Mit dem Hoji kurz vor dem Gipfel. Mit dem Hoji kurz vor dem Gipfel.
15 März 2019

Test Hoji Tourenskischuh von Dynafit

Wir haben uns den Hoji Tourenskischuh genauer angeschaut – es war liebe auf den zweiten Blick

Mythen machten die Runde, es soll einen neuen, gewaltigen Skitourenschuh mit dem Namen Hoji geben. Gut im Aufstieg und perfekt für die Abfahrt soll dieser Dynafit Tourenschuh sein. Also machten wir uns zu den Wurzeln auf und besuchten Fritz Barthel in seinem legendären Erfinderkeller (in dem auch schon die Pin-Bindung das Licht der Welt erblickte), um der Sache auf den Grund zu gehen.

Fritz erklärte uns das Prinzip des Hoji-Tourenschuhs, ein neuer Verstellmechanismus ermöglicht es, den Schuh im besten Fall mit einem Klick von Gehen auf Abfahren zu verstellen. Pants always down – man muss auf dem Gipfel nicht mal die Hose über den Tourenskischuh stülpen, man kann das alles gemütlich am Beginn der Tour machen. Mit einem Verschlussriegel wird sowohl die obere Schnalle als auch der Powerstrap ganz oben für die Abfahrtsposition fixiert.

Die Crux am Hoji Skitourenschuh ist aber die Verbindung zwischen oberem und unterem Schaft. Gleichzeitig mit der Verriegelung wird der obere Schaft quasi abgesenkt und mit dem unteren Schuhteil regelrecht verkeilt. Und wirklich, die Verbindung ist super fest, im Grunde fast wie bei einem Pistenskischuh. Ist es also wirklich gelungen, die Entwicklung beim Skitourenschuh wieder ein bisschen voranzutreiben? Um das herauszufinden muss man sich die Sache im Freien anschauen.

No welcome fit – der Fachhandel ist also gefragt

Angefangen hat alles mit einer Fußmessung – von meiner ursprünglich favorisierten und bei zahlreichen Skitourenschuhen erfolgreich verwendeten 29er Größe musste ich laut Messung eine Nummer abweichen und zwar auf 28 – also deutlich kleiner?! So war der erste Willkommenskontakt (welcome fit) mit dem Hoji ein graus und ich wollte gleich wieder aus dem Schuh raus. Doch Fritz legte eine "Back-Session" ein, die Innenschuhe wurden bei 100° Umlaufhitze in der Dynafit-Küche (Backrohr in der normalen Hausküche) für 10 Minuten gebacken. Dann schlüpfte ich in den heißen Innenschuh und damit in die Schale, so wurde der Innenschuh an meinen Fuß angepasst.

Die erste Skitour war – wie von Fritz zum Glück empfohlen – kurz. Um nicht zu sagen sehr kurz, denn schon nach 15 Minuten Aufstieg hielt ich es in den Hojiboots nicht mehr aus und musste Gegenmaßnahmen einleiten (Innensohle rausnehmen und alle Schnallen komplett aufmachen). Mit dem komplett offenen Tourenskischuh habe ich es dann doch zum Gipfel des Trainsjochs geschafft – beim Abfahren taten die Hojis aber wieder höllisch weh.

Der zweite Schneeversuch war dann mit anderen Innenschuhen – ich habe einfach die dünnen Innenschuhe von meinem Atomic Backland Carbon in die Hoji-Schale gestopft. Mit denen ging es dann wirklich besser (= das Problem ist der Hoji-Innenschuh). Da mir Fritz zeigte, wie dünn sich ein Inneschuh im Backofen formen lässt, beschloss ich, den Backvorgang (Anpassung) eigenständig zu wiederholen. Auch bei mir zu Hause klappte der Backvorgang sofort (100 Grad Umlufthitze; 10 Minuten; Holz auf das Gitter legen, die Schuhe solten nicht an das heiße Metall kommen), der Schuh war nun nicht mehr ganz so eng wie nach der ersten Thermoanpassung.

Da ich die Bindung (Verstellplatte sei Dank) für den Hoji doch um einiges kleiner stellen musste und mir das ständige Umstellen auf die Nerven ging, wurde der Hoji plötzlich mein permanenter Tourenbegleiter. Siehe da, der Tourenstiefel wurde wirklich von Tour zu Tour besser und es geht sich mittlerweile ganz gut und auch komplett schmerzfrei damit! Ich hätte es eigentlich für unmöglich gehalten, mit einer Nummer kleiner als sonst (28.0 statt der gewohnten 29.0) wirklich gut mit Skitourenschuhen zu gehen.

Der Hoji passt immer besser und fährt sich perfekt!

Im Aufstieg gibt es natürlich Unterschiede zu meinem sehr beweglichen Atomic Backland Tourenskischuh. Primär merkt man diese, wenn man sehr steile Passagen kerzengerade hinauf geht. Auch beim Autofahren ist der Hoji-Schuh beim Kupplungspedal nicht ganz so flexibel, aber man gewöhnt sich daran. Der Gesamteindruck beim Aufstieg ist aber sehr positiv, vor allem wenn man schon die Abfahrt im Hinterkopf hat, denn bei dieser kommt mit dem Hoji wirklich Freude auf.

Die Verriegelung von Gehen auf Fahren geht wirklich schnell von der Hand, kein lästiges Gefummel wie bei mach anderem Skitourenschuhmodell. Man steht im Hoji fast wie einbetoniert drin und denkt bei den Schwüngen eigentlich nicht an einen flexiblen Skitourenschuh. Wirklich fantastisch, was Fritz und Hoji (Eric Hjorleifson) da entwickelt haben, es ist eine Freude mit diesem Skischuh abzufahren.

Für einen so stark abfahrtsorientierten Schuh ist das Gewicht von 1450 Gramm (Größe 27.5) schon sehr beeindruckend. Dank der sogenannten Speednose steht man beim Aufstieg sehr direkt über dem Drehpunkt der Pins, muss dafür aber auf ein Körbchensteigeisen zurückgreifen (da die vordere Schuhkante bei der Speednose fehlt; Bügel-Steigeisen kann man nicht verwenden). Dynafit bringt in kürze ein eigenes Hoji-Steigeisen, darüber können wir aber noch nicht wirklich viel sagen.

Over all ist bei uns folgendes hängen geblieben: Wenn man mal die – in unserem Fall wirklich schwierige und auch schmerzhafte – Anpassphase geschafft und durchgehalten hat, ist der Hoji wirklich ein exzellenter Tourenskischuh! Aus diesem Grund wird der Hoji sicher primär über den Fachhandel den Weg zum Kunden finden. Wir haben mit dem renommierten Bergsporthändler Sport Brosig in Kiefersfelden über das Bootfitting gesprochen. Die Kunden sind dort bis zu einer Stunde beim Anpassvorgang, es gibt sogar eigene Mitarbeiter, die an starken Verkaufstagen nichts anders machen, als Tourenskischuhe an Kundenfüße anzupassen.

Man kann nur hoffen, dass es den Entwicklern (z.B. Hoji und Fritz Barthel) gelingt, irgendwann mal die Hoji-Abfahrtsperformence mit der Beweglichkeit und Leichtigkeit eines Renntourenschuhs zu kombinieren. Der Dynafit Hoji ist sicher ein großer Schritt in die richtige Richtung, ich sehe es aktuell gerade bei uns selber, wir gehen vermehrt mit dem Hoji (auch bei schnellen Pistentouren und langen Skitouren, wie z:B. auf die Hippoldspitze), da beim Hoji Schuh eigentlich jetzt alles für ein tolles Skitourenvergnügen passt ; - )

Fazit bergsteigen.com: Wenn man die Anpassphase (Besuch im Bergsport Fachgeschäft ist dringend zu empfehlen) bewältigt hat, wird man mit dem Hoji seine wahre Freude haben. Gut beim Aufstieg und wirklich exzellent bei der Abfahrt und das auf jedem Terrain.

Anm.: Fritz Barthel wohnt in Bad Häring und ist der Erfinder der Pinbindung (LowTech Bindung). Gemeinsam mit dem kanadischen Freerideprofi Eric (Hoji) Hjorleifson entwickelte er in mehreren Jahren den Hoji-Skitourenschuh. Dynafit bring den Hoji im Winter 2018/2019 erstmals als Serien-Modell zum Endkunden. Vom Hoji Skitourenschuh gibt es akutell (18/19) ein Pro- und ein PX Modell, wegen des geringen Preisunterschiedes ist das leichtere Pro-Modell aus unseres Sicht die bessere Wahl. Nächstes Jahr (19/20) wird es eine Hoji Free Version geben, mit etwas mehr Vorlage und mit einer Kante vorne (für Bügelsteigeisen und nicht Pinbindungen).

Update: Wir haben den Hoji-Schuh seit November 2019 wieder bei unseren Skitouren im Einsatz (2te Saison mit diesem Schuh). Die gute Passform ist gleich geblieben – bei Aufstieg und Abfahrt war immer alles perfekt !

Hoji Pro (Damen und Herren)

Schale: Grilamid

Manschette: Grilamid (verstärkt mit Fiberglas)

Vorlage: 11°

Rotation: 55°

Gewicht: 1450 Gramm

Größen: 25 - 31,5 (D 22,5 - 27,5)

Preis: UVP 650 Euro

Hoji PX (Damen und Herren)

Schale: Pebax

Manschette: Pebax

Vorlage: 11°

Rotation: 55°

Gewicht: 1530 Gramm

Größen: 25 - 31,5 (D 22,5 - 27,5)

Preis: UVP 590 Euro

Webtipp: Dynafit


Video: Fritz Barthel erklärt die Funktion des Dynfit Hoji Skitourenschuhs



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