David Lama gelingt die Erstbegehung der Baatara-Schlucht im Libanon
„Wenn du nur auf ausgetrampelten Pfaden gehst, trottest du nur hinterher. Wenn du jedoch irgendwo hinkommst, wo vor dir noch niemand war und etwas machst, das vor dir noch nie jemand gemacht hat – dann gehst du voran, und genau das mag ich.“ Dieses Leitmotiv hat David Lama bereits zu den beeindruckendsten Bergketten der Welt geführt und vor kurzem in die Baatara-Schlucht im Libanon. Eine unberührte, unerschlossene und surreale Landschaft, die an den Film „Avatar" erinnert.
Ein Foto, das hinter einem Wasserfall in der Schachthöhle der Baatara-Schlucht mit ihren bizarren Gesteinsbögen und Überhängen aufgenommen worden war, inspirierte den 25-jährigen Österreicher dazu, nach Jahren auf den großen Bergen dieser Welt zu seinen Sportkletter-Wurzeln zurückzukehren und neben dem Wasserfall eine Erstbegehung zu versuchen. Die Höhle wird aufgrund dreier natürlicher Kalkgesteinsbrücken auch „Höhle der drei Brücken" genannt und ist eine Sehenswürdigkeit in Tannourine, 75 km außerhalb der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Die Wirklichkeit übertraf alle Vorstellungen. „Als ich das erste Mal in der Höhle stand, traute ich meinen Augen nicht. Die Höhle ist ein magischer Ort – ein fast 100 Meter tiefer Wasserfall, drei wunderschöne natürliche Gesteinsbrücken und blauer und oranger Fels bilden einen perfekten Kontrast zu den üppigen grünen Pflanzen. Ich musste sofort an die surreale Landschaft im Film „Avatar" denken,“ erzählt David Lama, „es kommt nicht oft vor, dass man an einen so einzigartigen Ort kommt, an dem noch nie jemand geklettert ist." Im Libanon gibt es noch zahlreiche solch vielversprechender Wände. „Wenn man vom Libanon hört, dann geht es in der Regel nicht um Klettern, Natur oder sportliche Aktivitäten. Da geht es nur um Krieg! Klettern im Libanon ist sehr neu, befindet sich aber auf dem richtigen Weg. Das Kletterpotential hier ist unglaublich", meint der libanesische Kletterer Jad Khoury, der Lama bei diesem Projekt unterstützte.
Bei genauer Untersuchung der Felsoberfläche potentieller Linien stellte sich bald heraus, dass das Gestein an vielen Stellen nass, dreckig und brüchig war. Vielleicht war das steile Felsdach doch nicht möglich und das der Grund, warum hier noch nie jemand geklettert war? Mithilfe seines ortsansässigen Partners konnte David Lama schließlich aber eine Linie mit einer losen Abfolge von Leisten und Auflegern finden, die sich scheinbar durch das gesamte, fast horizontale Dach zog. „Wenn man vor einer Wand steht, an der noch nie jemand geklettert ist, trifft man alle Entscheidungen alleine und man hat diese absolute Freiheit und kann sich selbst ausdrücken, indem man diese Linie klettert. Ich wusste, dass alle Sequenzen kletterbar sind, wusste aber nicht, ob ich sie alle verbinden kann." Mit viel Anstrengung und Ausdauer konnte er schließlich das extrem steile, komplexe und nahezu strukturlose Dach durchklettern. Als er auf den letzten Metern gegen die gefühlt zunehmende Schwerkraft kämpfte, hatte er nur noch den rettenden Ausstiegshenkel im Kopf. „In etwas Unbekanntes aufzubrechen oder eine Erstbesteigung zu machen – man weiß einfach nie ob es möglich ist. Wenn man das erste Mal über die Kante kommt, wird einem schließlich klar wie viel Schönheit einen umgibt. Wenn es um so schwierige Routen wie diese hier geht und man an seine Grenzen stößt, dann ist Klettern mehr Kunst als Sport. Es geht um die Umsetzung einer Idee in die Wirklichkeit, die dann jeder sehen kann. Jetzt weiß jeder, dass diese Linie kletterbar ist. Das ist meiner Meinung nach etwas Schönes.”
Bezugnehmend auf die surreale Umgebung und die geographische Lage einigten sich David Lama und Jad Khoury auf den Namen „Avaatara" (9a) für die Wasserfallroute, die in das Libanon-Gebirge hinabführt. „Der Name ist eine Kombination aus „Avatar“ und Baatara, der Name der Schlucht. Es war uns wichtig, dass der Name der Route ans Arabische erinnert und so einzigartig ist wie die Route selbst." „Avaatara" ist die bisher schwierigste Route im Libanon und für Lama eine der schwersten Routen, die er jemals geklettert ist. „Ich war Zeuge dieser Erstbegehung und es ist das erste Mal, dass ich gesehen habe, wie eine derart steile Route durchgeklettert wurde,“ beschreibt Khoury, „es war natürlich sehr aufregend – wie der Augenzeuge eines historischen Ereignisses gewesen zu sein.“
Inspiriert von der Erstbegehung von „Avaatara“ wird Jad Khoury nun das Felsklettern im Libanon weiter etablieren, während noch unberührte Gipfel in den hohen Bergen Nepals David Lama in das Geburtsland seines Vaters und sein nächstes Bergabenteuer führen.
Quelle: Red Bull Content Pool
Fotos: © Corey Rich/Red Bull Contentpool
Kommentare
AW: Avaatara – Freiklettern in einer magischen Welt
Super Leistung und noch schönere Bilder, doch ist es wirklich gescheit, die schönsten Plätze dieser Erde mit Sportklettertouren auszustatten und dann reißerisch zu vermarkten?
Das scheint dort ein ganz magischer Ort zu sein, der so unberührt wirkt und nicht zum Klettergarten werden sollte.
Ich verstehe, dass die Profis schöne Bilder und Filme mitbringen müssen, aber irgendwie tut‘s mir um diese Höhle jetzt leid. Sie hat jetzt eine 9a Sportkletterlänge bekommen und David Lama hat eine brave Kletterleistung mittels der Schönheit dieser Schlucht in der ganzen Welt publik gemacht.
Warum können sich die Bergsportler nicht wieder in bisserl auf die bergsteigerische Leistung konzentrieren. Spontan fällt mir da die Action Directe am Waldkopf im Frankenjura ein. Dieser unbedeutende Felsblock wurde durch Wolfgangs Güllich 9a weltberühmt. Hier ist es genau umgekehrt.
AW: Avaatara – Freiklettern in einer magischen Welt
Teile deine Befürchtung nicht unbedingt. Da wird kaum ein Klettergarten entstehen. Die ganze Situation und Aktion ist ja sehr ungewöhnlich. Libanon ist weder Kletter- noch überhaupt Urlaubsland, sondern im Gegenteil eine Krisenregion mit Reisewarnung. Die Schlucht ist natürlich einmalig und ich finde es schön, das auf diese Weise überhaupt einmal zu sehen. Ich würde selber niemals in diese Gegend reisen.
Zur Route selbst: Im ersten Moment dachte ich mir "Der David Lama spuckt nicht unbescheiden gleich einmal 9a aus... schau ma mal". Nachdem ich das Video gesehen habe, sage ich aber Respekt. das schaut schon richtig knüppelhart aus und 9a scheint sehr realistisch zu sein. Der David Lama ist sportklettertechnisch deutlich stärker als ich ihn jetzt eingeschätzt hätte. Hut ab!
AW: Avaatara – Freiklettern in einer magischen Welt
"Der David Lama ist sportklettertechnisch deutlich stärker als ich ihn jetzt eingeschätzt hätte."
... just like ....
find, dass der usain bolt auch gar nit sooo schnell wirkt - hat sich aber fürn wettlauf auch no nit gemeldet ... ob sich der nit traut?
AW: Avaatara – Freiklettern in einer magischen Welt
An den bergfreund:
Bitte nicht in den spiegel schauen - neid macht nicht wirklich attraktiv.....