Kurz vor Lager II noch im Schatten Kurz vor Lager II noch im Schatten
16 Juli 2007

50 Jahre danach - Gerlinde Kaltenbrunner auf dem Broad Peak

50 Jahre danach – oder der Unterschied zwischen Vor- und Hauptgipfel des Broad Peak. Ein ausführlicher Bericht der erfolgreichen Gipfelbesteigung …

Glücklich und müde sind wir zurück im Basislager des Broad Peaks. Am Donnerstag dem 12. Juli gegen Mittag standen wir dort, wohin 50 Jahre und einen Monat zuvor die Erstbesteiger bei ihrem zweiten Anlauf gekommen waren:

Die Österreicher Buhl, Diemberger, Schmuck und Wintersteller hatten zunächst Ende Mai 1957 den um ca. 20 Meter niedrigeren Vorgipfel erreicht – wo sie feststellen mussten, dass es einen noch höheren Punkt am Ende des flach ansteigenden Gipfelgrates gibt, sie aber an diesem Tag nicht mehr zum diesem höchsten Punkt des Broad Peaks kommen würden. Sie stiegen ab ins Basislager, erholten sich einige Tage und kamen am 9.Juni 1957 erneut den beschwerlichen, über 3000 Höhenmeter langen Weg hinauf zum Vorgipfel. Dieses Mal gelang Ihnen der weite, zusätzliche Aufstieg zum höchsten Punkt.

Obwohl für uns die Akklimatisation für den K2 im Vordergrund stand, wollten auch wir gerne den höchsten Punkt des Broad Peak erreichen. Gerlinde hatte schon 1994 den Vorgipfel erreicht, damals hatte das Wetter völlig zugezogen. „Mir war der doch relativ große Unterschied zwischen Vor- und Hauptgipfel damals nicht bewusst“ so Gerlinde heute. Dass der Broad Peak aber mit dem Erreichen des Vorgipfels nicht wirklich bestiegen ist, verlangt alleine schon der Respekt vor der grandiosen Leistung der Erstbesteiger zur damaligen Zeit.

Am vergangenen Dienstag, dem 10. Juli, starteten wir nach einer herzlichen Verabschiedung durch unser kleines Küchenteam und dem Begleitoffizier um 1:30 zum Einstieg. Von den zahlreichen Gruppen im Basislager waren wir die ersten und konnten so ohne Stein- oder Eisschlag genussvoll mit dem ersten Tageslicht zum Lager II aufsteigen.

Wir richteten eine zweite Plattform für David’ und Daniels Zelt her und konnten den Rest des Tages einen Teil des Schlafdefizits wieder ausgleichen. Wieder sehr früh am nächsten Morgen, wieder die Spur tretend, stiegen wir Richtung Lager III auf. Fantastische Ausblicke über den Concordia-Platz zum Baltoro- und Vigne-Gletscher mit seinem Gipfelmeer belohnten für den frühen Aufbruch. Ca. 150 Meter oberhalb des üblichen Lager III-Platzes fanden wir im Schatten einer senkrechten Eiswand einen sicheren Platz und hatte damit für den Gipfeltag schon 150 Höhenmeter vorgearbeitet und vorgespurt.

Um 00:00 Uhr piepste unwiderruflich der Wecker meiner Armbanduhr, um 2:00 Uhr starten wir in Richtung Gipfel. Alleine waren wir nicht, eine ganze Reihe von anderen Bergsteigern war bereits zu unserem Lagerplatz heraufgekommen und im Licht der Stirnlampen weiter gestiegen. Als der Aufstieg zum Sattel zwischen Nord- und Südgipfel deutlich steiler wurde, übernahmen Gerlinde und David für 1 ½ Stunden die Spurarbeit. Zum Schluss konnte auch ich – nachdem es mir in den frühen Morgenstunden vom Magen her nicht gut ging - meinen Teil zum tiefen Spuren beitragen. Um kurz nach 8:00 Uhr waren wir im Sattel, wo wir endlich die Sonne begrüßen konnten.

Der weitere Aufstieg führte abwechslungsreich über den teilweise ausgesetzten Nordgrat. Kurze Kletterpassagen wechselten mit eingelagerten Schneeflanken ab. Ein letzter Kamin führte direkt zum Vorgipfel hinauf.

Zahlreiche Bergsteiger, die nicht schon weiter unten im Sattel umgekehrt hatten, drehten spätestens an diesem historisch bedeutsamen Punkt um. Nur mehr wenige stiegen zunächst in die kleine Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel ab, um dann nochmals über eine halbe Stunde am völlig überwechteten Grat weiter zum höchsten Punkt zu steigen. „ Ich hatte nicht gedacht, dass der Hauptgipfel noch so weit entfernt ist,“ so Gerlinde. Umso größer war die Freude bei uns allen, als wir bei eisigem Wind am allerhöchsten Punkt standen. Nur noch der K2 in direkter Nachbarschaft ragte über uns hinaus.

Nur selten hatten wir eine so unglaubliche Fernsicht von einem 8000er Gipfel genossen.

Silvio Mondinelli stand zeitgleich mit uns auf seinem 14ten Achttausender. Auch die Spanierin Edurne Pasaban stand mit ihrem Team zur selben Zeit am Gipfel des Broad Peak.

Schon im Vorfeld hatten wir entschieden, dass wir nach dem Gipfel noch eine weitere Akklimatisationsnacht für den K2 im Lager III verbringen würden. Wir konnten uns somit über eine Stunde am höchsten Punkt aufhalten. David hatte trotz des eisigen Windes die Muse zu filmen!!

Nach ca. dreieinhalb Stunden Abstieg erreichten wir wieder unsere kleinen Zelte auf etwa 7200m. Daniel, der den Vorgipfel erreich hatte, wartete bereits mit geschmolzenem Wasser auf uns.

Am darauf folgenden Morgen stiegen wir bei starkem Sturm und teilweise dichtem Schneefall ins Basislager ab. Hunger und Durst trieben uns vorwärts in der Hoffnung von unserem Koch Ghassan Khan ein Festmahl zu bekommen.

Unser Aufstieg am Broad Peak war für mich bei fehlender, vorherige Akklimatisation der Idealfall einer 8000er-Besteigung: einmal auf über 6000 Meter aufsteigen, dort zwei Nächte akklimatisieren, und beim zweiten Aufstieg in einem Zug vom Basislager zum Gipfel.

Alles hat gut geklappt, der Kräfteverschleiß für eine zweite Gipfelbesteigung hielt sich in Grenzen. Für unseren Aufstieg am K2 fühlen wir uns bestens vorbereitet und akklimatisiert.

Nach drei Tagen im Basislager haben wir uns schon ganz gut erholt. Voraussichtlich am Dienstag, dem 17. Juli werden wir unser Basislager zum Fuße des K2 verlegen, worauf wir uns jetzt schon riesig freuen.

Im Moment stürmt und schneit es immer wieder. Mitte nächster Woche verspricht der Wetterbericht aber Sonne und hoffentlich weniger Wind.

Wir melden uns wieder aus dem K2 Basislager, bis dahin einen ganz herzlichen Gruß!

Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits

$Webtipp:

Gerlinde Kaltenbrunner

Amical - die "Expeditions"-Bergsteigerschule von Ralf Dujmovits mit zahlreichen Achttausendern im Programm.



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