Hier oben kann es schon mal richtig eisig werden. Wer beim Bergsteigen nicht vorbereitet ist, begibt sich mitunter in ernsthafte Gefahr durch die Kälte. ©  stock.adobe.com / ueuaphoto Hier oben kann es schon mal richtig eisig werden. Wer beim Bergsteigen nicht vorbereitet ist, begibt sich mitunter in ernsthafte Gefahr durch die Kälte. © stock.adobe.com / ueuaphoto
31 Januar 2020

Beim Bergsteigen warm bleiben - die wichtigsten Massnahmen

Die wichtigsten Maßnahmen und Tipps zusammengetragen, mit denen Bergsteiger auf ihren Touren möglichst warm bleiben.

So viel Spaß das Bergsteigen auch macht, es ist leider nicht immer ganz ungefährlich. Immer wieder verletzen sich Bergsteiger und hin und wieder verunglückt auch einmal jemand schwerer und muss etwa mit einem Rettungshubschrauber ins nächste Hospital gebracht werden. Doch selbst, wenn die Tritte sitzen und die Erfahrung Unglücke verhindern, bleibt eine weitere Gefahr vorhanden: Die Gefahr der Unterkühlung.

Denn gerade während Touren im Winter sowie in extremen Hochgebirgen und in arktischen Regionen, aber auch auf ganz normalen Wanderungen in den Bergen kann es durchaus einmal richtig kalt werden. Obwohl Bergsteiger meist in Bewegung sind, sind sie alleine dadurch oft nicht ausreichend vor der Kälte geschützt. Wir haben daher im Folgenden die wichtigsten Maßnahmen und Tipps zusammengetragen, mit denen Bergsteiger auf ihren Touren möglichst warm bleiben.

Dinge, die grundsätzlich immer zu beachten sind

  • Eine der häufigsten Todesursachen in den Bergen ist nicht die Auskühlung des Körpers alleine. Die Kombination aus Erschöpfung und Auskühlung ist das Gefährlichste. Wenn der Körper erschöpft ist, kann er auch nicht mehr so viel Wärme produzieren. Denn wie wir alle wissen entsteht Wärme durch das Verbrennen von Energie. Und wenn der Großteil der Energie bereits fürs Bergsteigen und Vorankommen draufgegangen ist, bleibt vielleicht nicht mehr so viel übrig für die Wärmeproduktion. Daher gilt: Sich nicht übernehmen und eine anstrengende Tour lieber vorzeitig abbrechen und nicht auf Teufel komm raus noch zu Ende bringen wollen!
  • Für die Erzeugung von Energie brauchen wir Nahrung. Versorgen wir unseren Körper mit zu wenig Nahrung, können wir nicht genügend Energie in Stoffwechselprozessen umwandeln, um uns zu bewegen oder uns warm zu halten. Deshalb ist es wichtig, während Touren in den Bergen nicht nur ausreichend Wasser oder isotonische Getränke, sondern auch immer genügend Nahrung dabeizuhaben.

Der Bergsteiger Jimmy Chin, der im Jahr 2011 als Erster den Mount Meru über die Shark's Fin bestieg, berichtete in einem Interview mit dem Magazin Vice: "Auf dem Berg ernähre ich mich unter anderem von Triathleten-Nahrung: Riegel, Studentenfutter, aber auch echte Sandwiches und Energy-Drinks. […] Wenn man einen langen Tag auf dem Berg vor sich hat, kann man sich nicht zu viele Sorgen darüber machen, wie etwas schmeckt. Nahrung ist einfach nur das Benzin im Tank."

Und mehr muss man dazu eigentlich auch nicht sagen.

  • Das Gerücht, dass Alkohol wärmt, stimmt nicht so ganz. Alkohol vertreibt das Kältegefühl und macht warme Gedanken. Und Alkohol betäubt den Körper, weshalb Kälte nach dem Konsum oftmals nicht mehr so stark wahrgenommen wird. Eigentlich bewirkt Alkohol aber das Gegenteil von dem, was viele sich erhoffen – er kühlt den Körper aus, indem dessen Schutzmechanismen nicht mehr so effizient funktionieren: "Alkoholhaltige Heißgetränke sollten nicht zum Aufwärmen konsumiert werden. Die Binsenweisheit, dass Alkohol den Körper wärmt, kann so nicht aufrechterhalten werden, denn Alkohol führt zu einer Weitstellung der Blutgefäße an der Hautoberfläche und damit zu einem stärkeren Wärmeverlust", erklärt Dr. Dieter Conrad, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Hessen e. V.

Der Flachmann mit dem Schnaps sollte – wenn überhaupt – also am besten frühestens am Abend in der Berghütte rausgeholt werden.

Die optimale Kleidung wählen

Schutz vor Wind und Feuchtigkeit

Selbst, wenn die Lufttemperatur sich in den Bergen oft in Maßen hält, gibt es da ja noch die gefühlte Temperatur. Sie unterscheidet sich von der Lufttemperatur aufgrund diverser Faktoren – unter anderem aufgrund des Windes. Der sogenannte "Windchill" bezeichnet im Speziellen den Unterschied in der Temperaturwahrnehmung abhängig von der Windgeschwindigkeit. Gerade bei Temperaturen die sich deutlich unterhalb der Körpertemperatur bewegen, senkt der Windchill die gefühlte Temperatur deutlich. Es ist deshalb ganz wichtig, dass die Kleidung fürs Bergsteigen winddicht ist.

Vor kurzzeitigen starken Windböen kann und sollte sich zusätzlich mit Zelt, Plane, einer Schneehöhe oder Steinmauer und Ähnlichem geschützt werden. Denn schon bei -5 Grad, die sich eigentlich mit der richtigen Kleidung einfach aushalten lassen, werden bei einer Windgeschwindigkeit von durchaus realistischen 65 km/ h gleich einmal -16 Grad gefühlte Temperatur.

Ebenfalls wichtig ist der Schutz der Kleidung beim Bergsteigen gegen Feuchtigkeit. Nur, wenn alle isolierenden Schichten, die den Körper umgeben, vollkommen trocken sind, können sie auch gegen Kälte schützen. Stark verschwitzte Kleidung sollte deshalb auf längeren Touren bald gegen trockene getauscht werden. Vor allem, bevor man sich am Abend in den Schlafsack begibt. Und natürlich darf auch das Material nicht vergessen werden.

Das richtige Material

Was das richtige Material angeht, muss vorab gesagt werden: Nicht jeder kommt mit einem bestimmten Material gleich gut zurecht. Für viele ist High-Tech-Trekking-Funktionskleidung in allen Schichten ein absolutes Muss, andere fühlen sich, gerade was die Unterwäsche mit direktem Hautkontakt angeht, mit reinem Polyester oder Polypropylen einfach unwohl.

Wer wenig schwitzt, kommt daher vielleicht auch mit sportlicher Unterwäsche mit hohem Baumwollanteil zurecht, die sich gut an den Körper anschmiegt, nicht reibt und angenehm tragen lässt. Und die zusätzlich für alle Stilbewussten oft noch ein wenig schicker ist, als schnöde Funktionswäsche. Gerade was die Socken angeht, kann Baumwolle übrigens richtig sinnvoll sein. Denn Baumwolle verfügt über eine hohe Saugkraft, sodass Schuhe sich mit Baumwollsocken gut trockenlaufen lassen. Sind die Socken dann feucht geworden, sollten sie natürlich zügig wieder ausgetauscht werden.

Alternativ kann für die Unterwäsche auch zu Merinowolle gegriffen werden. Sie transportiert zwar den Schweiß besser, allerdings ist sie auch deutlich teurer. Außerdem verfilzt sie nach einigen Touren oft schnell und ist komplizierter in der Pflege.

Was die äußeren Schichten und vor allem die Jacke angeht, ist man mit hochwertiger Funktionskleidung am besten beraten. Über der Unterwäsche ein Funktionsshirt und ein Fleecepullover, der ebenfalls gut wärmt und die Feuchtigkeit nach außen trägt und darüber wiederum Isolationsjacken bzw. wattierte Jacken mit Polyesterfaser-Füllung sind optimal. Letztere wärmen gegenüber Daunenjacken auch bei Durchfeuchtung und sind weniger anfällig. Außerdem kosten sie weniger, als Daunenjacken und lassen sich vielseitiger einsetzen. Daunenjacken wiederum eignen sich prima für die Pausen oder im Camp sowie um nachts den Schlafsack zu unterstützen.

Übrigens gibt es auch hochmoderne Isolationsjacken, bei denen wärmende, robuste Wolle mit hybrider Technologie kombiniert wird. Am besten verschafft man sich einmal einen Überblick und probiert verschiedene Modelle an. Schließlich spielt der Tragekomfort auch eine wichtige Rolle.

Der Klassiker: Das Zwiebelprinzip

Wir müssen es vermutlich nicht mehr erwähnen, tun es aber an dieser Stelle dennoch noch einmal: Immer daran denken, dass viele dünne Schichten besser wärmen, als wenige dicke. Fünf Schichten sind bei kalten Temperaturen optimal: Unterwäsche, leichtes Fleece-Shirt, warmer Fleece-Pullover, windabweisende Funktionskleidung und Regenjacke zum Beispiel sind eine gute Lösung.

Während des Schlafens nicht auskühlen

Wer nicht auf das Gewicht bei seiner Tour achten muss, ist, was das Schlafen angeht, klar im Vorteil. Dann nämlich können Schlafsäcke mit Decken kombiniert werden, bis einem kuschelig warm ist. Meistens allerdings müssen Bergsteiger sich nun aber einmal auf ein Minimum an Gewicht beschränken. Dann gilt es, ebenfalls am besten auf das Zwiebelprinzip zurückzugreifen.

So hat es sich für viele Bergsteiger bewährt, für Übernachtungen im Schlafsack keine extrem warmen Expeditionsmodelle zu wählen. Stattdessen lohnt sich ein gewöhnlicher 3-Jahreszeiten-Schlafsack, der bei großer Kälte mit einem etwa 500 Gramm leichten Daunenschlafsack ergänzt wird, mitunter mehr. So kann auch besser variiert werden und die Isolation ist oft sogar besser, als bei dem einen dicken Modell. Und die Kombi nimmt vielleicht trotzdem nicht mehr Platz im Gepäck weg.

Wichtig ist nur, dass bei der Kombi von Daunenschlafsack und Synthetikschlafsack zweiterer außen liegt. Dann nämlich liegt der Taupunkt in der Kunstfaser, was eindeutig von Vorteil ist. Übrigens kann natürlich etwa auch eine Flasche mit warmem Wasser als Wärmflasche im Schlafsack verwendet werden. Zum Kältehöhepunkt der Nacht ist diese Wärme zwar meistens dann verbraucht, immerhin begibt man sich so aber halbwegs warm in den Schlaf.

Weitere wichtige Tipps

Abschließend noch einige weitere allgemeine Tipps, wie es Bergsteigern während ihrer Touren nicht kalt wird:

  • Bei der Wahl der Schuhe ist zu beachten, dass diese eher ein wenig zu groß, als zu klein gekauft werden sollten. Denn beim Bergsteigen und Wandern schwillt der Fuß zum einen sowieso noch leicht an und füllt den Schuh dadurch etwas mehr aus. Außerdem bedeutet mehr Platz im Schuh auch mehr Luft, die sich erwärmen und den Fuß so warmhalten kann. Ansonsten hilft auch aktive Zehenbewegung in den Schuhen, damit die Füße auch bei Pausen nicht auskühlen.
  • Im Gegensatz zu Alkohol können heiße Getränke von innen schön wärmen. Am besten bewahrt man sie in Edelstahl-Thermoskannen mit Vakuumisolierung auf, denn hier bleiben sie am längsten warm.
  • Wer raucht, sollte immer bedenken, dass er im Unterschied zu Nichtrauchern verengte Blutgefäße hat. Das bedeutet leider auch, dass das Risiko von Erfrierungen steigt.
  • Damit Getränke während des Bergsteigens in eisiger Kälte nicht einfrieren, kann es helfen, ihnen eine ordentliche Portion Zucker zuzufügen. Dadurch erhöht sich der Gefrierpunkt etwas.
  • Und zum Abschluss ein Tipp, der auch nie oft genug gegeben werden kann: Bei besonders anspruchsvollen Touren bitte immer mindestens zu zweit sein und den anderen nicht aus den Augen verlieren. Kommt es einmal zu Erfrierungen, kann der Begleiter mit seiner Körperwärme die betroffenen Stellen anwärmen oder durch leichte Massagen passiv bewegen. Wer alleine unterwegs ist, hat es, auch was die kalten Temperaturen betrifft, einfach immer deutlich schwerer!

PS + ACHTUNG: Eine Erfrierung gilt unter gewissen Umständen bei der Versicherung nicht als Berg-Unfall!



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