Harald und Tina am Weg ins C 2 Harald und Tina am Weg ins C 2
03 Oktober 2007

Laserer-alpin Cho Oyu - Camp 2

Das Team von Laserer-Alpin erreicht Camp 2, kämpft mit dem Wetter und muss leider abbrechen...

Ein Capuccino und ein Nusskipferl…

…schön langsam sehnen wir uns wieder nach einem europäischen Frühstück. Seit knapp 4 Wochen sind wir nun schon in Tibet unterwegs und an solchen Tagen wie heute, wenn es stürmt und wir richtiges „Allerheiligenwetter“ haben, wandern unsere Gedanken zurück in die Heimat.

Vor drei Tagen sind wir bereits zum dritten Mal den berühmt berüchtigten Killerhang ins Camp 1, auf ca. 6400 m aufgestiegen. Für diese Höhe bereits wirklich gut akklimatisiert,

fiel es uns bei weitem nicht mehr so schwer wie vor einigen Tagen, die endlosen Schotterkehren hinauf zu keuchen. Mit dabei waren rund 12 unserer Sherpas, sie werden nun weiter aufsteigen, um Camp 3 einzurichten. Beim Abendessen im Camp 1 begleitete uns ihr lustiges Geschnatter und ihre gute Stimmung war richtig ansteckend.

Nach einer ruhigen Nacht weckten uns die Sherpas um 5 Uhr früh, da sie bereits aufbrachen und so fing ich um 6 Uhr zu kochen an. Bald schon kam die Sonne und mit ihr die Wärme.

Der erste Teil des Weges zum Camp 2 auf 7000 m Höhe besteht aus einem wunderschön geschwungenen Grat. Es ist einfach traumhaft bei diesem strahlenden Wetter und der herrlichen Aussicht höher und höher zu steigen. Meine Motivation verleitete mich, etwas zu schnell zu gehen und bald wurde ich von der doch sehr dünnen Luft hier heroben wieder eingebremst.

Schlüsselstelle ist eine fast 80° steile Steilstufe

Die Schlüsselstelle des Anstiegs zum C2 stellt eine etwa 15 m hohe, 70 – 80 Grad geneigte Steilstufe im Schnee dar. Kurz danach erreichten wir das kleine Plateau, von dem es einen weiteren Steilhang hinaufzukeuchen galt.

Langsam spürten wir dann doch die bereits extreme Höhe. Nachdem wir eine kurze Querung überwunden hatten, glaubten wir kurz vor dem Camp zu sein – aber…

…der letzte Hang entpuppte sich als wirklich gemein. Einer von der Sorte, wo du immer glaubst jetzt bist du gleich da und dann geht’s doch noch ein Stück weiter. Endlich erreichten wir C 2 wirklich sehr, sehr müde.

Nachdem wir uns in unseren Zelten eingerichtet hatten und die Kocher im „Küchenzelt“ surrten, begann sich ein traumhafter Sonnenuntergang abzuzeichnen. Wir waren über den Wolken und bis zum Horizont dehnte sich das Wolkenmeer aus. Je tiefer die Sonne sank, umso wunderbarerer wurde das Farbenspiel.

Um die minus 20 Grad im Zelt

Die Nacht verlief ruhig, aber sehr kalt: um die minus 20 Grad im Zelt! Bevor die Sonne uns am nächsten Morgen erreichte, regte sich niemand. Bald schon begann sich jedoch das Zelt aufzuheizen und wir machten uns nach einem spartanischen Frühstück an den Abstieg.

Ohne Probleme erreichten wir nach einigen Stunden im herrlichen Sonnenschein C1 und wechselten die Kleidung und die Schuhe auf die „leichtere“ Version. Am Nachmittag hielt sich dann das Wetter an das Muster der vergangenen Tage und wurde wieder schlechter. Kein Problem, denn wir mussten nur noch hinunter ins ABC.

In der Nacht kam dann der angekündigte Wettersturz. Viel Wind und etwas Neuschnee ließen das Leben hier heroben, auf doch 5700m ziemlich ungemütlich werden. Die ersten Teams reisen bereits ab, da sie für den Gipfel nicht mehr genug Zeitreserven haben. Nun wird es einige Tage dauern, bis sich der Neuschnee gesetzt hat.

Für uns stimmt das Timing. Nach unserer Nacht auf C 2 sind wir erst nach einigen Rasttagen gerüstet für den Gipfel. Wir hoffen natürlich, dass der starke Sturm der letzten Tage unseren bereits aufgestellten Camps nicht all zu sehr geschadet hat.

Jetzt genießen wir die Ruhetage, denken viel an daheim und unsere Angehörigen. Natürlich sind wir aber auch voller Spannung, was die nächsten Tage bringen werden.

Cho Oyu Expedition von Laserer – alpin 4ter Bericht

Sturm über dem Cho Oyu

Während der letzten Tage fegte ein Sturm mit ungeahntem Ausmaß über die riesigen Flanken des Sechsthöchsten Berges der Welt:

Im Camp 1, dem der Bergsteiger auf ca. 6500m Höhe, wurden 57% aller Zelte zerstört oder einfach weggeweht, im Camp 2, auf ca. 7000 m Höhe waren es exakt 27 Zelte und das Camp 3, auf 7400 m wurde zur Gänze vom Schnee zugeweht……

Die wichtigste Planungsgrundlage für jede Bergtour – sei es jetzt eine Tagestour im Hochschwab, oder die Besteigung eines der höchsten Berge der Welt – ist und bleibt der Wetterbericht.

Jedem Bergsteiger und selbstverständlich jedem Bergführer ist bewusst, dass der Wetterbericht stimmen kann oder auch nicht. Deshalb ist es am Berg unumgänglich, ständig seine „Nase im Wind“ zu haben und fallweise seine Entscheidungen zu revidieren.

Nachdem wir alle relativ gut im Camp 2 geschlafen hatten, waren wir nach einigen Rasttagen und einem kleineren Schlechtwettereinbruch „reif“ für den Gipfel. Jeder der einmal an einer großen Expedition teilgenommen hat weiß, was das heißt.

Im Basislager beginnt die Gerüchteküche zu brodeln und jedes Team hat einen noch besseren Wetterbericht, von einem noch besseren Experten. Und dann wird geplant und getüftelt…..

Man benötigt auf einem Achttausender einige Tage Aufstieg zu den diversen Camps, bis man dann endlich – meist nach einigen Tagen – die Gipfeletappe angehen kann. Das heißt, man benötigt auf jeden fall für die nächsten Tage eine entsprechendes Wetterfenster.

Und nun zum Cho Oyu im Herbst 2007….

Das Wetter war schon den ganzen September nicht wirklich schön, das heißt im gesamten Monat gab es keinen Tag mit „von in der Früh bis am Abend“ Sonnenschein. Jetzt, Ende September, hieß es aber Nägel mit Köpfen machen. Langsam begann die Zeit des Expeditionspermits und der chinesischen Visa von den Sherpas knapp zu werden. Wir checkten verschiedene Wetterberichte und bei allen war einige Tage starker Wind, gefolgt von einem kleinen Wetterfenster am 1. Oktober angesagt, danach sollte sich das Wetter wieder verschlechtern. Für uns hieß das, nütze deine Chance – du hast eigentlich keine!

Trotz eher schlechtem Wetter und relativ starkem Wind, stiegen wir in unser Camp 1 auf. Wir hatten die Hoffnung, dass das Wetter entsprechend dem Wetterbericht am nächsten Morgen besser werden würde.

Rasch hatten wir es uns in dem schon gut bekannten Camp bequem gemacht und die Kocher surrten stundenlang, um die benötigte Flüssigkeit zu schmelzen. Der Wind allerdings wurde immer stärker. In der Nacht steigerten sich manche Böen sogar auf Orkanstärke und ich bekam Angst, dass die Zelte nicht halten würden. Es war gänzlich unmöglich, sich mit den Insassen des Nachbarzeltes zu unterhalten, im eigenen Zelt konnte man dem anderen nur „ins Ohr schreien“ um sich mitzuteilen – ein wahres Inferno.

Als Bergführer ist man hier natürlich stark gefordert. Ständig gehen einem Gedanken durch den Kopf, was ist wenn… oder - bei einem solchen Wetter steigt man eben nicht auf einen so hohen Berg….

Aber auch diese Nacht ging einmal zu Ende und wir hatten Glück, unsere Zelte haben gehalten. Am nächsten Morgen funkte ich nach dem neuesten Wetterbericht und der verhieß einstärker werden des Sturmes. Damit war für mich die Entscheidung gefallen. Ich wollte es nicht noch einmal darauf ankommen lassen, dass unsere Zelte einen derartigen Sturm in 6500 m Höhe aushalten sollten. Meine Gedanken kreisten nur noch um die sprichwörtliche Flucht hinunter ins Basislager, hinunter in die Sicherheit.

Nachdem wir die Rucksäcke gepackt hatten, begann der schwierige Teil des Abstiegs. Die Windböen waren derartig stark, dass Renate und Tina einfach umgeworfen wurden. Der oberste Teil des so genannten Killerhanges hatte es dann noch in sich, er war natürlich vom Schnee zugeweht und teilweise vereist. Vorsichtig tasteten wir uns tiefer und mit jedem Höhenmeter, den wir weiter nach unten kamen, wurde der Wind erträglicher. Was war ich froh, als wir nach einigen Stunden endlich wieder in unserem Basislager eingetroffen waren! Alle sicher und ohne irgendwelche Erfrierungen oder anderen Verletzungen.

Bemerkenswerter Weise machte sich unser Sherpateam während unseres Abstiegs bereits auf in Richtung obere Lager, um unsere persönliche Ausrüstung aus den Resten des Camp 2 zu bergen bzw. von den Lagern zu retten was noch zu retten war.

Und was machte das Wetter zwei Tage später? Nach dem Gesetz von Murphy, hielt es sich einfach nicht an den Wetterbericht und es setzte sich ein rasches Zwischenhoch am 1. Oktober mit dunkelblauem Himmel und praktisch keinem Wind durch. Da unser Camp 2 zur Hälfte und Camp 3 gänzlich zerstört waren, hatten wir nun praktisch keine Chance mehr auf den Gipfel. Aber uns bleibt ein Trost – der Berg steht noch länger, wir sind Freunde geblieben und kommen alle gesund wieder nach Hause. So gesehen war unsere Expedition trotzdem ein Erfolg.

Walter Laserer vom Cho Oyu

Webtipp: Laserer-Alpin - die Page der Alpinschule Laserer.



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