Beat in der Crux von "Freedom" Foto: Peter Mathis Beat in der Crux von "Freedom" Foto: Peter Mathis
15 Dezember 2004

Beat Kammerlander über seine Projekte und Trends im Bergsport

Am Rande seines Vortrages TIME OUT in Wien erzählt Beat Kammerlander, einer der besten Allroundkletterer Europas, über seine Projekte und neue Trends im Bergsport.

Das Jahr 2004 neigt sich dem Ende zu. Was waren deine persönlichen Höhepunkte?

Ich hatte ein alpines Kletterprojekt, schon vor Jahren. Die Route heißt Freedom und ist eine Erstbegehung von Pio Jutz hat 6 SL, zwei davon im 10ten Grad und weitere zwei im 9ten Grad. Ich habe die Route vor 2 Jahren versucht, doch war der Sommer viel zu warm und ich konnte die Route in der Roten Wand (eine Südwand) im Lechquellengebirge knapp nicht Klettern. Heuer war ich mit Freunden wieder dort, konnte die Passagen überraschend schnell klettern. Ich war dann noch dreimal dort und konnte die Routen dann rotpunkt klettern. Die Tour bewegt sich im Standard meiner Route `Silbergeier` vielleicht ein wenig leichter.

Ist der Silbergeier, der ja nach wie vor zu den schwersten, alpinen Sportklettertouren gehört nicht 10+?

Ja, Silbergeier ist für kleinere Kletterer, wie mich auch 10+, da für Sie in der Schlüsselstelle nichts zum stehen ist, ansonsten 10.

Kann man sagen, dass, obwohl du uns im ersten Teil deines super Vortrages vor allem Boulderbilder gezeigt, dein Herz für das alpine Sportklettern schlägt?

Ja, das auf jeden Fall das ist meine größte Leidenschaft. Einfach zusammen mit anderen alpine Erstbegehungen zu machen, das macht super Spaß. Ganz einfach dieses ins Niemandsland zu klettern, von unten im sauberen Stil, ohne technisch zu klettern, die Wand zu entschlüsseln, das ist einfach etwas unbeschreibliches, was man zuerst erlebt haben muss. Man kann das nicht vergleichen mit von oben herkommen, eine Route auschecken und dann Rotpunkt klettern, das ist eine sportliche Leistung, aber im Erschließen steckt viel mehr Herzblut und Leidenschaft. Und das sind für mich auch die wirklichen Kletterer.

Und trotzdem bist du beim Bouldern recht aktiv und sagst auch, dass der absolute Trend derzeit beim Bouldern liegt, wo Leute auf kurze Distanz gefahrlos klettern.

Die Leute dort müssen einfach dranbleiben, können nicht viel wechseln, denn Ausdauerrouten klettern und bouldern, das können die Wenigsten. Ich muss jedoch immer wechseln, gehe im Winter meine Skitouren, gehe Bouldern, Eisfallklettern und das alles zur gleichen Zeit. Den Schwerpunkt Bouldern hat?s in den letzten Jahren von der Motivation her nicht gegeben. Ich bin z.B. letztes Jahr einige Highwalls wie ?Angel Heart?, ?Kashmir?, ?A beautiful Day (Anm.: Bis zu 10 m hohe Boulder bei denen das Abspringen bereits sehr gefährlich ist) im Avestal geklettert, aber nur aus dem Grund, weil mich diese Linie motiviert hat. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei Nebensache.

Du bist ein Allrounder, der beim Bouldern, Schwierigkeitsklettern, Alpinen Sportklettern und Wasserfallklettern Höchstleistungen erbringt. Was ist mit dem Höhenbergsteigen bzw. Kletterexpeditionen im Himalaja interessiert dich das nicht?

Das würde mich schon interessieren, doch hat sich das einfach noch nicht gegeben. Du brauchst dafür die richtigen Leute und musst den Trip auch finanzieren. Ich war dann auch immer ein zu leidenschaftlicher Kletterer, den das im Basecamp sitzen nicht so unbedingt motiviert, wobei es mich doch reizen würde.

Stichwort Finanzen, bist du Profikletter?

Ja auf jeden Fall und das Fotografieren ist mein drittes Standbadbein. Neben dem Klettern arbeite ich als Bergführer, z.B in der Bergführerausbildung beim Eisfallkurs. In meinen alter, also ich bin jetzt 45 muss man auch darüber nachdenken und das Leben managen, denn nur Klettern, das geht nicht. Die guten Kletterer haben zurzeit so große Probleme von den Sponsoren zu leben. Ich mache meine Vorträge, Managementkurse, Fotografiere und habe auch weiter meine Sponsoren als Kletterer, so kann ich mein Leben finanzieren.

Kurzer Themenwechsel in den Winter. Extremes Eis- und Mixedklettern ist ja eine Spezialität von dir. Wie siehst du die Entwicklung in dieser mit den derzeitigen Diskussionsthemen wie den Fersensporn Sportart?

Das Mixedklettern kommt ja ursprünglich aus Schottland. Dort waren die Routen alle schlecht gesichert. Es waren moralische Touren zum Teil bis zum Grad M9. Solche Touren gibt es zwar immer noch, doch wurde beim Mixedklettern beim Schwierigkeitsgrad einfach Schindluder betrieben und von heute auf morgen ist man beim 12. Grad angelangt. Diese Entwicklung ging viel zu schnell und passt nicht. Die Touren sind jetzt tiptop gesichert und haben unlogische Linien. Es geht nur darum, wer sich am längsten am Pickel festhält. Für mich hat das jeden Reiz verloren, wenn ich sehe, dass die Leute sich mit dem Sporn und der Affenschaukel eine ¼ Stunde ausruhen. Ich zum Beispiel bin nie mit Sporn geklettert. Das klassische Wasserfallklettern oder das ernste Mixedklettern, das sind Dinge die mich motivieren. Viele junge Spitzenkletterer, die zum Teil die schwierigsten Touren wiederholt haben, haben keine Lust mehr ? ich glaube das wird sterben. Das moderne Eis- und Mixedklettern muss sich neu finden.

Zurück in den Sommer, wir siehst du generell die Entwicklung im Klettersport mit seinen neuen Disziplinen wie Plaisirklettern und Bouldern, wobei die Massen doch in den Plaisierbereich strömen?

Das täuscht, ich komme gerade aus Amerika zurück, dort findest du in bestimmten Gebieten wie Bishop und Uta, dort gibt es so eine breite Masse die bouldert und ohne Seil klettert, dass kann man sich gar nicht vorstellen. Für die werden, wie z.B. in Magic Woods, eigene Campgrounds angelegt.

Das Bouldern wurde ja bereits in den 70er Jahren von John Grill in um den USA entdeckt und konnte sich jahrelang in Europa, das sich eher dem Sportklettern verschrieb, nicht durchsetzten. Wieso ist das jetzt plötzlich anderes?

Man hat bei uns einfach geniale Gebiete entdeckt und die Lust geweckt, in den Gebieten zu klettern, die motivieren. Auch hat die gerade durch das Bouldern hervorgerufene Möglichkeit die eigene Leistung schnell hochzuschrauben zur Popularität beigetragen. Es ist auch die Lust etwas zu schaffen. Zuerst hat man überhaupt keine Chance, dann arbeitet man eine Zeit und und dann löst sich das auf.

Was sind deine Nächsten Projekte?

Die nächsten Monate ist Arbeit angesagt, vielleicht gehe ich im März nach Utah in den Indian Creek zum Rissklettern.

(Das Gespräch führte Andreas Jentzsch, www.bergsteigen.at)

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