wieder blitzlichtartig erhellt vom Wetterleuchten, das über die Nuptse-Lhotse-Mauer auf der linken Seite scheint. Eine unvergessliche Nacht auf 7200 m. Wir sind die letzten Bergsteiger in dieser Saison am Everest und Lhotse, völlig alleine zu dritt in gigantischer Natur. Unbeschreiblich schön, unbeschreiblich müde und ausgezehrt.

Einsamkeit am Berg

Der Samstag beschert uns einen letzten Tag Einsamkeit am Berg. Das Hochtal des Western Cwm - eingerahmt von Nuptse, Lhotse und Everest - ist um diese Jahreszeit der Brutofen schlechthin. Der abschliessende Eisfall hat sich in den drei Tagen, seit wir aufgestiegen sind, völlig verändert. Nur noch das Eigengewicht halten teilweise die Fixseile und Leitern. Das letzte Stück hinunter ins fast leere Basislager begleitet uns die Angst umfallender Eistürme und einbrechender Seracs. Letztlich kommen wir gut an - Freude pur, auch wenn der Gipfel nicht hat sollen sein.

Wir sind sehr zufrieden mit unserem Frühjahr! - der Lhotse, - er steht noch ein Weile ...:-)

Wieder möchten Gerlinde und ich uns bei unseren Sponsoren bedanken. Ralf bei Peter Schöffel, seinem Mitarbeiterteam und Unternehmen.

Desweiteren bei der Firma Gore Footwear, bei LOWA und bei der Sparkasse Bühl. Gerlinde ebenfalls ganz herzlich bei Peter Schöffel und seiner Mannschaft, bei LOWA und Gore Footwear, bei der VKB-Bank, beim Team Deuter, Komperdell und Adidas Eyewear.

Ein letztes Dankeschön an Nathalie Steinlechner, die uns die teilweise sehr harte Zeit am Kantsch journalistisch toll vertreten hat, und bei Nicola und Bettina im Büro von AMICAL alpin.

Nähere Informationen dazu gibt es online auf www.expedblog.com

Webtipp:

www.gerlinde-kaltenbrunner.at - die neue Page von Gerlinde Kaltenbrunner

Amical - die "Expeditions"-Bergsteigerschule von Ralf Dujmovits mit zahlreichen Achttausendern im Programm.



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