High Tech schafft Gemütlichkeit in den Bergen
- Mindelheimer Hütte setzt mit umfassendem Energie- und Wasserkonzept erneut Maßstäbe im Umweltschutz
- Neue Infrastruktur sichert Wasserversorgung im Sommer
- Strom und Wärme ausschließlich aus Sonnenenergie und Rapsöl
- Vollbiologische Kläranlage erzielt seit zehn Jahren her-ausragende Reinigungsergebnisse
Mindelheimer Hütte/Allgäuer Alpen - Seit Beginn dieses Bergsommers verfügt die Mindelheimer Hütte in den Allgäuer Alpen über eine der modernsten Energie- und Wasserversorgungsanlagen für Berghütten im Alpenraum. Durch die bislang einzigartige Konzeption umweltverträglicher Technologien - Solarenergie, Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk und Regenwassernutzung - nimmt die Mindelheimer Hütte eine Vorreiterrolle in Sachen Umweltverträglichkeit ein.
Mehr als 9.000 Übernachtungsgäste im Jahr 2003
Mehr als 9.000 Übernachtungsgäste fanden 2003 den Weg zu der auf einer Aussichtsterrasse gegenüber des Allgäuer Hauptkammes gelegenen Hütte. Nie zuvor war eine solche Besucherzahl erreicht worden. Der trockene Jahrhundertsommer tat das Übrige dazu, die ohnehin knappen Wasserressourcen aufzuzehren. Die Besucher hatten deshalb mit Trockenklos im Freien Vorlieb zu nehmen. Trotz ergiebigem Sonnenschein musste das lärmende Dieselaggregat die Photovoltaikanlage bei der Stromerzeugung unterstützen. Die Anlage, vor rund 15 Jahren als Pilotprojekt in dieser Höhenlage installiert, entsprach nicht mehr dem Stand der Technik. "Das gehört zukünftig der Vergangenheit an", freut sich Hüttenwirt Jochen Krupinski.
Energie- und Wasserversorgungskonzept wird umgesetzt
Mit dem nun umgesetzten Energie- und Wasserversorgungskonzept setzt die Mindelheimer Hütte einmal mehr ökologische Maßstäbe. Die Konzeption umfasst drei wesentliche Bereiche: die Versorgung der Hütte mit Wasser und Strom sowie die Entsorgung der Abwässer. Für die Besucher weitgehend unsicht-bar gelangt das Wasser in die sanierten und durch unterirdische Tanks erweiterten Reserven. Von dort wird es als Trink- oder Brauchwasser zur Hütte geleitet. Das Schneefeld - einst Wasserspender für den ganzen Sommer - war in den vergan-genen Jahren häufig schon zur Mitte der Saison vollständig ab-getaut. Nun konnten zwei Quellen gefasst werden, gemeinsam mit dem Schneefeld versorgen sie die Hütte mit Trinkwasser. Reicht die Qualität des ankommenden Wassers nicht aus, wird sie durch eine UV-Anlage sichergestellt. Zugleich wird das Re-genwasser von den Dachflächen gesammelt und für die Toilet-tenspülungen genutzt. "Dafür wäre das Trinkwasser einfach zu schade", betont Alfred Feil (Umwelttechnik Feil/acquatec), der die Wasserversorgung auf neue und stabilere Beine gestellt hat.
Über eine halbe Million Euro für die Umweltverträglichkeit
Weit über eine halbe Million Euro hat die Mindelheimer Alpen-vereinssektion seit 1994 in die Umweltverträglichkeit der Hütte investiert. "Vor zehn Jahren betraten wir mit unserer vollbiologischen Kläranlage umwelttechnisches Neuland", erinnert sich Vorsitzender Josef Schafnitzel. "Wenn heute die Abwasserentsorgung auf anderen Hütten erneuert werden muss, dient unser System oft als Muster." Bei derart umfangreichen Investitionen ist eine Sektion auf Fördermittel angewiesen. An der Neukonzeption der Wasser- und Energieversorgung beteiligten sich das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, der Deutsche Alpenverein und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). "Dieser umfassende und innovative Ansatz hat uns überzeugt. Er hat Modellcharakter für andere Alpenvereinshütten und eröffnet neue Möglichkeiten zur Entlastung unserer Umwelt", begründete DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. Fritz Brickwedde das Engagement der Stiftung.
Sonnenkollektoren auf dem Dach
Zahlreiche Nachahmer wird auch die von Michael Berger (Ingenieurbüro Berger) entwickelte Energieversorgung finden, die im Wesentlichen aus zwei Komponenten besteht. Sonnenkollektoren auf dem Dach und an der Westwand der Hütte erzeugen elektrischen Strom, der in Batterien gespeichert werden kann. Selbst Spitzenverbraucher wie die Materialseilbahn können daraus betrieben werden. Bei Engpässen wird ein Blockheizkraftwerk mit Rapsölantrieb zugeschaltet. Die entstehende Wärme wird für den Trockenraum und die Warmwasserbereitung genutzt. "Ein solches BHKW ist durch seine kompakte Bauweise ideal für Berghütten: der Verbrauch ist sehr gering und der Wartungsaufwand minimal", erläutert Konrad Weigel (KW Energie Technik) die Vorzüge der Pflanzenöl-BHKW-Technologie. Quasi nebenbei sorgt die Abwärme für trockene Kleidung und Behaglichkeit im Gastraum.
Kombination von unterschiedlichen Technologien
Die leistungsfähige Kombination dieser unterschiedlichen Technologien in der klimatisch extremen Gebirgslage über 2.000 Metern ist bislang einzigartig. Die Erfahrungen der bisherigen Bergsaison zeigen, dass das Konzept eine tragfähige Basis für die Zukunft ist. Das Rekordergebnis des Sommers 2003 mit über 9.000 Übernachtungen ist in erster Linie auf die verstärkten Schulungs- und Gruppenaktivitäten in der zum Ausbildungszentrum ausgebauten "Alten Hütte" begründet. Umfassend saniert ist sie bereits für fast die gesamte Sommersaison ausgebucht und hat bedeutenden Anteil am Erfolg der Mindelheimer Hütte. "Der Mindelheimer Klettersteig und unser neu eingerichteter Klettergarten bieten das ideale Ausbildungsumfeld", erklärt Hüttenwirt Krupinski und fügt schmunzelnd hinzu: "Vielleicht spielen ja das Essen und die Gemütlichkeit hier oben dabei auch eine Rolle." Auch der Deutsche Alpenverein bildet hier Fachübungsleiter aus ganz Deutschland aus. Das Ergebnis des Vorjahres soll daher mittelfristig kein Rekord, sondern der Normalfall sein. An Wasser, Strom und Wärme wird es auch bei 10.000 Besuchern in Zukunft nicht fehlen - den verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen natürlich vorausgesetzt.
Ansprechpartner DAV-Sektion Mindelheim:
Markus Wölfle
Tel. 089 30 00 25 12
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