Igor Koller in der 18. Länge, die 2. Länge nach dem Fisch 1981 (c) Igor Koller Igor Koller in der 18. Länge, die 2. Länge nach dem Fisch 1981 (c) Igor Koller
02 September 2019

40 Jahre Weg durch den Fisch - Marmolada

Vor genau 40 Jahren schrieb Igor Koller – der Eroberer aus dem Osten mit seiner Erstbegehung “Weg durch den Fisch“ Klettergeschichte

Der Fisch ist eine kleine Nische in der Mitte des glattesten Teils der 800 Meter hohen Marmolada Südwand und ein gewaltiges Stück Klettergeschichte! 1981 eröffnete der Slowake Igor Koller gemeinsam mit Jindrich Šustr eine Route durch diesen abweisenden Wandteil. Die Via Pesce galt damals als die schwierigste Dolomitentour und war auch umstritten, da Koller fünf kurze Stellen technisch kletterte und sich an weiteren sechs Stellen mit dem Cliffhänger half. „Aber zehn Meter künstliche Kletterei in einer 800 Meter Wand sind doch kein Unglück“ erwiderte Koller.

Seit 1973 war Igor Koller regelmäßig an dieser großen Dolomitenwand unterwegs, zeitgleich mit Heinz Mariacher. Beide verfolgten aber unterschiedliche Stile. Der Purist Mariacher seilte immer wieder ab, wenn ihm die Wand vor sich zu schwierig wurde und suchte eine leichtere Durchstiegsmöglichkeit. Igor Koller verwendete hingegen eingeschränkt Haken und Cliffs zur Überwindung schwierigster Wandstellen - der Einsatz eines Bohrers war für ihn aber tabu. Und so kam es auch, dass Koller als erster eine Route durch die ebenfalls von Mariacher versuchte Wandzone legte. Die “Via attraverso il Pesce“ war das eindrucksvolle Ergebnis von Kollers Begehungsstil. 

Anfangs fand die Route der Eroberer aus dem Osten nur wenig Beachtung, zu wenig war über die Kletterer aus dem Ostblock, die mit schrulligen Kletterschuhen an Sandsteintürmen kletterten und zur Absicherungen Knotenschlingen in Risse legten, bekannt. Erst als Jahre später die Route von Manolo Zanolla, Heinz Mariacher, Luisa Iovane und Roberto Bassi versucht wurde, verstand die Kletterwelt, dass Igor Koller und Jindrich Šustr - Jindro war damals gerade mal 17 Jahre alt, erwies sich aber als starker Vorsteiger - dort die wohl schwerste Dolomitentour eröffnet hatte. Die 900 Meter lange Route war extrem schwierig: Von den 37 Seillängen sind weite Strecken 6b (UIAA 7), anhaltende 6b+ (7+) Seillängen und einige A0 und A1 Passagen an schlechten Haken. Koller und Šustr zeigten erstmals, dass man auch mit Klemmkeilen und spärlich eingesetzten Normalhaken extrem schwer klettern konnten. 

Heute wird die Route mit 9- und 7+/8- obligat eingestuft und der “Weg durch den Fisch“ gilt als langer, schwieriger und alpiner Klassiker, dem nicht ganz zu Unrecht ein gewisser Nimbus anhaftet. Damals war „der Weg durch den Fisch“ nicht einfach nur eine Neutour an der Marmolada Südwand, es war eine neue Art, schwierigsten Wänden zu begegnen und sie zu bezwingen. Igor Koller und der junge Student Indřich Šustr, die davor noch nie miteinander als Seilschaft kletterten, stiegen am 2. August 1981 mit einem Biwaksack, zwei Kerzen, zwei Scheiben Brot, zwei Liter Wasser, etwas Wurst und Käse, zwei 45 Meter-Seilen, 25 Karabinern, 15 Haken, einen Satz Keile und zwei Cliffhänger in die Wand ein. 

Igor Koller plante für den Durchstieg nur ein Biwak im Fisch, doch am zweiten Tag konnten die beiden lediglich 100 Meter erschließen, zu groß waren die Schwierigkeiten an der glatten Felswand oberhalb vom Fisch (Felsnische). Am 4. August erreichten sie den Ausstieg - Igor Koller: „In der Grotte der Madonna endete unser Traum vom “Weg durch den Fisch“. Nur ein kleiner Stachel schmerzte in unseren Gedanken; es war uns nicht gelungen, diese Route absolut frei zu klettern. Ich würde mich freuen, wenn einer kommt und diesen Anstieg völlig frei klettern wird.“ 

Sechs Jahre später gelang dieses Kunststück Heinz Mariacher und Bruno Pederiva (17. u. 18. 8. 1987). Ein Jahr später klettere auch Igor Koller seinen „Weg durch den Fisch“ rotpunkt. Auch in den nächsten 20 Jahren blieb Igor Koller der Marmolada treu und eröffnete 20 Neutouren mit Schwierigkeiten bis 9/9+.

Igor Koller ist kletternd auf der gesamten Welt unterwegs (siehe unten) und erst vor wenigen Wochen gelang ihm mit 67 seine erste 9/9+ Tour in der Halle.


Ingor Koller


Igor Koller wurde am 2. September 1952 geboren, war bis 1989 Bauingenieur, danach freier Fotograf, Journalist und Kletterer. Igor ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit 2000 ist er Generalsekretär und von 2007-2019 Präsident des Slowakischen Bergsteigerverbandes JAMES. 1987 und 1989 gewann er den “Memorial Milan Krissak” Fotowettbewerb. 

Wettklettern:

1981, 1982 – Gewinner des Slovak Cups – lead

1981, 1982, 1984 – Gewinner der Slowakischen Bouldermeisterschaft

Sportklettern und Alpinklettern

Über  140 Erstbegehungen in der Slowakei und rund 35 Erstbegehungen im Sandsteingebiet (max. 8+/9- )

1973 - Antigravitation (7), Kalamarka, 1. Begehung

1977 – The edge of  Kalamarka (7), Teplicke skaly, Sandstein, 1. Begehung  und 2017 (40 Jahre nach der EB rotpunkt)  

1980 - Notre Dame (8+), Teplicke skaly, Sandstein, 1. Begehung  

1983 – Maybe tomorrow (8+), Teplicke skaly, Sandstein, 1. Begehung  

1983 – Self-reproach (8+), Teplicke skaly, Sandstein, 1. Begehung  

2019 –9/9+ in der Halle

Hohe Tatra

Rund 30 Erstbegehungen und Winter-Erstbegehungen

1974 – Vysna Barania straznica, Andrej Belica – Igor Koller, 1. Begehung  

1974 – Mala Zlta stena, Ostwand, The eyes full of moss, Andrej Belica – Igor Koller, 1. Begehung  

1974 – Lomnicky stit, Westwand, The sweet route, Andrej Belica – Igor Koller, 1. Begehung  

1975 – Pusta straz, Nordwand, The route through the spider, Igor Koller – Peter Kosik, 1. Begehung  und 1. Winterbegehung mit Andrej Belica

1978 – Rohovy hreben, The slabs of the right pilar, Andrej Belica – Igor Koller, 1. Begehung  und 1. Winterbegehung mit Andrej Belica 

1980 – Veza Zeleznej brany, Nordwand, The dihedral route (1. Winterbegehung) a The route in centre of The Right Tower of Kacaci Mnich (3. Winterbegehung), 1. Winterbegehung der gesamten Wand Andrej Belica – Igor Koller

1981 – Veza Zeleznej brany, Nordwand, The Poland chimney and The left chimney of Marek, Stanislav Glejdura – Igor Koller, 1. Winterbegehung an einem Tag. 


Alpen und andere Berge

- 1973 - Marmolada, Via Slovakia, 1. Begehung

- 1975 - Bergell, Piz Badile, Direkte Ostwand, Slowakenroute, 1. Begehung

           - Bergell, Fuori di Sciora, Westwand, Rain crack, 1. Begehung

- 1976 - Petit Dru, Westwand, Hemming route, 1. Wintergegehung ( 7 Tage )

            - Petit Jorasses, Direkte Westwand, 1. Begehung

- 1977 - Pamir,  Peak "marshal Zukov ",  6800 m, Ostwand, 1. Begehung und Traverse

              zum Peak "Lenin", 7134 m

- 1978 - Bergell, Piz Badile, Nordoswand, White lines, 1. Begehung 

            - Bergell, Piz Badile, Nordostwand, Route of flowers, 1. Begehung

            - Bergell, Piz Cengalo, linker Bereich des Westgrats, 1. Begehung

              (drei Neutouren in 10 Tagen)

- 1981 - Marmolada, Weg durch den Fisch, 1. Begehung 

- 1982 - Pamiro - Alaj, Fan mountain, Bodchona, 5300 m, Westwand, 1. Begehung 

- 1983 - Les Droites, Nordwand, Klassische Route Winterbegehung

- 1985 - Marmolada, Via Italia, 1. Begehung 

- 1986 - Marmolada, Grande traversa, 1. Begehung

- 1987 - Marmolada, Route of pigeons 1. Begehung            - 1988 - Marmolada, Weg durch den Fisch – 2. Rp.

              Begehung

- 1991 - Marmolada, Fram, 1. Begehung

           - Marmolada, La mamma, 1. Begehung

           - Marmolada, Vivat Gorbi, 1. Begehung

- 1992 - Marmolada, The Last President, 1. Begehung

           - Marmolada, Dirty Politics, 1st ascent 

           - Marmolada, The rain from the clear heaven, 1. Begehung 

           - Sass Maor, The Change is Life, 1. Begehung 

- 1993 - Marmolada, 40 years for Falier, 1. Begehung

           - Marmolada, Elsa, 1. Begehung

- 1994 - Picco Luigi Amedeo / Bergell /, Feri Ultra, 8-, 1. freie Begehung

           - Picco Luigi Amedeo, Denti del Granito, 8-, A1, 1. Begehung

- 1995 - Qualido /Bergell/, Paradiso puo Attendere, 9-, 1. freie Begehung

- 1996 - Qualido /Bergell/, Maybe yes, maybe no, 8, A1, 1. Begehung

- 1998 - Grande Rocheuse, “Late to Say I´m sorry”, ABO-, Winterbegehung

           - Marmolada, Amico Feo, 8+, A3, 1. Begehung

- 1999 - Marmolada, Milenium, 9/9+, 1. Begehung 

- 2000 - Freissinieres valley, Gramusat direct, VI/6+ (or IV/6?), 

              Igor Kollers schwierigster Eisfall

- 2002 - Indian Himalaya, Miyar Valley, Castle Peak, The Sharp Knife of Tolerance, 500 m   bigwall climbing, 8+, A3, 1. Begehung ohne Gipfel

- 2004, 2005 - Karakoram, Shipton Spire, Neutour “Shipton prizeners”, 800 m Bigwall und nach 500 m auf der Route “Ship of Fools”,  8, A3, WI 5+,  bis zwei Seillängen unter den Gipfel

- 2006, 2009 - Marmolada, Via Edita, 8, A1, 1. Begehung (nicht bis zum Gipfel)

- 2016 - El Cap, The Nose (95% im Vorstieg)

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