15 Oktober 2013

Ueli Steck begeht Annapurna - Südwand Solo

Dem Schweizer Extrembergsteiger Ueli Steck gelang vor kurzem die Solobegehung einer neuen, direkten Linie an der Annapurna Südwand (8091 m) im Himalaya - inkl. Video!

The Swiss Machine

Dem Schweizer Extrembergsteiger Ueli Steck gelang vor kurzem die Solobegehung einer neuen, direkten Linie an der Annapurna Südwand (8091 m) im Himalaya. Diese Linie dürfte zu den eindrucksvollsten alpinistischen Leistungen der Gegenwart zählen.  

Ueli Steck, der über viele Jahre hinweg, mit den spektakulären Speedsolobegehungen der großen Westalpengipfel, mit schweren Wasserfällen im Solo, schnellen Alpinstil Begehungen und schweren Mixedklettereien Aufsehen erregte, gelang nun, im dritten Anlauf, sein lang gehegter Traum: Die Solobesteigung einer neuen Linie an der Annapurna Südwand.

Alle guten Dinge sind drei!

Bereits 2007 unternahm  Ueli Steck einen ersten Versuch die 2350 m hohe Wand im Alleingang zu besteigen. Ein einzelner, herabfallender Stein traf ihn dabei am Kopf, er verlor das Bewusstsein und stürzte rund 300 Meter ab. Wie durch ein Wunder überlebte er noch dazu ohne größere Blessuren.

2008 brach Ueli die Expedition erneut ab, um zwei in Bergnot geratenen Bergsteigern, zur Hilfe zu eilen. Einer der beiden Bergsteiger verstarb an einer Höhenkrankheit und Steck harrte wegen schlechtem Wetter, einen Tag neben der Leiche des Spaniers, in über 7000 Metern Höhe, aus. Für diesen beispiellosen Einsatz wurden Ueli Steck und Simon Anthamatten damals mit dem "Prix Courage" ausgezeichnet. Fünf Jahre nach diesem prägendem Erlebnis kam Steck zurück und vollendete sein Projekt. Diese Begehung hat für Ueli eine weit größere Bedeutung als irgendeinen Rekord aufzustellen.

28 Stunden ganz allein

"Es hat einfach alles funktioniert und es ist gelaufen!", so Ueli Steck. "Obwohl das Wetter gut war, war der Wind ziemlich stark. Don Bowie, mein Partner hat am Bergschrund die Entscheidung getroffen nicht in die Wand einzusteigen. Er meinte die Wand sei technisch zu anspruchsvoll um sie ohne Seil zu klettern" 

Anfangs war es für Ueli schwierig den Schalter auf "Alleine klettern" umzulegen, die perfekten Verhältnisse ließen ihn aber schnell in einen fokussierten Zustand kommen. Es lief fast wie von selbst. Auf 6100 Metern hatten sie zuvor, zum akklimatisieren etwas an Material deponiert, ein Zelt, einen Kocher, Gas und ein wenig Essen. Ueli packte das Zelt und den Kocher in seinen Rucksack, hängte den Schlafsack aus Gewichtsgründen an einen Normalhaken zum restlichen Zeug und machte sich auf den Weiterweg.

Bis unter die Headwall gings relativ einfach voran, dann auf einer Höhe von 6600 Metern wurde es windig und Spindrift kam von oben herab. Ueli wollte etwas abwarten, fand aber keinen geeigneten Biwakplatz, der den notwendigen Schutz gab. Schließlich fand er eine Spalte, in der er sein Zelt aufschlagen konnte. Das Wetter beruhgte sich, es wurde dunkel und er wusste das war seine Chance, denn am nächsten Morgen würde es sicher wieder windig werden.

Die einzige Möglichkeit den Gipfel zu erreichen war  bei Nacht. 
Also brach Ueli eine Stunde, nachdem ich das Biwak errichtet hatte, wieder Richtung Headwall auf. Über dünne Eis und auch Felspassagen ging es, überraschenderweise nicht ganz senkrecht nach oben. Ideal zum schnellen Solokletterns, einzig die Kälte machte ihm zu schaffen.

Bei einer kurzen Rast kam eine Ladung Spindrift von oben und spülte seine Kamera und einen seiner Daunenüberhandschuhe mit nach unten. In der Folge musste er den Überhandschuh ständig wechseln (von einer Hand auf die andere).  

Die Headwall war zum Glück kürzer als erwartet, an Seillängen musste er auch nicht denken, da er ja kein Seil verwende, aber sein Gefühl sagte ihm, dass er den oberen Teil relativ schnell hinter mich brachte. Dort wurde ihm dann auch plötzlich das erste mal bewusst, wo er sich befand und was das alles zu bedeuten hatte. "Ich wusste es war eine Rennen gegen den Wind" sagte sich Ueli Steck und kämpfte sich weiter nach oben bis er den Gipfel erreichte.

Er konnte es nicht galuben, es war Nacht, die Sterne leuchteten. Ueli blickte auf seinen Höhenmesser, blickte auf den Kamm und wusste, dass er am höchsten Punkt war. Nach weniger als fünf Minuten machte er sich aber sofort an den Abstieg. Er war total angespannt und sein Ziel war unten der Bergschrund, denn erst dort ist alles vorbei...

Ueli Steck (US) aus Kathmandu im Gespräch mit planetmountain.com (PM)

PM: Das war dein dritter Versuch an der Annapurna Südwand. Was bedeutet dir das?

US: Es war schwer es erneut zu versuchen. Irgendwie war ich aber überzeugt, dass es klappen würde. Aber was wenn ich erneut scheitere??

PM: Einige haben diese Begehung bereits als "Die Besteigung des Jahrzehnts" beschrieben. Wie siehst du das ganze?

US: Ich glaube diesmal hatte ich einfach Glück. Ich war gut vorbereitet und hatte wohl die Bedingungen des Jahrhunderts.

PM: Du bist auch bekannt als "Swiss Machine". Wie findest du diesen Spitznamen und wie hängt er mit deinem Zugang zum Bergsteigen zusammen?

US: Für mich persönlich ist Leistung ein zentraler Bestandteil. Ich liebe es Routen zu machen die mich fordern und die schwer sind für mich. Sich dann am Abend total erledigt zu fühlen ist etwas ganz wichtiges für mich. Obwohl ich das Ambiente genieße ist es nicht das Entscheidende, viel wichtiger ist mir meine Grenzen ständig neu auszuloten.

PM: Was hast du alles mitgenommen für deinen 28 Stunden Trip?

US: Ein 60 Meter langes und 6mm dickes Seil, zwei Eisschrauben, 5 Normalhaken, ein paar Karabiner und Schlingen, Sanduhrenfädler, Messer, Helm, Dartwin Steigeisen, zwei Quark Eisgeräte, Gurt, eine Daunen und eine Primaloft Jacke, Daunenhandschuhe zum überziehen, Schibrille, Sonnenbrille, einen Kocher, ein Zelt, eine Gaskartusche, Satphone, Sonnencreme, Stirnlampe mit Reservebatterien, Erst Hilfe Kit, 6 Power Bars, 3 Energy Blends, 2 Perronin und 100 Gramm Käse. 

PM: Hast du jemals daran gedacht es nicht schaffen zu können?

US: Als meine Daunenhandschuhe die Wand hinunter gewaschen wurden, wurde ich ein wenig unsicher.

PM: Was hast du dir als erstes gedacht als du den Gipfel erreicht hast?

US: Das war irgendwie komisch. Es war einfach irgendwie so, dass es nicht mehr aufwärts ging, nichts mehr wo man hochklettern musste. Man konnte nichts mehr tun als umdrehen und absteigen. Das wars, dann bin ich abgestiegen.

PM: Wieviel hast du riskiert, wieviel Spaß hast du dabei gehabt und wie groß waren die Strapazen? (1 wenig 10 groß)

US: Spaß: 8 ; Strapazen: 5 ; Risiko: 7

PM: Was sollen die Leute über die Begehung sagen? Was würdest du schreiben??

US: Es gibt keinen Grund irgendwas darüber zu schreiben...

PM: Du schwimmst praktisch gegen den Informationsstrom und hast nichts an Informationen rausgesendet außer eine SMS. War das eine bewusste Entscheidung und wenn ja, warum?

US: Das reicht ja vollkommen aus. Ich versuche einfach mich so viel wie möglich aufs Klettern zu fokussieren. Das ist was mir am liebsten mache. Klar habe ich Sponsoren, die es mir ermöglichen solche Sachen zu machen, aber die Annapurna Südwand habe ich nur für mich gemacht. Das mag jetzt vielleicht ein wenig eigennützig klingen, aber es war mit Sicherheit eine meiner reichsten Erfahrungen überhaupt. Ich hatte ein geniales Team an Leuten die mich unterstützt haben und Don Bowie gab mir die Möglichkeit es alleine zu versuchen, da er am Bergschrund umkehrte und so kletterte ich alleine. Es war genial.

PM: Du hast uns versprochen, deine Sichtweise des heutigen Alpinismus, mit den schönen und unschönen Aspekten, zu erläutern.

US: Hmmm, garnicht so leicht. Am Ende des Tages muss jeder selber entscheiden was und vor allem wie er es machen will. Man kann Höhenbergsteigen nicht mit Freiklettern vergleichen und kann auch nicht sagen was eine höhere Wertigkeit hat. Tatsache ist, dass es schlicht und ergreifend bedeutungslos ist. Jeder muss sich selber im klaren sein, wie er klettern will, ich persönlich habe aufgehört darüber nachzudenken. Ich habe mir, letzten Frühling ein Bild gemacht und das behalte ich für mich.

PM: Es wird oft behauptet, dass man nach Erreichen eines bestimmten Zieles sofort das nächste vor Augen hat. Trifft das auch auf dich zu?

US: Mein inneres Feuer brennt wieder mal, es ist zwar nach dem Everest fast erloschen, aber jetzt brennt es wieder lichterloh. Das macht mich glücklich und ich glaube, ich habe die Freude am Leben wieder mal entdeckt. 

Webtipps:

www.uelisteck.ch

www.planatmountain.com

www.mountainhardwear.com


 

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