Zelten am Lac De Chéserys in the mountains near Chamonix, France Zelten am Lac De Chéserys in the mountains near Chamonix, France
01 Januar 2021

Aussteigen (auf Zeit) in den Bergen

Organisation, Tipps & mehr für ein neues Bergsteiger- oder Kletterleben

Einfach mal dem Alltag den Rücken kehren und sich auf das wirklich Wichtige konzentrieren. Zeit für sich haben, um neue Energie zu tanken oder ein neues Lebenskonzept zu entwickeln, oder einfach nur seinen Traum vom Bergsteiger- oder Kletterleben wahr werden lassen.

Die Natur mit allen Sinnen erleben. Diese oder ähnliche Wünsche hegen viele Menschen und immer mehr wagen den Schritt, diesen Traum zur Realität zu machen. Sie werden zum Aussteiger, sei es auf Zeit oder dauerhaft, und entscheiden sich für das minimalistische Leben in den Bergen.

Manche Aussteiger entscheiden sich früh für das dauerhafte Leben in den Bergen oder entfernten Klettergebieten. Viele andere wollen eigentlich nur für einige Wochen oder Monate bleiben, doch plötzlich sind zahlreiche Jahre vergangen. Wieder andere kehren anschließend tatsächlich in ihr früheres oder ein neues Leben abseits des Bergsteigens zurück. Die Möglichkeiten sind endlos, aber genau diese Unsicherheit macht vielen Menschen Angst, die von der Auszeit in den Bergen träumen. Sie müssen schließlich auch vieles hinter sich lassen. Es handelt sich daher um einen Schritt, der gut durchdacht und richtig geplant sein will.

Am Anfang steht der Entschluss

Der erste Schritt ist bekanntlich der schwerste. Das gilt in vielen Lebensbereichen, auch beim Aussteigen. Nur allzu oft hört man von Menschen, wie sehr sie sich wünschen würden, für einige Monate oder Jahre dem Alltag zu entfliehen – doch schlussendlich setzen sie diesen Plan niemals in die Tat um. Sie finden Ausreden wie den Job oder die familiären Verpflichtungen, die aber oftmals eben nur das sind: Ausreden. Es kostet nämlich eine ordentliche Portion Mut, den Entschluss zum Aussteigen tatsächlich zu fassen und umzusetzen, sei es auf Zeit oder für immer. Der erste und wichtigste Schritt für das Aussteigerleben in den Bergen liegt deshalb darin, sich von falschen Ausreden zu verabschieden und den Entschluss zu fassen.

Ein Ziel – viele Möglichkeiten

Aussteigen in den Bergen, dieser Plan kann viele Formen annehmen. Auch diesbezüglich ist es daher wichtig, sich klar über die eigenen Wünsche und Erwartungen zu werden. Typische Modelle sind beispielsweise das minimalistische Leben in einer festen Unterkunft, das in seinem Liebglingsklettergebiet verbracht wird. Diese Form von Ausstieg kann beinahe meditative Formen annehmen. Hierfür entscheiden sich viele Menschen, die sich vor allem auf ihr Inneres konzentrieren wollen. Sie möchten vielleicht nach einem Burnout neue Energie schöpfen oder einen Schicksalsschlag verarbeiten, um nur zwei von vielen Möglichkeiten zu nennen.

Demgegenüber gibt es Aussteiger, welche in die Berge kommen, um hier nach Abenteuern zu suchen, oder ihre Projekte zu verwirklichen. Sie bleiben meist nicht lange an einem Ort, sondern reisen stetig weiter, sei es zu Fuß oder mit einem Camper. Einige von ihnen leben sogar in ihrem Auto, während andere verschiedene Unterkünfte wie Hütten buchen, vielleicht vorrangig mit dem Ziel, spannende Bekanntschaften zu Bergsportlern aus aller Welt zu knüpfen. Die Möglichkeiten, wie das Aussteigerleben in den Bergen aussehen kann, sind somit endlos. Auch diesbezüglich muss daher jeder Aussteiger das Konzept finden, das zum eigenen Ziel am besten passt.

Sabbatical: Die Auszeit vom Job ermöglichen

Wer sich also bewusst geworden ist, dass er sich eine Auszeit wünscht und in welcher Form, der kann sich der konkreten Planung widmen. Denn völlig unvorbereitet auszusteigen, ist weder sinnvoll noch möglich. Schließlich warten im bisherigen Leben tatsächlich viele Verpflichtungen – aber keine, die nicht (zumindest zeitweise) ausgesetzt werden können.

Der Job stellt dabei häufig die größte Hürde dar. Manche Aussteiger wollen ohnehin kündigen und somit den Sprung in die Ungewissheit wagen. Wer ausreichend Ersparnisse hat und sicher ist, anschließend an die Auszeit in den Bergen keinesfalls zurück in den früheren Job zu wollen, kann das durchaus tun. Aber eine Kündigung ist nicht zwingend notwendig. Zahlreiche Aussteiger bevorzugen stattdessen, den bisherigen Job zu behalten, sozusagen als Sicherheitsnetz, um die Auszeit in den Bergen ohne Zukunftsängste genießen zu können.

In letzterem Fall stellt das Sabbatical eine hervorragende Lösung dar. Es ist in immer mehr Unternehmen möglich und bedeutet nichts anderes, als mehrere Monate oder sogar ein ganzes Jahr aus dem Job auszusteigen, ohne diesen zu verlieren. Ob diese Auszeit bezahlt ist und inwiefern, hängt vom konkreten Modell ab. Ein Sabbatical bietet jedoch die Möglichkeit und die Sicherheit, um das Aussteigerleben in den Bergen zeitweise realisieren zu können, ohne eben das bisherige Leben endgültig aufgeben zu müssen. Ob sie anschließend tatsächlich zurückkehren oder doch kündigen wollen, entscheiden viele Aussteiger dann erst spontan, wenn sich ihr Leben in den Bergen dem Ende neigt.

Ab in die Berge: Tipps zum Aussteigen

Neben dem Beruf gibt es noch viele weitere kleinere oder größere Hürden, die beim Aussteigen gemeistert werden müssen. Dazu gehören:

Unterkunft

Wie bereits erwähnt, kann das Aussteigerleben in den Bergen viele Formen annehmen. Die erste wichtige Frage, die es bei der Organisation daher zu klären gilt, ist jene nach der Unterkunft. Wo und wie will der Aussteiger also während seiner Auszeit in den Bergen leben? Soll es sich um nahe Destinationen wie die Alpen handeln oder um weit(er) entfernte Ziele wie die Kletterinsel Kalymnos oder nach Leonido? Soll es eine feste Bleibe sein oder ein zeitweises Leben im Camper? Und wo darf dieser Camper abgestellt werden? Spontanität ist zwar möglich und oftmals erwünscht, dennoch empfiehlt es sich, zumindest für die ersten Tage oder Wochen die Unterkunft im Voraus zu organisieren, um in Ruhe im neuen Lebensabschnitt ankommen zu können und sich zu orientieren, bevor es losgeht in neue Abenteuer. Wie bereits erwähnt, ist es aber auch möglich, einfach dauerhaft in ein und derselben Unterkunft zu bleiben, die dementsprechend natürlich ebenfalls im Voraus gemietet oder gekauft werden muss.

Finanzen

Das macht zugleich deutlich, dass das Thema Finanzen als Aussteiger nicht vernachlässigt werden darf. Denn gewisse Kosten fallen trotz minimalistischem Lebensstil immer an. Erst einmal steht daher die Frage im Raum, wie die Unterkunft beziehungsweise der Camper finanziert werden soll. Wer über ausreichend Ersparnisse verfügt, genießt dabei maximale Freiheit. Ansonsten bringt ein Sabbatical den Vorteil mit sich, dass Kredite beispielsweise für ein Auto beziehungsweise einen Camper aufgenommen werden können, da hierfür neben weiteren Bedingungen in der Regel ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorausgesetzt wird. Kommen beide Optionen nicht infrage, können auch Alternativen wie ein Privatkredit zur Finanzierung des Aussteigerlebens auf Zeit dienen. Wichtig ist jedoch, diesen Plan auf solide Beine zu stellen. Wenn nämlich bei der Rückkehr direkt Schulden warten, verpuffen die positiven Effekte der Auszeit bereits wieder nach kürzester Zeit. Viele Kletterer suchen sich an ihrem Traumort in den Bergen auch einen Teilzeitjob, um damit ihr Leben zu finanzieren und versichert zu sein.

Kranken-/Unfallversicherung

Wer seinem Kletter- oder Bergsteigertraum umsetzt und dafür seinen Job hinschmeißt, steht vor der Frage einer günstigsten Kranken- oder Unfallversicherungen. Private Kranken- und Unfallversicherungen sind leider meist recht teuer und müssen im Gesamtbudget Platz haben, da Bergsteigen und Klettern durchaus gefährliche Sportarten sind. Wer den Job hinschmeißt kann für eine gewisse Zeit auch an seinem Traumplatz in den Bergen innerhalb der EU einen neuen Job suchen

Familie

Auch die Familie kann zum Hindernis werden, denn nicht immer sind Angehörige wie der Partner beziehungsweise die Partnerin, die Eltern oder die Kinder mit den Aussteigerplänen einverstanden. Vor allem, wer Verpflichtungen wie minderjährige Kinder oder pflegebedürftige Angehörige hat, kann sich nicht einfach in die Berge verabschieden. Dann empfiehlt es sich, entweder mit dem Aussteigen noch einige Zeit zu warten oder eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten optimal ist. Vielleicht kann die Familie in den Sommerferien gemeinsam für sechs Wochen „aussteigen“ oder es wird zwischenzeitlich ein Pflegedienst beauftragt. Eine Lösung gibt es (fast) immer…

Wohnung

Zuletzt steht die Frage im Raum, was während der eigenen Abwesenheit mit der bisherigen Wohnung beziehungsweise dem Haus passieren soll. Eigentum kann beispielsweise verkauft oder vermietet werden, was zugleich die Frage der Finanzierung erleichtert. Bei einem Mietobjekt ist hingegen die Untervermietung eine Möglichkeit, sofern der Vermieter zustimmt. Risikofreudige Aussteiger geben die Mietwohnung sogar ganz auf und suchen sich nach ihrer (eventuellen) Rückkehr eine neue Bleibe. Auch hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten und damit für jeden Aussteiger, der von einem Leben in den Bergen träumt, eine optimale Lösung.

Fazit

Als Aussteiger in den Bergen zu leben, ist ein Traum, der nicht ohne Hürden verwirklicht werden kann – doch in der Regel lassen sich diese überwinden. Wer frühzeitig plant und sich über die Möglichkeiten sowie Ziele der individuellen Auszeit bewusst wird, für den gibt es keine Ausreden mehr, den Plan nicht in die Tat umzusetzen. Sei es für wenige Wochen oder mehrere Jahre…das Aussteigerleben in den Bergen ist eine gewinnbringende Erfahrung für jedermann!



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