Andrzej Bargiel bei der K2 Ski Challenge 2018  (c) Piotr Pawlus / Red Bull Content Pool Andrzej Bargiel bei der K2 Ski Challenge 2018 (c) Piotr Pawlus / Red Bull Content Pool
14 August 2018

Interview mit K2 Ski-Befahrer Andrzej Bargiel

Lisa-Maria Laserer spricht mit dem jungen Polen über seine einzigartige Abfahrt, das Auschecken der Linie, seine Ausrüstung, seine Vorbereitung und seine Erfahrung

Seit wann fährst Du Ski, insbesondere seit wann befährst Du Steilwände und Steilwände in grosser Höhe?

Ich fahre seit meiner Kindheit Ski. Als ich 9 Jahre alt war, habe ich mein erstes Paar Ski von meinem Nachbarn gekauft und dachte damals, dass ich den „Deal meines Lebens“ gemacht hätte. Ich war so aufgeregt darüber, dass ich nicht schlafen konnte. Sobald der erste Schnee fiel, gingen ein paar Freunde und ich zu ein paar Hügeln, die in der Nähe meines Hauses waren. Wir bauten gemeinsam Skipisten und Sprungschanzen. Als ich älter wurde, zog ich in die Berge der Hohen Tatra, die zwar nicht sehr hoch sind, aber doch sehr anspruchsvoll. Dort gibt es eine Menge steiler Rinnen. Dort fing ich auch an zu trainieren und ich nahm an Wettkämpfen im Skibergsteigen teil. Zu dieser Zeit machte ich auch schon Abfahrten in steilem Gelände.

Danach verlegte ich meine Aktivitäten in die Alpen. Ich glaube es war 2006 als ich wirklich zum Steilwandskifahren begonnen habe und Steilwandskifahren in grosser Höhe fing ich nach dem Elbrus Race an. 2010 gelang mir bei diesem Rennen ein neuer Rekord, der bis jetzt nicht gebrochen wurde. Dieses Rennen zeigte mir auf, dass ich in grosser Höhe wirklich schnell sein konnte. Es stellte sich heraus, dass mein Körper in solchen Bedingungen sehr gut funktioniert und dass da ein grosses Potential für mich in dieser Nische des Sports ist. 2012 fuhr ich dann das erste Mal in den Himalaja. Ich war ein Teilnehmer einer Expedition, die vom polnischen Bergsteigerklub organisiert wurde und Teil des polnischen Winterbesteigungsprogramms 2010 - 2015 im Himalaja war. Das Ziel der Expedition war der Gipfel des Manaslu und obwohl die Bedingungen fürs Erreichen des Gipfels zu schlecht waren, gelang es mir bis auf 7.600 zu kommen und danach bis ins Basecamp auf 4.800m mit den Skiern abzufahren. Es stellte sich für mich heraus, dass Skifahren in grosser Höhe perfekt funktionierte. Nach dem Manaslu kam die Lhotse-Expedition. Aber da hatte ich das Gefühl, dass ich als Skifahrer nicht gut mit den Bergsteigern harmonierte. Ich war eben einfach schneller auf meinen Skiern und aus diesem Grund entschied ich mich fortan meine eigenen Wege zu gehen. Ich stellte das Projekt „Hic Sunt Leones“  auf die Beine, bei dem ich die höchsten Gipfel der Erde mit Skiern befahren will. 2013 organisierte ich so meine erste Expedition zur Shishapangma. Das war ein sehr wichtiger Moment für mich und diese Erfahrung ermöglichte es mir, seitdem viele interessante Projekte zu realisieren.

Was war vor dem K2 Dein grösstes skifahrerisches Highlight?

Es ist schwer das zu beantworten. In jeder Herausforderung liegt etwas Grossartiges. Besonders gut gefällt mir das Skifahren im Pulverschnee. Ich mag auch Freeriden und Skispringen sehr gern. Ich experimentiere herum und mache viele verschiedene Dinge. In der Sommersaison sind die Bedingungen im Karakorum und im Himalaja sehr gut, vor allem um diese hohen Berge zu befahren. Und genau diese Dinge, die es dort zu entdecken gibt, das damit verbundene Abenteuer und die Herausforderung interessieren mich.

Wie hast Du Dich auf die Befahrung des K2 vorbereitet? Hast Du spezifisch in der Höhe trainiert? Hast Du z.B. auch Falltraining gemacht – wie es einst Heini Holzer machte?

Ich trainiere wie für jeden anderen Ausdauersport auch. Das beinhaltet Berglaufen, Fitnessstudio, Radfahren. Und natürlich fahre ich viel Ski in sehr steilem und ausgesetztem Gelände, damit ich das Selbstvertrauen aufbaue. Jahrelange, konsequente Arbeit und das Akkumulieren von Erfahrung erlauben mir nun die richtigen Entscheidungen zu treffen und Risiken ein zu schätzen und zu analysieren. In Bezug auf Unfälle: Man muss schon darauf vorbereitet sein, den Pickel einzusetzen aber manchmal ist das Gelände so steil, dass das schwierig wird. Bevor ich zum K2 gefahren bin habe ich 5 Tage lang in einem Hypoxie-Zelt geschlafen, das die Höhe simuliert. Ich hatte nicht viel Zeit dafür, auch weil ich wusste, dass ich sowieso viel Zeit am Berg verbringen würde. Gott sei Dank akklimatisiert sich mein Körper schnell.

Welche Skischuhe hast Du beim K2 benutzt? Wir wissen ja, dass herkömmliche Schuhe fürs Höhenbergsteigen nicht benutzt werden können und normale Skischuhe sind normalerweise zu kalt.

Ich benutze französische Schuhe von Pierre Gignoux. Die sind leicht und die benutze ich schon seit jeher. Zusätzlich habe ich polnische Überschuhe aus Neopren, die sehr warm sind und ausserdem benutze ich Wärmeinlagen. Das alles zusammen passt gut für mich. Mir war nie kalt in der Höhe. Ich habe auch immer viele Ersatzbatterien mit. Dank deren gelingt es mir meine Füsse immer in der richtigen Temperatur zu halten.

Welche Ski und welche Bindung hast Du benutzt?

Ich habe Salomon Ski benutzt. Die waren eine Spezialanfertigung extra für diese Expedition. Die Bindung war eine Kombination aus Salomon und Dynafit. Es war wichtig, dass der Hinterbacken stabil war um ein Herausfallen aus der Bindung zu vermeiden. Es ist wirklich essentiell, dass man die Skier während einer solchen Abfahrt nicht verliert und dass die Bindung in so steilem Gelände nicht auslöst. Letztes Jahr, als ich schon mal am K2 war, hatte ich auch Salomon Ski und davor Atomic.

Hattest Du einen zusätzlichen Pickel dabei oder nur die Stöcke? Wenn Du einen Pickel hattest, hieltst Du ihn in der Hand oder war er auf einem der Stöcke fixiert?

In Abschnitten wo es sehr steil war, habe ich den Pickel vom Klettergurt genommen und hielt ihn gemeinsam mit dem Stock in meiner Hand. Das gab mir Sicherheit.

Wie waren die Bedingungen während der Abfahrt?

Die Bedingungen waren sehr unterschiedlich. Sie reichten von Eis bis sehr nassem Schnee. Die Wand ist 3.600m hoch und die Temperaturen ändern sich schnell zwischen Nacht und Tag. Man kann sagen, dass ich eigentlich alle möglichen Bedingungen angetroffen habe.

Eine der eisernen Regeln beim Steilwandskifahren ist, dass man nur die Route hinunterfährt, die man auch hinaufgeht. Das war bei Dir nicht der Fall: Der Aufstieg war anders als die Abfahrt. Hast Du Dir daher vor dem Aufstieg Deine Abfahrt irgendwie angeschaut oder zumindest Teile davon? Vielleicht während Deiner Akklimatisierung?

Vor 1 Jahr haben wir die Kukuczka-Piotrowski Route bis auf 6.500m erkundet. Wir wollten die Messner-Traverse nicht gehen. Ich wusste zwar, dass ich wohl auf dem Weg runter musste, aber die Traverse rauf zu gehen war einfach zu gefährlich. Die Route führt unter 200m hohen Seracs durch, von denen Eis und Lawinen losbrechen, so dachte ich, dass es besser wäre auf der Cesen Route aufzusteigen. Wir haben aber das ganze Gelände mit Hilfe der Drohne meines Bruders erkunden können. Während der heurigen Akklimatisierung  habe ich mir die Route nochmal von Camp 3 bis zum Basecamp angeschaut, um festzustellen, ob sie für eine Abfahrt auch sicher genug ist. Ich nahm Seile mit und befestigte diese an der Route. Sollte es zu einer extrem gefährlichen Situation kommen, würde ich diese Seile als Sicherheit haben. Oberhalb von Camp 3 bin ich sowieso fast die selbe Route aufgestiegen, die auch für meine Abfahrt geplant war. Natürlich war es nicht exakt die selbe Route, denn ich wollte auch keine anderen Bergsteiger in Gefahr bringen. Die Abfahrtsroute war ca. 200 – 300m von meiner Aufstiegsroute entfernt.

Hast Du Dich während der Abfahrt je an den Fixseilen angehalten? Wenn ja, wo genau?

Ich habe mein eigenes Seil 2x benutzt. Das erste Mal in der Traverse, unter den Seracs über dem Flaschenhals, für ca. 30 Meter denke ich. Ich musste das machen, vor allem weil Bergsteiger zur gleichen Zeit vom Gipfel abstiegen und ich Angst hatte, ich könnte eine Lawine lostreten, da sehr viel Schnee auf eisigem Untergrund war. Da es im Frühling sehr trocken gewesen war und es nicht geschneit hatte und erst danach der Schnee gekommen war, war die Schneedecke nicht sehr stabil.

Dann habe ich das Seil nochmal benutzt, für ca. 5 Meter glaube ich. Es war in einem Teil der Abfahrt auf der Kukuzcka-Piotrowksi Route um von einem Serac zum Grat zu gelangen.

Was sind Deine Projekte für die Zukunft?

Daran denke ich im Moment noch gar nicht. Zuerst muss ich mich mal erholen und möchte Zeit mit meiner Familie und Freunden verbringen. Ich bin erst seit ein bisschen über einer Woche wieder von der Expedition zurück und war noch nicht mal zu Hause.

Aber der Winter kommt und da werden sich sicherlich viele Gelegenheiten bieten um zu reisen und die besten Trainingsbedingungen zu schaffen. Und wenn ich mir dann ein neues Ziel setze, werde ich wohl nicht bis kurz davor darüber sprechen. Ich brauche nämlich meine Zeit und Ruhe fürs Training und für die Expeditionsvorbereitungen und die ganze Aufmerksamkeit durch die Medien ist dann nur eine Ablenkung.

Text: Lisa-Maria Laserer



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