20 November 2014

China 2014

Die zwei Südtiroler Simon Gietl und Daniel Tavernini, und der Osttiroler Vittorio Messini berichten über ihre Reise zu den östlichsten Berge des Himalayas, in der Provinz Sichuan, östlich von Tibet.

Die zwei Südtiroler Simon Gietl und Daniel Tavernini, und der Osttiroler Vittorio Messini berichten über ihre Reise zu den östlichsten Berge des Himalayas, in der Provinz Sichuan, östlich von Tibet.

Als Simon im Sommer 2013 mit dem DAV Exped Kader in den Dolomiten unterwegs war, erfuhr er  vom Teamleiter über die im Jahr zuvor unternommene Expedition im Minya Konka Massiv (Sichuan, China). Im darauffolgenden Herbst vereinbarte dann Simon ein Treffen mit drei anderen Gleichgesinnten aus Süd-, Nord- und Osttirol und alle waren von den Erzählungen, aus dieser eher unbekannten Gebend mit 5000 – 7000 m hohen Granitriesen, sehr schnell begeistert. Am Tag darauf ging schon die Planerei los. Unzählige e-mails, Telefonate, Zu- und Absagen und ein gutes Jahr später standen dann Simon, Daniel und Vitto letztendlich am 6ten Oktober startbereit am Flughafen von München.

Der Flug in die chinesische Stadt Chengdu, sowie die Weiterreise ins Landesinnere nach Kiangding, ging reibungslos über die Bühne. Mit Hilfe von 14 Eseln konnte dann auch das Material ins 4000 Meter hohe Basislager gebracht werden, wo die drei Bergsteiger, der Koch Zuong und der Offizier Alex, die Zelte für die nächsten fünf Wochen aufschlugen. Der unübersehbare, pyramidenförmige, knapp 6000 m hohe „Little Konka“, der über das ganze Tal thront, fiel den drei Jungs schon beim Basislager – Zustieg auf und schnell war auch das erste Ziel klar. Doch so schnell der Plan auch fertig war, erwischte es auch einen über Nacht mit einem leichten Lungenödem und er musste bereits am zweiten Tag, nach Ankunft ins Basislager, wieder ins Tal absteigen. Gott sei Dank, so schnell wie der scheußliche Husten kam, ging er auch wieder weg und nach 1,5 Ruhetagen konnte die gemeinsame Akklimatisationsphase fortgesetzt werden.

„Little Konka“, einfach geil!

Nach zwei Tage Bouldern und Materialtransport, starteten dann Simon Daniel und Vitto am 17ten Oktober für den „Little Konka“. Auf ca. 4600 m wurde das Zelt aufgestellt. Am Abend zog dann wieder Nebel ins Tal hinein, doch diesmal waren wir darüber und genoßen es in vollen Zügen. Die Aufstiegslinie für den nächsten Tag hatten nach unzähligen Blicke in die Nordwestseite alle drei genau im Kopf, trotzdem waren alle gespannt auf das was kommen würde. Der Wecker läutete und um 4:00 Uhr ging es dann los. Die ersten 1,5 Stunden ging es mehr oder weniger über Blockgelände rauf bis zum nach Nordwesten verlaufenden Grat. Hier wurde es dann steiler und der Wind auch stärker – Zeit das Seil auszupacken. Simon stieg drei kurze Längen vor, bis sie das kleine Plateau vor der Nordwestseite des „Little Konka“ erreichten. Leichter wäre es hier einfach über die erste Gletscherfläche raufzuspuren, doch der Hang darüber scheint ihnen sehr mit Triebschnee geladen zu sein, also zieht es den drei Bergsteigern auf den rechts davon hinaufführenden Grat. Drei gar nicht so leichte und brüchige Längen leiten dann auf das obere Plateau, wo es dann aber „richtig“ losgeht. Anfänglich noch über Schigelände hinaufsteigend, wurde der Hang immer steiler bis er eine Neigung von ca. 60° erreichte. Die Sonne war bereits aufgegangen, doch der Wind blies immer noch so stark wie zuvor. Die Höhe machte sich auch schon eine Weile bemerkbar, doch Simon schien es nicht allzu viel auszumachen und spurte fast immer voran. Nach einigen Stunden waren sie dann fast am Ausstiegsgrat angelangt, wo dann wegen der Müdigkeit und ein, zwei etwas heikler Stellen nochmals eingeseilt wurde. Einen letzten steilen überwächteten Grat galt es noch zu überwinden und um ca. 13:00 Uhr standen sie dann oben auf ihren ersten chinesischen Gipfel, den 5928 m hohen „Little Konka“, einfach geil! Von allen Seiten wurden mehrere Fotos gemacht, bis der Abstieg in Angriff genommen wurde. Über die Aufstiegsroute wurde abgeseilt und am Abend sind sie wieder beim Zelt retour. Ob es nun eine Erstbegehung war oder nicht wird nur vermutet, da drei Stände gefunden werden konnten. Nach längerer Recherche gehören diese vermutlich einer koreanischen Expedition, die etwas weiter rechts, die Westwand erstbegangen hat und über die einladendere Nordwestseite abgeseilt ist. Erstbegehung hin oder her, am nächsten Tag stiegen die drei Kollegen ins Basislager ab und es wurde dann erstmal gescheid gefeiert.

Stiffler's Mum

Am darauffolgenden Ruhetag wurde aber schon getüftelt, wie man am besten das eigentliche Ziel, den Pfeiler der „Stiffler's Mum“ am besten angehen sollte. Materialtransport – das stand für den nächsten Tag auf jeden Fall fest. Alex, der 26-jährige Offizier war hierbei sehr hilfsbereit und half mit dem Tragen so gut es ging.
Am 23ten Oktober starteten die drei Bergsteiger dann Richtung Hochlager, welches sie im Kessel zwischen „Stiffler's Mum“, „Jazi“ und „Little Konka“, auf einer Höhe von ca. 4950 m aufschlugen. Das Wetter sollte für einige Tage mitspielen, somit wurde genügend Essen und Gas mitgenommen. Allerdings fielen über Nacht 20 cm Schnee und der Traum als erste den 800 m hohen Granitpfeiler der „Stiffler's Mum“ zu klettern schien zu platzen. 2010 hatten bereits Franzosen daran probiert, allerdings aber nach 8 Seillängen wegen unglücklicher Umstände umdrehen müssen. Die drei Tiroler stiegen weiter rechts als die Franzosen ein, wo ihnen der Schnee einmal nicht viel anhaben konnte, denn nach einem Eisgully folgte eine Schnee/Eisrampe, die in einer Rechtsschleife auf die Nordwestkante des Pfeilers führte. Die ersten 4 Seillängen wurden somit fixiert und ins Hochlager abgestiegen. Was aber schon vom Zelt aus sichtbar war, ist das was nach der vierten Seillänge folgen würde, viel angenehmer und zeitsparender ohne Schnee und Eis zu klettern ginge. „Warten wir noch eine Nacht ab, morden werden wir dann entscheiden...“ dachten sie sich. Es folgte wie erwünscht eine sternenklare Nacht, aber die Temperatur fiel über Nacht auf ca. -15°C! Viel zu tief für Kletterpatschen... Dazu kam noch, dass der Pfeiler westseitig, bzw. die vorgenommene Linie nordwestseitig ist. Auch wenn der Schnee schmelzen sollte, würde die Sonne nur nachmittags kletterfreundliche Bedingungen schaffen können... Nach langem Überlegen wurde für das „Abpacken“ vom Pfeiler entschieden und das am Vortag verlegte Fixseil entfernt.

Tiroler Spitze

Das Wetter sollte zwar kalt, aber immer noch ein Tag schön bleiben, somit disponierten sie auf eine kombinierte Linie weiter rechts um. Das neue Ziel hieß nun der noch unbestiegene Spitz zwischen der „Stiffler's Mum“ und dem „Melcyr Shan“. Am gleichen Tag wurde dann noch zum Einstieg gespurt und die erste Eislänge eingehängt (die ersten 6 Seillängen der vorgenommenen Linie wurden bereits 2012 vom DAV Exped Kader erstbegangen). Am nächsten Tag hieß es wieder früh aufstehen und nachdem über Nacht der Wind die Spur wieder zugeweht hatte, musste Simon bis zum Einstieg wieder alles neu spuren. Dann war Vitto an der Reihe und kletterte die unteren steilen Eislängen, wobei die steilste davon (ca. WI5) ziemlich dünn war und hohl klang, was aber durch ein paar Cams auf der Seite im Fels „entschärft“ werden konnte. Als die Sonne dann aufging, übernahm Simon wiederum die Führung und 50° - 60° steiles Schnee/Eisgelände leitete bis auf die ausgesetzte Scharte zwischen dem „Melcyr Shan“ und den noch unbestiegenen Spitz. Die letzten 40 Meter schauten nochmals richtig gut aus. Sonne, kein Wind, schöner Granit und ein noch unbestiegener Berg! Viel mehr kann man sich als Geburtstagskind ja nicht wünschen, also war Daniel an der Reihe, der souverän die 5er Länge vorstieg. Die letzten 10 Meter riss nochmal Simon kräftig über die ausgesetzte Kante und dann standen die drei Tiroler auf dem nun erstbegangen Gipfel oben. „Tirol Shan“, also Tiroler Spitze sollte diese äußerst formschöne, ca. 5860 m hohe Granitnadel genannt werden. Fotos lügen nicht – richtige Freude stand den drei Jungs groß ins Gesicht geschrieen, über die wunderschöne gelungene Tour! Nach dem Abseilen folgte dann der lange Abstieg, der bis ins Basislanger ging, denn am Folgetag sollte es wieder stürmen.
Zwei Tage darauf wurde das mühsam hinaufgeschleppte Material wieder mühsam hinuntergeschleppt und danach wurde es nun wirklich gemütlicher angegangen. Dass vor der Heimreise Simon noch eine 7c Sportklettertour namens „Mortadella“ auf 4200 m kletterte und Vitto noch alleine auf einen ca. 5200 m hohen Gipfel stieg, soll nur noch am Rande dieser erfolgreichen Expedition erwähnt werden...
 



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