Der Cerro Torre vom Weg zum BC aus gesehen. Der Cerro Torre vom Weg zum BC aus gesehen.
15 Februar 2005

Cerro Torre – „Kompressorroute“

Die zwei Tiroler Hansjörg Auer und Thomas Scheiber klettern über die "Kompressorroute" auf den Cerro Torre.

Cerro Torre 2004 – „Kompressorroute“

Den dritten Tag verbringen wir jetzt schon im Norweger Biwak am Fuß der Cerro Torre Ostwand. Das patagonische Wetter spielt Katz und Maus mit uns!

Vor zwei Tagen sind wir bei relativ schönem Wetter voller Tatendrang vom Bridwell Camp losgezogen. Der langsam, aber beständig steigende Luftdruck und der sternenklare Himmel an diesem Abend hob deutlich die Stimmung in unserem „1 bis 2 Mann – Zelt“; wir waren uns absolut sicher, am nächsten Tag endlich Hand an den Fels zu legen und konnten vor Aufregung kaum einschlafen. Um 2:00 hieß es jedoch: „Aus der Traum“. Regen prasselte auf unser Zelt...

Starker Wind und Regen bestimmen das Wetter in Patagonien

Starker Wind, Regen und schließlich Schnee hielten uns die folgenden 2 Tage hier oben gefangen. Endlich lässt der Sturm nach, wir packen unsere Sachen, deponieren einen Teil der Ausrüstung hier und kehren zurück ins Bridwell Camp – Lagerleben ist angesagt.

23. Dezember 2004 (2 Tage nach unserer Rückkehr): Es sollte ein Tag wie die vorherigen werden. Thomas steigt aus dem Zelt, aber euphorisch kommt er diesmal zurück. Wolkenloser Himmel - kein Lüftchen regt sich und der Cerro Torre erstrahlt in seiner ganzen Pracht. Der Anblick dieses Berges ist für uns überwältigend; unnahbar erscheint uns dieser Zapfen...

Am frühen Nachmittag machen wir uns erneut auf den Weg Tal einwärts. Hinein geht’s wieder über die ausgedehnten Schuttfelder des Torre Gletschers, vorbei am Norwegerbiwak, bis wir abends nach anstrengender Spurarbeit und kombinierter Kletterei die Schulter erreichen.

Biwak in der Schneehöhle des Bergschrundes

Wir nutzen sogleich noch das Tageslicht (von 4:30 bis 22:30 ist es hell!) und kooperieren mit den zwei sympathischen Briten Andy und Owen, die unseren Spuren gefolgt sind: Während Thomas und Owen verzweifelt nach dem Eingang einer angeblich vorhandenen Schneehöhle suchen, fixieren Andy und ich die ersten vier Seillängen. Nach schöner Granitkletterei bis zum unteren 7. Schwierigkeitsgrad kehren wir zu unseren Freunden zurück, die schließlich doch ein feines Plätzchen zum Schlafen bereiteten.

Die ersten 150 Meter liegen bereits hinter uns. Der Himmel ist zwar leicht bedeckt, aber kein Lüftchen regt sich. Obwohl gestern ungetrübter Sonnenschein herrschte liegt sehr viel Schnee in der Route und die Risse sind zum Teil stark vereist. Der „Banana-Crack“ nimmt uns auf und nach zwei weiteren Seillängen bis zum 6. Grad erreichen wir leichteres Gelände.

Glatte Granitplatten, versehen mit einer dünnen Eisschicht

Doch glatte Granitplatten, versehen mit einer dünnen Eisschicht und 15 cm lockeren Pulverschnee verlangen höchste Aufmerksamkeit. Wir fühlen uns verpflichtet an einer derartigen Kletterstelle eines unserer beiden Seile hängen zu lassen, um unseren britischen Freunden den Aufstieg zu erleichtern.

Mittlerweile hat sich das Wetter gebessert und voller Auftrieb und Begeisterung klettern wir simultan den 90-Meter-Quergang, welcher uns zum „Icy-Chimney“ hinüberleitet. Gezwungenermaßen legen wir eine Rast ein, wobei wir ungeduldig auf die Ankunft der Briten warten – endlich haben wir wieder unser zweites Seil.

A2 und Mixed 6 auf dem Weg zu den „Ice-Towers"

Mixed 6, technisch A2 und Mixed 5 bringt uns zum Beginn der „Ice-Towers“. An bizarren Eisskulpturen vorbei steigen wir höher. Starker, eisiger Wind fährt durch unsere Glieder und lässt die Seile erstarren. Nach den ersten Klettermetern in der „Headwall“ wird uns wieder warm und ich weiß – wir können es schaffen. Unglaublich als wir uns dann über den Kompressor schwingen, der nun schon seit mehr als 30 Jahren hier verankert ist.

Von hier aus gilt es nun die berühmte Bridwell-Länge, den abgeschlagenen Maestri Haken folgend, zu klettern. Nach gefinkelter technischer Kletterei an einigen Rivets, Copperheads und Normalhaken, erreichen wir nach kurzer Zeit das Gipfelplateau.

Gute Verhältnisse am Gipfeleispilz - 20m/80°

Der Gipfeleispilz präsentiert sich von seiner besten Seite – 20m/80°. Nach nunmehr 12-stündiger Kletterei, um 16:00 Uhr ist unser Traum dann ausgeträumt – wir stehen am Gipfel. Genau zum Zeitpunkt der Bescherung (20:00 Uhr MEZ) schütteln wir uns die Hände. Wir denken kurz an zu Hause und beginnen sogleich mit dem Abstieg.

Ein Schneesturm, 27 Abseilmanöver und 7 Stunden später erreichen wir müde aber überglücklich das Norweger Biwak.

Auch die Durchsteigung der Aguja Saint Exupery Westwand ist noch geglückt

Drei Tage später gelingt uns noch die Durchsteigung der Aguja Saint Exupery Westwand auf der Route „Claro de Luna“. 22 Seillängen in herrlichem Granit, die durchwegs den 6. bis 7. Grad verlangen, lassen unsere Herzen überschäumen.

Am Fritz Roy waren wir aber leider nicht mehr erfolgreich. Zwei Non-Stop-Versuche vom Bridwell-Camp aus endeten jeweils im Schneesturm.

Text und Fotos: Hansjörg Auer & Thomas Scheiber

Webseite von Thomas und Hansjörg unter: bergshop.com/cerro

Webtipp:

bergshop.com - der Onlineshop hat die Expedition unterstützt.

Infos Cerro Torre "Kompressor-Route"

Land: Patagonien - Argentinien

Höhe: 3102 m

Ausrichtung: Süd-Ost

Schwierigkeit: ED 6c (6a obl.)/A1. -700 m.

Erstbegangen: Am 2. Dezember 1970 von den Italienern C. Maestri, E. Alimonta und C. Claus

Topo: Topo-Kompressor-Route

Alpinhistorie Cerro Torre Besteigung

Im Sommer 1958/59 kamen Cesare Maestri und Toni Egger nach Patagonien und ihnen gelang die Besteigung des Cerro Torres über die Nordwand. Maestri und Egger erreichten also am 31. Januar 1959 als erste den Gipfel (3102m).

Die Crux der damaligen Route war der Eispanzer auf den fast senkrechten Felsplatten, auf diesem konnten die beiden mit Steigeisen aufsteigen. Kaum auf dem Gipfel, schlug plötzlich das Wetter um, der Eispanzer verabschiedete sich in die Tiefe und die beiden waren quasi gefangen. Unzählige Haken wurden von den beiden bei schlechtestem Wetter in den Fels geschlagen, um sich die ca. 1100 Höhenmeter wieder abzuseilen.

Toni Egger stirbt beim Abstieg vom Gipfel

In der Biwaknacht wurde Toni Egger von einer Eislawine erfaßt und erschlagen, Cesare Maestri wurde nach 6 Tagen halb wahnsinnig am Fuße des Berges aufgefunden. Einen Nachweis für die erfolgreiche Besteigung von Maestri/Egger gab es nicht.

Offene Zweifel an Maestris Gipfelerfolg

In den Jahren darauf starteten zahlreiche Versuche den Berg zu bezwingen - aber vergebens. Man fand Ausrüstung von Maestri und Egger im unteren Viertel der angeblichen Erstbesteigungsroute - erstmals wurden ganz offen und laut Zweifel an der Erstbegsteigung geäußert.

Maestri rückt mit einem Kompressor an

War Cesare Maestri wirklich bereits 1959 auf dem Gipfel gewesen? Maestri reagierte auf die Anschuldigungen auf sehr ungewöhliche Weise: Im Sommer 1970, also genau 11 Jahre später, kehrte Maestri zurück zum Cerro Torre, im Gepäck ein Kompressormonster. Unterstützt von moderner Technik "bohrte" er sich zum Gipfel hinauf und stoppte aber unter dem Eispilz.

Um es seinen Nachfolgern nicht allzu leicht zu machen, schlug er in den letzten Seillängen die Bohrhaken wieder ab - den Kompressor selbst lies er in der Wand zurück (und er hängt wie man sieht heute noch da).

Webtipp:

bergshop.com - das gut ausgestattete Bergsportgeschäft hat die Expedition unterstützt.



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