Mein Großvater legte vermutlich den Grundstein für meine heutige Bergleidenschaft, er nahm uns Enkel immer auf seinen Wanderungen in die heimatlichen Berge mit. Keine großen namhaften Berge, keine schwierige Touren, eigentlich nichts Besonderes. Für uns Kinder war es aber immer aufregend und ein Abenteuer. Ich wuchs heran und die Touren die ich machte wurden ebenfalls „größer“. Die Klettereien wurden schwerer, die Touren länger und sie beschränkten sich nicht nur mehr auf die warme Jahreszeit. Im Winter gibt’s Eis und auf Eis lässt es sich ebenfalls gut klettern. Mit den Jahren habe ich einige große Klassiker in Fels und Eis gesammelt. Nahezu jedes kletterbare Wochenende verbrachte ich in irgendeiner Wand. Ich lebte fürs Klettern.
Dann stand bei mir unerwartet eine berufliche Neuorientierung an. Im neuen Job arbeite ich oft an Wochenenden und habe dafür unter der Woche oft frei. Kling ja prinzipiell nicht schlecht, aber leider hatten fast alle meine Kletterpartner „Montag-Freitag“ Jobs… dadurch entwickelte sich bei mir ein chronischer Mangel an Kletterpartnern. Ich machte einige Touren Free Solo aber das stellte für mich langfristig keine Lösung des Problems dar.
Was Neues musste her und so begann ich mit dem Gleitschirmfliegen. Wenn ich unter der Woche frei haben würde und wiedermal keinen Kletterpartner zur Hand habe ich in die Luft gehen und am Wochenende wenn ich jemanden zum Klettern habe in eine Wand. Super, Problem gelöst. Nur habe ich die Rechnung ohne den Wirten gemacht. Mich packte das Flugfieber und immer öfter entschied ich mich an einem schönen Wochenende nicht für eine Wand, sondern für das Fliegen. Das Klettern geriet zusehend in den Hintergrund.
Ich durfte im Frühling dieses Jahres für ein Gleitschirmmagazin als Testpilot tätig sein und im Zuge dessen bekam ich einen besonderen Schirm in die Hand. Der Schirm trägt den Namen „Ultralight Flying Objekt“ kurz UFO und wurde Anfang des Jahres vom Tiroler Gleitschirmhersteller AirDesign auf den Markt gebracht. Das Besondere: der Schirm hat nur 1,7 kg, lässt sich sehr klein zusammenpacken und hat gute Flugeigenschaften.
Sofort ging mir ein Gedanke durch den Kopf. Klettern und Fliegen!!! Der Schirm ist so klein und kompakt zu packen, dass er in jeden Alpinrucksack passt ohne beim Klettern großartig zu behindern. Ich wollte diese Idee gleich in einer großen Wand umsetzten und habe dabei die Dachstein Südwand ins Auge gefasst. Ein Klassiker sollte es werden, der Steiner - gut 1000Meter klassische Kletterei im atemberaubenden Ambiente der Dachstein Südwand.
Anfang September ist es soweit gewesen, ich hatte frei, einen Kletterpartner und das Wetter hätte nicht besser sein können. Am Vortag fuhren mein Kletterpartner Markus Pühretmayr und ich in die Ramsau und stiegen zur Dachstein Südwandhütte auf. Verbrachten dort einen gemütlich Hüttenabend und holten uns beim Hüttenwirt Andreas Perner die aktuellen Infos über die Tour ein.
Nächsten Morgen brachen wir früh auf, zu unserer Überraschung schlug uns beim Verlassen der Hütte nicht die erwartete kühle Morgenluft entgegen sondern ein angenehm warmes Lüftchen. Wir haben Anfang September und es ist hat laue Temperaturen wie in einer Hochsommernacht im Tal. Zügig stiegen wir zum Einstieg des Steinerweges. Das ehemalige Einstiegsschneefeld ist de facto nicht mehr vorhanden. Wir Seilen uns an und steigen ein. Zügig kommen wir voran, den Schirm im Rucksack merke ich kaum. Am Ende der Rampe machen wir eine kurze Pause, 2h bis hierher, wir liegen gut in der Zeit und steigen weiter. Wir queren das berühmte Salzburgerband mit saugendem Tiefblick und weiter in die Steinerkamine. Eine atemberaubende Kulisse, die Dachstein Südwand ist immer wieder beeindruckend. In den Kaminen empfinde ich den Rucksack das erste Mal als störend aber die Beeinträchtigung hält sich in Grenzen. Später im Schluchtüberhang ergeht es mir erneut so und ich „nulle“ die Stelle.
Ab hier wird die Kletterei wieder leichter und nach 6,5h in der weitläufigen Wand erreichen wir den Gipfel. Vom Gipfel des Dachsteins selbst kann man leider nicht starten, so beginnen wir den Abstieg auf den Gletscher. Am Gletscher befindet sich der „X-Alps Startplatz“ von wo die Gleitschirmflieger die üblicherweise mit der Bahn hier herauf kommen starten. Der Startplatz ist nur Könnern vorbehalten da er sehr anspruchsvoll ist. Der Wind passt, ein zartes Lufterl weht die Südwand herauf-perfekt. Die Startvorbereitungen mit dem Schirm dauern ca. 10 min. und der „Abgleiter“ von dort ins Tal ist 20min. purer Genuss. Man erspart sich in diesem Fall einen langen Abstieg oder das Ticket für die Seilbahn.
Als Resümee kann ich sagen, „Climb and Glide“ lässt sich gut kombinieren. Das UFO ist der Schirm perfekte Schirm dafür. Er benötigt wenig Platz im Rucksack und das zusätzliche Volumen behindert eigentlich nur in Kaminen. Einen Platz zum Starten hat man schnell einmal gefunden und man erspart sich so einen oft langen Abstieg. Der Schirm ist besonders leicht zu starten und trotz der kleinen Fläche die er hat trägt er überraschen schnell. Es gibt sicher „Startfreundlichere“ Kletterberge als den Dachstein wenn ich da zum Beispiel an den Kaibling und das Sparrafeld im Gesäuse denke. Mit dem UFO, meinem Gurtzeug und den Retteungsschirm kam ich auf ca. 3,5kg und es wäre möglich noch auf unter 3kg „abzuspecken“. Ich hatte alles (Gleitschirmausrüstung und Kletterequipment) in einem 38l Rucksack.
Text & Fotos: Thomas Lamplmair
Anm. bergsteigen.com: Natürlich ist das keine High-End-Leistung die wir oft von Topalpinisten bringen, jeder der einmal Paragleiten war, den Steinerweg kennt kann dieser Aktion aber etwas fantastisches abgewinne. Vor allem, wenn man die Ausrüstung selbst durch die Wand trägt.
Aussrüstung:
Wir hatten jeder:
Klettergurt; Kletterschuhe, Standplatzschlinge +3 Schraubkarabiner, 1 HMS, Prusikschnürl, Reverso, Helm, Sonnenbrille, Jacke und Wechselshirt
Und gemeinsam:
2 Alpine Exen 120cm
2 Alpine Exen 60cm
6 Normale Exen
2 50m Halbseile
Cam 0.75, 1, 2
1 Satz Keile
5m Reepschnur
Zum Fliegen hatte ich:
Gleitschirm AirDesign UFO 16qm mit 1,7 Kg
Gurtzeug Ozone OZO 0,6 Kg
Rettungsschirm Gin Yeti 1,5Kg
Gehoflen bei dieser Aktion haben: Air Design, Kortel, Thermik Magazin, Flugschule Ternberg, XC Tracker
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