Halten High-Tech-Jacken, was sie versprechen?
Outdoor-Jacken müssen heutzutage alles mögliche können: wasserdicht, winddicht, atmungsaktiv, elastisch, robust, scheuerfest, warm, leicht und gut aussehend sein. Viele Versprechen werden diesbezüglich gemacht, am liebsten mit Attributen wie "extrem", "100 %", "hoch", "maximal" oder "optimal".
Ob diese Versprechen eingehalten werden, stellt sich meistens erst heraus, wenn die Jacke den ersten ernsthaften Einsatz bestehen muss. Ist das gute Stück dann nicht wie beworben 100 % wind- oder wasserdicht, ist man im Ernstfall aufgeschmissen.
Markenhersteller von hochwertiger Outdoor-Bekleidung testen ihre Produkte daher in der Regel, bevor sie diese in den Handel bringen. Der für die Produkttests betriebene Aufwand ist mal größer mal kleiner. Es gibt jedoch wohl kaum einen Hersteller, der hierfür einen ähnlich großen Aufwand betreibt wie die österreichische Firma polychromelab aus Hall in Tirol. Michele Stinco, der Erfinder der polychromelab-Wendejacken, hat nämlich die Idee gehabt, die Jacken unter extremsten alpinen Bedingungen zu testen, bevor man sie in den Läden kaufen kann.
Polychromelab hat am Glungezer in den Tuxer Alpen unweit des Firmenstandorts Hall ein eigenes Hochgebirgslabor eingerichtet. Dort können die High-Tech-Jacken extremen Outdoor-Tests unterzogen werden.
High-Tech-Jacken werden in Tirol getestet
Und so sieht ein echter polychromelab-Jackentest in der Praxis aus:
Zuerst werden die Stoffe auf Platten gespannt. Mittels Sensoren wird gemessen, ob der Stoff überhaupt Outdoor-Wetter-tauglich ist.
Ist der Stoff dann fertig entwickelt und das erste mal als Wendejacke konfektioniert, werden die Prototypen im Hochgebirgslabor "polychromelab 2610" am Glungezer in Tirol auf Puppen aufgespannt und mit Wettersensoren ausgestattet. Zusätzlich wurde eine Webcam aufgestellt, die die Jacken Tag und Nacht über mehrere Monate beobachtet.
Die gesammelten Daten werden anschließend ausgewertet. So kann man die Wasserdichtigkeit, Winddichtigkeit und Atmungsaktivität anhand von Temperaturkurven, Feuchtigkeitsdaten usw. messen. Mit einer optischen Überprüfung sieht man, ob die Outdoorjacke dem Wind standhält und an den Rändern und Nähten nicht abfleddert.
Besteht der Prototyp diesen Test, wird er ins Textillabor an der Universität Innsbruck geschickt, wo Elastizität, Scheuerfestigkeit und Farbintensität wissenschaftlich überprüft werden.
Damit gibt man sich im polychromelab 2610 aber noch nicht zufrieden: Anschließend kommen die High-Tech-Jacken nochmals ins Hochgebirge und werden angewandten Tests beim Extremsport unterzogen: Darunter Trailrunning, Skifahren, Klettern usw. Nur so kann man wirklich überprüfen, was eine Outdoorjacke alles aushalten muss.
Alpine Proof – Die Zukunft von Outdoor-Bekleidung
In Zukunft soll mit dem Projekt Alpine Proof ein alpines Gütesiegel für Outdoor-Bekleidung ins Leben gerufen werden, das High-Tech-Jacken auszeichnet, die diese Kombination aus angewandtem und wissenschaftlichem Test bestanden haben.
Praxistest bei Bergsteigen.com
Das Team von Bergsteigen.com hatte zwei Wendejacken von polychromelab für einen mehrmonatigen Test über alle Jahreszeiten zur Verfügung. Einerseits das Modell "Alta Quota" und andererseits das Modell "Roccia Rossa".
Beide Modelle zeichnen sich durch ausgesprochen geringes Gewicht (Modell "Roccia Rossa" in Größe S nur 300 g) und sehr saubere Verarbeitung aus. Auffallend ist, dass die Jacken auch nach monatelangem, nicht immer liebevollen Einsatz im Gebirge so gut wie keinen Verschleiß zeigen.
Alle Nähte sind zudem verschweißt, wodurch die Jacken wirklich wasserdicht sind. Die Winddichtigkeit ist als hervorragend zu beurteilen. Beispielsweise reichten bei einer sehr stürmischen, kalten Skitour ein dünner Merino-Baselayer, eine Merino-Weste und eben die Jacke von polychromelab völlig aus, um ausreichend warm bekleidet zu sein.
Die Jacken aus dreilagigem Laminat sind als Wendejacken konzipiert: Je nach Temperatur trägt man die wärmeabsorbierende dunkle Seite (98 % Absorbtion) oder die wärmereflektierende silber- bzw. bronzefarbene Seite (28 % Reflexion) außen. Das ist ausgesprochen praktisch, denn so hat man für einen großen Temperaturbereich immer die passende Jacke dabei. Wer ein Haar in der Suppe finden möchte, wird kritisieren, dass auf der reflektierenden Seite die Schweißnähte etwas unschön sichtbar sind und der Großteil der Taschen schlechter zugänglich ist.
Unser Fazit: Die "Roccia Rossa" ist die hübschere, die "Alta Quota" aber die praktischere Jacke. Daher hat uns als Bergsportler die "Alta Quota" besser gefallen. Beispielsweise verfügt die schick geschnittene "Roccia Rossa" im Gegensatz zur "Alta Quota" über fast keine Taschen, was sich in den Bergen als eher unpraktisch erwiesen hat. Einziger echter Wehrmutstropfen bei den beiden Jacken ist der Preis. Beide Modelle kosten exakt € 700. Wer bereit ist, so viel Geld für eine Outdoor-Jacke auszugeben, wird sich jedoch viele Jahre über ein wirklich tolles High-Tech-Textil freuen. Für Patrioten und Menschen, die auf ihren ökologischen Fußabdruck achten, mag von Interesse sein, dass ein Großteil der Wertschöpfung in Österreich erfolgt und die Jacken nicht im fernen Asien, sondern in Italien gefertigt werden.
Webtipp:polychromelab
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