Biwak überm Stuibensee Biwak überm Stuibensee
01 März 2003

Blassengrat

Ned ganz optimal...

 

Am winterlichen Blassengrat, Walter Lackermayr schildert seine Eindrücke von seiner Begehung.

Auf dem Gipfel der Alpspitze stellt Michi von der Münchener Bergwacht fest: "Ihr seid immer in den Fels ausgewichen, wenn es möglich war". Klar, denk ich mir, wenn's welchen geb'n hat. Hättest du auch gemacht, wenn du da gewesen wärst.

Schön sieht unsere Spur vom Hohen Gaif über den Grat hinauf bis zum Blassen Signalgipfel aus. Wie eine Schlage liegt sie auf Schneefeldern und steilen Gratabschnitten, um sich dazwischen immer wieder in grauen Felspassagen zu verlieren

Am Freitag (21.02.2003) sind wir noch von der Kreuzeckbahn zum Stuibensee gegangen, um dort zu schlafen. Optimales Wetter ist vorher gesagt. Den Hochblassen Ostgrat, kurz "Blassengrat" genannt, wollte ich schon immer mal im Winter machen. Grate im Winter finde ich besonders reizvoll. Ein gutes Training ist so was obendrein und Martina macht sowieso jeden Blödsinn dieser Art mit.

Gleich zu Beginn des Aufstieges zum Hohen Gaif bekommen wir die nicht ganz optimalen nordseitigen Schneeverhältnisse zu spüren, in dem wir durch den dünnen Harschdeckel knie- bis hüfttief im Gries wühlen. "Na, kann ja noch besser werden wenn man aus dem Schatten kommt."

Tatsächlich wurde es am Ostgrat zum Hohen Gaif besser. Die felstechnische Schwierigkeit ist hier max. II, die Schneeauflage erträglich. So geht es zügig auf den Gipfel, gleichzeitig der Einstieg des Blassengrates.

Der Grat wird hinab in eine Scharte vor dem nächsten Turm verfolgt. Dieser wird nicht ganz erklettert, sonder kurz unterhalb in der Nordseite gequert zum Beginn einer steilen Verschneidung die in die nächste Scharte hinabzieht. Die unten überhängend abbrechende Verschneidung kann abgeklettert (III, luftig) oder auch abgeseilt werden, dabei spreizt man vom letzten Tritt bevor die Verschneidung abbricht hinüber auf einen Klemmblock über der Gratscharte. Im Sommer ist dies die schwierigste Stelle der Tour.

Jenseits geht's südseitig im dritten Schwierigkeitsgrad weiter hinauf, rechts leitet bald eine etwas brüchige Wandstelle zu einer Platte mit Riss zurück auf den Grat (nicht von einer Schlinge weiter das Band hinauf verleiten lassen). Für's erste sind die Schwierigkeiten nun überwunden, es folgt teilweise luftige Kletterei an nicht immer festem Fels an der Gratschneide.

Etwas schwieriger wird's wieder am Aufschwung zur doppelgipfeligen Blassenspitze (III), wenn's Sommer ist. Wir haben nicht Sommer, Ausweichen in die Nordseite ist von "ned ganz optimal" bis "spannend" einzustufen, Schnee 55°, Fels bis IV+.

Vom Gipfel geht's in der Südflanke hinunter, dann zurück auf die Gratschneide und - hoppla! - als ich zuletzt im Sommer hier war ging's da noch hinunter in die Scharte vor dem Fingerturm, jetzt ist unter mir ein gelblicher Ausbruch. Also ein Stück nordseitig abseilen und die Scharte ist unser. Stimmungsvoll richten wir unseren Biwakplatz unter dem Fingerturm her.

Südseitig geht's am morgen hinauf , der nächste Gipfel schimpft sich Hochblassen Vorgipfel. Der Schnee ist faul und wird mit der Sonne die von Osten bald hereinscheint nicht besser. Klar, früher Aufstehen ist die Lösung. Schlaumeier bin ich selber, ich kann nicht gleichzeitig ausschlafen, fotografieren und klettern. Man muss Prioritäten setzen im Leben. Deshalb stapfen wir jetzt durch aufgeweichten Schnee. Nicht ärgern, es könnte ja auch schlimmer sein.

Und natürlich kam's dann schlimmer. War der Schnee südseitig aufgeweicht, so war er nordseitig schlichtweg unbrauchbar. Die Verhältnisse pendelten sich jetzt ganz eindeutig bei "ned ganz optimal" ein. Es gibt eben solche Winterbegehungen und Solche. Aber das Wetter ist dafür einmalig und die Landschaft unglaublich.

Die Musikkulisse übrigens auch. Voodoo Child dröhnt es mir ins Ohr, als ich gerade mal wieder eine etwas heikle Passage "ned ganz optimal" absichern kann: Auf der Stuibenhütte ist wohl jemand musikalisch genauso hängen geblieben wie wir. Toll. Als Effekt ließen wir das Seil wieder weg. Es verbirgt sich eine gewisse Logik dahinter, wenn man lange genug darüber nachdenkt.

Im Sommer seilt man vom Hochblassen Vorgipfel ein Stück in der Nordseite ab zur nächsten Scharte des hier zersplitterten Grates und erklettert mit wenigen Stellen III den zwar luftigen, aber nicht besonders schwierigen Grat hinauf auf den Hochblassen. Im Winter macht man das auch. Zumindest das Abseilen haben wir gemachten. Den Rest im Groben und ganzen auch, aber dafür nordseitig Sch...Schnee bis 55° und recht kalter Fels IV+

Das Gelände vom Hochblassen zum Hochblassen Signalgipfel (das ist nun wirklich der letzte Gipfel des Grates!) ist mit einigen Eisenklammer erleichtert, das weiß ich vom Sommer. Nun gut, die Klammern sind wie der Rest vom Berg irgendwo unterm Schnee, und so dauert's mal wieder bis wir drüben sind.

Der Abstieg: Man steigt etwas südseitig in eine Scharte hinab. Von hier führt nordseitig die Schneerinne etwa 40°-45° steil Richtung Grieskarscharte hinunter. Ein kurzer und verlockender Abstieg, aber keinesfalls bei dem Griesschnee. Also den Normalweg hinunter, eine Rinne auf die Rheintalseite. Kein Problem. Von ihrem Ende quert man normalerweise an einem Drahtseil ein kleines Stück unter dem Grat. Wir mach einen Seilquergang und haben den Grat bald wieder und gleich dazu einen schönen Platz für die Nacht.

Nur noch wenige Meter trennen uns von der ausgetretenen Spur über den Jubiläumsgrat. Aber wie dahin kommen? Der Grat ist überwechtet und die Türme brechen ab. Abseilen fällt aus. Bleibt nur die Südseite. Also ab in die Rinnen und hinunter bis wir queren können, bevor das Zeugs aufweicht.

Schnell muss das jetzt gehen, auch wenn die Füße kalt sind. Vor ein paar Wochen biwakierten wir bei -32°, da war's ja auch kalt. Wir erreichen den Grat wieder und ich schaue ob er nun besser gangbar wäre, da sehe ich wenige Meter unter uns die Spuren vom Jubiläumsgrat. Sofort raus aus den Schuhen und Zehen massieren. Etwas haben sie abbekommen. Peinlich, sich am Blassengrat was abzufrieren? Es gibt halt solche Winterbegehungen und Solche.

Auf der ausgetretenen Autobahn des Jubiläumsgrates erreichen wir schnell die Alpspitze und über die Nordwandferrata die Osterfelderbahn.

Kurzbeschreibung: Hochblassen Ostgrat "Blassengrat" vom Hohen Gaif auf den Hochblassen

Zustieg: Vom Osterfelderkopf auf dem Alpspitz Normalweg oder vom Kreuzeck über den Bernadeienweg zum Stuibensee. Durch eine Rinne in der Nordflanke des Hohen Gaif (Drahtseil) zu dessen Ostgrat und über diesen zum Gipfel (II, teilweise ausgesetzt).

Führe: Vom Gipfel des Hohen Gaif hinunter in die nächste Scharte und jenseits auf den nächsten Turm (III). Etwas unterhalb des Turmgipfels an Schlingen nordseitig eine Verschneidung abseilen oder abklettern (III) und auf einen Klemmblock über einem Gratfenster in der nächsten Scharte spreizen (H). Nun südseitig hinauf ein steiles Band verfolgen (ca. 20m, III), bis rechts eine brüchige gelbe Wandstelle zu einer Platte mit Riss (1H) leitet. Man gewinnt so wieder den Grat (von der Scharte ca. 45m III).

Nun weniger schwierig in der Nordseite queren und über Rinnen und Rippen zurück auf die Gratschneide. Den hier ausgesetzten und brüchigen Grat, einige Türme werden überklettert, bis zum Aufschwung unter der Blassenspitze verfolgen (nie schwerer als II).

In schöner Kletterei an nun wieder festem Gestein immer an der Gratkante auf die doppelgipfelige Blassenspitze (III).

Nun links (südseitig) des Grates ein Stück hinunter und rechts zurück auf die scharfe Gratschneide, diese aber nicht verfolgen (Abbruch), sondern nordseitig etwa 15 hinab (III, abklettern oder -seilen) und gerade hinüberqueren zur Fortsetzung des Grates nach dem Ausbruch (Ausbruchstelle ca. 5m, jedoch unten überhängend und eher unangenehm zum Abklettern). Unschwierig in die Scharte vor dem "Fingerturm". Dieser wird zur Gänze südseitig in schrofigem Gelände umgangen. Über steile Schrofen und Rippen die hier wenig ausgeprägte Gratschneide hinauf auf den Hochblassen Vorgipfel (nie schwerer als I und II). Vom Hochblasen Vorgipfel abermals nordseitig abklettern oder -seilen (III), um die nächste Scharte im Seitengrat zu erreichen (brüchig). Von der Scharte nordseitig ansteigen um den Grat wieder zu erreichen (eine Stelle -III, sonst II und I, nicht durch Haken auf die Südseite verlocken lassen, sehr brüchig!). Auf der sehr luftigen Gratschneide vollends auf den Gipfel des Hochblassen.

Übergang zum Hochblassen Signalgipfel: Den alten Markierungen und einigen Eisenstiften mehr oder weniger am Grat folgen auf den Signalgipfel (II).

Abstieg: Vom Signalgipfel erst etwas südlich, dann westlich hinab in eine Scharte. Hier rechts (nordseitig) die Schneerinne. Nur bei sichern Schneeverhältnissen die Rinne hinunter. Im Zweifel besser den Normalweg: Von der Scharte links eine Schutterfüllte Rinne bzw. an ihrem linken Rand (im Sinne des Abstieges) hinunter. Am Ende der Rinne nicht versuchen rechts zur Grieskarscharte abzusteigen, sondern durch einen Durchschlupf links auf die Rheintalseite. Weiter linkshaltend zur nächsten Gratscharte und nun den Eisenklammern und Drahtseilen zum Jubiläumsgrat folgen. Diesen rechts verfolgen unter der Wand des Hochblassen Signalgipfels durch, jenseits eine steile Rinne hinauf und drüben hinunter zur falschen Grieskarscharte und weiter hinauf zur Grieskarscharte. Abstieg über Grieskar oder Mattheisenkar oder am besten hinauf auf die Alpspitze und die Nordwandferrata hinter zum Osterfelderkopf..

Führer: AVF Wetterstein (Beulke)

Horst Höfler Auswahlführer Genusskletterein Nördliche Kalkalpen (gute Beschreibung & Topo)

Karte: AV Wetterstein

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