Mitte August kehrten alle Teilnehmer der BergSpechte Mustagh Ata-Expedition nach Österreich zurück: 14 von insgesamt 15 Teilnehmern gelang an 4 Tagen (25., 26., 29. und 30. Juli) die Besteigung des 7546 m hohen Berges in Xinjiang, der westlichsten Provinz Chinas. Ein großer Erfolg des gesamten Teams!
Geleitet wurde die Expedition von Gerhard Mössmer/Innsbruck und Martin Parigger/Ridnaun
Nachfolgend ein kurzer Bericht mit den wichtigsten Informationen.
BergSpechte-Expedition zum „Vater der Eisberge“, 7546 m
Das Team: 12 TeilnehmerInnen aus Österreich, 1 Teilnehmerin aus Südtirol
2 Bergführer: Gerhard Mössmer/Innsbruck und Martin Parigger/Ridnaun, Südtirol
MUSTAGH ATA, 7546m (Westrippe): Der Mustagh Ata ist der westlichste Eckpfeiler des Kun Lun-Gebirges, das sich auf einer Länge von 4000 Kilometern quer durch Zentralasien zieht.
Zusammen mit dem noch höheren Kongur (7719 m) zählt der Mustagh Ata zu den höchsten Bergen dieser Gebirgskette. Die Statistik reiht ihn mit seinen 7546 Metern Höhe immerhin an 51. Stelle der Weltrangliste aller Berge.
Niemand geringerer als Sven Hedin setzte sich den Mustagh Ata auf einer seiner legendären Chinareisen entlang der Seidenstraßen zum Ziel. Mit 4 Versuchen erreichte Hedin immerhin eine Höhe von ca. 6000 m – aus heutiger Sicht mit eher chancenloser Vorgangsweise.
Spät, aber doch wurde der Mustagh Ata 1956 von einer russisch-chinesischen Expedition erstbestiegen. 1982 gelang den ersten Österreichern mit Marcus Schmuck eine (fünfte) Besteigung.
Seit Beginn der 90er-Jahre ist der „Vater der Eisberge“ schließlich ins alpinistische Bewusstsein Europas gerückt. Ein wunderschöner, sehr hoher, technisch leichter Berg, der aber gerade deshalb oft unterschätzt wird.
Fehlende Steilwände, Felsgrate oder andere „gröbere“ bergsteigerische Schwierigkeiten ersetzt er durch andere „Waffen“: ein hartes kontinentales Klima, unberechenbar rasche Wetterstürze und Orientierungsprobleme bei Nebel. Und natürlich die Höhe...
Insgesamt ist die Leistung einer Mustagh Ata-Besteigung ebenso hoch einzuschätzen wie die eines „kleinen“ Achttausenders, etwa der Shisha Pangma. Der Mustagh Ata ist ein ideales Expeditionsziel für den Einsatz von Ski – ein „Skiberg par excellence“.
Abgesehen von einer kurzen Seracstelle kann am Berg zwischen Mitte Juni und Mitte August unter normalen Bedingungen ab ca. 5000 m durchgehend mit Ski aufgestiegen und auch abgefahren werden.
An-/Rückreise nach/von Kirgisien bzw. China: Flug mit Turkish Airlines von Wien via Istanbul nach Bishkek/Kirgisien und retour.
Detaillierter Expeditionsablauf:
06.07.-07.07.
Ankunft 01:35 Bishkek/Kirgisien; City-tour in Bishkek bzw. organisatorische Vorbereitungen (restliche Expeditionsnahrung wird gekauft etc.).
08.07.-09.07.
Fahrt mit 2 Bussen nach Naryn, ca. 100 km vor der chinesischen Grenze(ÜN). Weiter von Naryn über den Torugart-Pass (Grenzübergang nach China) in die Oasenstadt Kashgar (Xinjiang/China)
10.07.
Letzte Einkäufe in Kashgar. Fahrt auf dem nördlichen Abschnitt des Karakorum Highway zum Karakul-See.
11.07.-14.07.
4-tägiges Akklimatisationstrekking am Fuß des Mustagh Ata mit Besteigung mehrerer unvergletscherter Vorberge bis ca. 4800 m. Weitermarsch ins Mustagh Ata-Basislager (ca. 4400 m).
15.07.-16.07.
Einrichten des Basislagers mit anschließender, kurzer Akklimatisationstour Richtung L1 bis ca. 5000 m. Am darauffolgenden Tag Einrichten von L1 auf ca. 5300 m. Ca. 400 kg allgemeine Ausrüstung wird mit Hilfe von Tragtieren nach oben geschafft. L1, das als ABC (Advanced Basecamp) eingerichtet wird, befindet sich auf einem Schotterhang am Beginn des Gletschers. Gehzeit ca. 3-4 Stunden auf gutem Steig relativ steil nach oben. Abstieg ins BC. Perfektes Wetter.
17.07.-18.07.
Weitere Akklimatisation mit Übernachtung im L1 und Aufstieg bzw. Materialtransport mit Hilfe von 4 Hochträgern nach L2 auf ca. 6300 m. Gehzeit ca. 5 Stunden. Aufbau der Zelte in L2 und genussreiche Abfahrt nach L1. Super Firnverhältnisse im unteren Teil des Berges. Kein Anseilen notwendig, da alle Spalten stabil verschneit bzw. sichtbar sind.
19.07.-21.07.
Das Wetter verschlechtert sich. Immer wieder Schneefall und Nebel. Eine Gruppe harrt 2 Tage in L2 aus. An ein Errichten von L3 auf 6800 m ist nicht zu denken. Schließlich werden alle Versuche abgebrochen und die gesamte Mannschaft steigt bzw. fährt ins BC ab. Ruhetag im BC.
22.07.-25.07.
Das Wetter wird nicht wirklich besser, trotzdem geht ein erstes Team mit 3 Teilnehmern ins L3 auf 6800 m, das quasi im Alpinstil errichtet wird. Schließlich erreicht am frühen Nachmittag des 25.07. der erste Teilnehmer, Manfred Weissengruber, über die weiten, mittelsteilen Gipfelhänge des Mustagh Ata allein und bei Nebel den Gipfel. 2 Teilnehmer drehen auf ca. 7100 m um, erreichen aber beim 2. Versuch den Gipfel.
26.07.
Am darauffolgenden Tag erreicht Bgf. Gerhard Mössmer mit Monika Schmoltner, Reinhard Minixhofer und Christoph Sorgner bei ca. 20 cm Neuschnee, starkem Nebel und aufkommendem starken Wind in ca. 8 Stunden Gehzeit um 19.00 h das Gipfelplateau. Im „Whiteout“ fahren sie mit Hilfe des GPS-Tracks wieder ins L3 ab. 2 Teilnehmer bleiben nach der Gipfelbesteigung in L3 und können aufgrund des Nebels und Schneefalls erst am späten Nachmittag des darauffolgenden Tages ins L2 und weiter ins BC abfahren.
29.07.
Das Wetter hat sich mittlerweile gebessert; Thomas Reinthaler und Wolfgang Luger starten von L2 (!) und erreichen nach anstrengender Spurarbeit den Gipfel.
30.07.
Perfektes Wetter, strahlend blauer Himmel, toller Schnee und nahezu angenehme Temperaturen ermöglichen den super Erfolg. Am vorletzten Tag der Expedition steht bis auf eine Ausnahme der Rest des Teams am Gipfel des Mustagh Ata: Bgf. Martin Parigger, Franz Steiner, Heinrich Rumpler, Andrea Derfeser, Benno Rammelmüller, Sabine Menz, Johann Mair und Bgf. Gerhard Mössmer (zum 2. Mal). Abfahrt im Pulverschnee nach L3. Der Gipfeltag wird zu einer perfekten Schitour! Abbau L3 und Abfahrt zu L2.
31.07.
L2 und L1 werden abgebaut. Ankunft im BC und Beginn der „ausführlichen Feierlichkeiten“ des großen Erfolges …
01.08.
Sortieren und Packen der Expeditionsausrüstung.
02.08.
3-stündiger Rückmarsch nach Subash und Weiterfahrt nach Kashgar. Fünfsterne-Menü in Kashgar und Weiterfeiern in der Hotelbar ?
03.08.
Ausklingen der Expedition mit Kultur und dem Besuch des einzigartigen Sonntags-Viehmarktes in Kashgar bzw. Besichtigung des Basars und der Altstadt.
04.08.-06.08.
Rückfahrt wieder über den Torugart-Pass mit neuerlicher Übernachtung in Naryn. Weiterfahrt nach Bishkek am darauffolgenden Tag und Rückflug am späten Abend nach Wien.
Resümee - super Erfolg
Super Erfolg, 14 von 15 Personen am Gipfel eines hohen 7000ers! Voraussetzungen dafür waren großes Glück (im Unglück) mit dem Wetter, das an den letzten Tagen der Expedition einen „Jahrhundert-Gipfeltag“ brachte, gute Verhältnisse am Berg, optimale Höhentaktik und Akklimatisation, hervorragendes Teamwork einer sehr(!) homogenen Gruppe, in der jeder für jeden bereit war und gute körperliche Verfassung der Teilnehmer.
Besteigungs-Charakteristik:
Vorteile: Perfekte Akklimatisation durch 4-tägiges Trekking vor dem Aufstieg ins Basislager und entsprechende Strategie am Berg. Unterstützung durch die Hochträger, die die Gipfelchancen jedes einzelnen Teilnehmers wesentlich erhöhen! Die Spaltenzone zwischen Lager 1 und Lager 2 war in diesem Jahr einfach und sogar mit Ski zu überwinden. Im Allgemeinen waren die Schneeverhältnisse nahezu perfekt und auch die Gletscherspalten gut zugeschneit, was richtige „Powder-Abfahrtsfreuden“ aufkommen ließ.
Erschwernisse: Relativ häufig schlechtes Wetter mit permanentem Schneefall und folglich viel Spurarbeit zwischen den einzelnen Hochlagern. Gefährlicher schnell einfallender Nebel erschwerte außerdem die Orientierung. Obwohl die Gipfeletappe nur ca. 800 Hm aufweist, ist der Gang zum Gipfel doch recht lange, da immer wieder Aufschwünge zu überwinden sind und die Horizontaldistanz am langen Gipfelplateau nicht unterschätz werden darf.
Text&Infos: Gerhard Mössmer u. Edi Koblmüller, Sept.2008
Webtipp:BergSpechte
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