Startschuss
7:00 Uhr war Treffpunkt auf der Autobahn-Raststation Natschbach (S6). Es hatte ca. -4 C° und es schneite leicht. Wir (Richard, Wolfgang, Max, Dietmar und meine Wenigkeit) begrüßten uns am Treffpunkt. So richtig froh schaute an dem Morgen keiner aus der Wäsche. Wir machen nun schon einige Jahre miteinander verschiedene Bergtouren und jeder hatte schon das eine oder andere Abenteuer hinter sich, doch heute zeigte sich das Wetter von seiner miesesten Seite. Nach einem kurzen Wortwechsel und dem darauf folgenden Materialcheck stellten wir fest, dass ein LVS, Schaufel und Sonde fehlte??? Nach kurzer Beratung erklärte sich Dietmar bereit, auf die Tour zu verzichten. Ohne LVS-SET KEINE SKI TOUR!!!
Noch gemütlicher Aufstieg
Wir vier fuhren dann gemeinsam bis zum Griesleitenhof, wo für unseren PKW Endstation war. Der Schneefall hat zugenommen und wir fingen an, unsere Ausrüstung anzulegen. Die Temperatur lag bei ca. – 7C° Als wir fertig waren, checkten wir noch unsere VS-Geräte und dann ging es mit Tourenski los. Der Zustieg bis zum Bachingerbründl war gemütlich und trotz Neuschnee nicht sonderlich anstrengend. Beim Bründl gab es dann eine kleine Stärkung mit heißem Tee, Brot, und ein bar Trockenfrüchten. Nach ca. 10 min und ein bar Bildern drängte Richard zum Weitermarsch (ihm wurde allmählich kalt). Als wir unser Gepäck aufnahmen stellten wir fest, dass die Riemen der Rucksäcke, die vom Aufstieg vom Schweiß feucht wurden steif gefroren waren. Nun ging es schräg durch den Wald in Richtung Holzknechtsteig und in weiterer Folge bis zum Einstieg des Haidsteiges. Hier legten wir unsere Kletterausrüstung an. Um 10:45h stiegen wir ein. Es hatte – 12C° und der Wind blies mit ca. 50 km/h, was die -12C° wie -35C° erscheinen ließ. Noch dazu ist der Schneefall stärker geworden und wir hatten richtiges Sauwetter.
Im Steig ging es an unsere Grenzen
Wir kämpften uns über vereiste und Schnee bedeckte Felsen bis zum ersten Steigbaum hinauf, danach in die so genannte steile Wand und weiter über den zweiten Steigbaum in den großen Kessel. Hier war dann erstmal Endstation. Wir beschlossen unsere Steigeisen anzulegen, denn der Fels war vereist und schneebedeckt. Zusätzlich waren die Fixseile vereist und boten fast keinen Halt. Wolfgang hatte bei den Fixseilen große Schwierigkeiten mit seinen komplett durchnässten und später steif gefroren Handschuhen. Max nahm beim Selbstsichern und Umhängen des Klettersteigsets einen Karabiner zwischen die Zähne, der sofort an den Lippen festfror und sich nur mit einem Stück Lippe wieder lösen ließ. Ich ging mit meinem Fotoapparat meist an zweiter oder dritter Stelle. Fotografieren konnte ich nur mehr nach Gefühl, denn der Sucher war durch den starken Wind und Schneesturm meist verklebt und voll mit festgefrorenem Schnee. Richard ging ab hier bis zum Schluss im Vorstieg und nahm Wolfgang im Nachstieg zusätzlich ans Seil. Wolfgangs Gesichtsausdruck lies schon auf ziemliche Erschöpfung schließen, war er doch in der steilen Wand ca. 2 Meter abgestürzt und in sein Klettersteigset geknallt, was Gott sei dank hielt. Sein linker Ellenbogen schillerte noch nach Tagen in allen Farben. Bei diesem Anblick musste ich an Dietmar denken, zu diesem Zeitpunkt konnte er nicht wissen, was er sich durch seine kluge Entscheidung auf die Tour zu verzichten für eine Balgerei erspart hatte.
Gefährliches Finale
Endlich bei der Schwarzen Madonna (Steigbuch) angekommen glaubten wir uns in Sicherheit, da ja von hier der Steig nur mehr in A/B verläuft und im Sommer und Herbst bei Schönwetter eher einen Spaziergang gleicht. Die Kälte und der Sturm wurden immer schlimmer und die Sicht war gleich null. Ein zurück war aber unmöglich, also stapften wir schon leicht entmutigt weiter hoch. Von den Fixseilen die im Sommer so schön als Handlauf dienen war weit und breit nichts zu sehen und so ging es weiter, den Pickel immer als kleine Stütze vor sich in den Schnee gerammt aufwärts. Bei einer Querung im oberen drittel sahen wir, wie sich kleine Schneebretter selbstständig machten und links von uns ca. 30 Meter ins Tal stürzten. Die letzten Querungen und Aufschwünge gingen wir zusammen seilgesichert bis zum Ausstieg. Seit dem Einstieg in den Klettersteig waren nun 3 Stunden und 45 min vergangen. Oben angekommen riss uns der Wind und die Kälte fast das Fleisch vom Gesicht. Windgeschwindigkeiten von ca. 70 km/h bei ca. -15C°. Unsere Rucksäcke und Jacken sowie unsere Bärte waren zu Eis erstarrt. Wolfgang klagte über seine sich holzig anfühlenden Finger und konnte nicht mehr richtig hantieren. Wir mussten so schnell als möglich mit ihm dort weg. Wir legten unsere Ski an und machten uns in Richtung Seehütte auf, um in den Holzknecht Steig einzufahren. Wir prüften vorsichtig das Gelände und stellten fest, dass die Schneeauflage trotz der Witterungsverhältnisse doch stabil war. Wir fuhren schnell abwärts und der Wind ließ allmählich locker. Der Rest war dann nur noch Routine und der Pulverschnee war herrlich zu fahren.
Epilog
Wolfgangs rechter Zeigefinger und sein linker Ringfinger waren nach 10 Tagen nach wie vor etwas taub. Er ging haarscharf an schlimmen Erfrierungen in den Händen vorbei!! Trotz allem war es doch ein außergewöhnliches Erlebnis, wenngleich auch so manche Situation die Psyche des einen oder anderen beanspruchte.
Text: Rudolf Kamleitner
Fotos: Rudolf Kamleitner (Canon EOS-300D)
Tipp: Ein 20 min. langes Video von einer Winterbegehung mit 80 km/h Sturm findet ihr im Klettersteigführer Österreich. Im Trailer Vol.2 sind auch ein paar Szeneen daraus.
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