Mark Smiley zeigt David Wallmann, Bernhard Hug, Philipp Reiter und Janelle Smiley den richtigen Weg auf den letzten Metern des "Lange Wegs", der oft verlassen wurde (c) Christian Gamsjäger / Red Bull Content Pool Mark Smiley zeigt David Wallmann, Bernhard Hug, Philipp Reiter und Janelle Smiley den richtigen Weg auf den letzten Metern des "Lange Wegs", der oft verlassen wurde (c) Christian Gamsjäger / Red Bull Content Pool
17 Mai 2018

„Der Lange Weg“ von Red Bull, eine Analyse von Klaus Hoi

Das Teammitglied von 1971 über Regelverstöße, Unterschätzung der Aufgabe, fehlende Gipfel und dem verabsäumten Abbruch der Veranstaltung

Das Teammitglied von 1971 über Regelverstöße, Unterschätzung der Aufgabe, fehlende Gipfel und dem verabsäumten Abbruch der Veranstaltung

Eine Wiederholung der Alpenüberschreitung 1971 (Rax –Nizza in 40 Tagen, Bericht in Red Bulletin, April 2018) wurde von Red Bull und dem Organisationsteam Outdoor Leadership als sportlicher Wettkampf mit dem Ziel, die Leistung des Teams von 1971 zu unterbieten, international ausgeschrieben. Ausgewählt wurden 3 Alpinisten und 4 wettkampforientierte Trailrunner. Nach der Zielsetzung von Red Bull – schneller, höher, extremer- wurde in Aussicht gestellt, einen „neuen Weltrekord“ über die gleiche Strecke von 1971 zu erzielen.

Um einen realistischen und fairen Vergleich zu ermöglichen, wurde von Red Bull (Organisation) ein 11 Punkte Reglement erstellt, nachdem sich die Athleten zu halten hatten.(Bulletin April 2018, S. 60; PDF Projektbeschreibung, S. 13)

Punkt 2: Alle Gipfel und Talorte, die das Team 1971 passiert hat, sind zu erreichen.

Punkt 4 bzw. Punkt 3 im PDF: Die Gruppe darf sich während der jeweiligen Tagestour voneinander distanzieren. Der tägliche Start und das Erreichen des Tageszieles müssen gemeinsam erfolgen.

Punkt 11 bzw. Punkt 10 im PDF: Um erfolgreich zu sein, müssen mindestens vier der sieben Skialpinisten Nizza in weniger als 41 Tagen erreichen.

Die Athleten selbst (der Schweizer B. Hug) prognostizierten eine Unterbietung der Zeit um 25 %, also in 30 Tagen das Ziel erreicht zu haben.

Ob das nicht eine Unterschätzung der Aufgabe und eine überhebliche Einstellung gegenüber der alpinistischen Herausforderung war, würde sich bald zeigen.

Kurz nach dem Start am 17. März beim Knappenhof an der Rax, zeichnete sich bereits ab, das Team 2018 wird nicht in der Lage sein, die Originalroute von 1971 samt Gipfelbesteigungen einzuhalten. Zugrunde gelegt wurde das Höhenprofil von 1971, an Hand dessen im Internet der tägliche Fortschritt verglichen wurde. Unter dem Zeitdruck stehend, begann das Team die Strecken abzukürzen und schließlich ganz zu verlassen. Anstatt über den Alpenhauptkamm weiterzugehen (Wölzer Tauern, Schladminger Tauern) bog das Team 2018 von Admont nach Norden über Wurzer Alm und Tauplitz zum Krippenstein und durch das Edelgrieß nach Schladming. Trotz Regelverstößen und kurzfristiger Disqualifikation von drei Athleten (Hug, Wallmann und Reiter) anlässlich des Verhaltens bei der 6. Etappe, wurde von der Organisationsleitung kein Abbruch ausgesprochen.

Ab der großräumigen Umgehung der Stubaier Alpen und der Ötztaler Alpen von Sterzing über Meran bis Trafoi mittels eines 100 km langen Straßenmarsches, war klar erwiesen, dass ein Vergleich mit 1971 nicht mehr möglich sein würde. Die bereits in den sozialen Medien eingebrachten Proteste hatten keine Wirkung. Trotz des offensichtlichen Regelverstoßes und der Tatsache, dass die Route 1971 über mehr als 400 km und die wichtigsten Gipfelbesteigungen (Hoher Priel, Hoher Dachstein, Weißkugel, Piz Palü, Dufourspitze, Mont Blanc) nicht erfolgten, wurde von Red Bull ein neuer „Weltrekord“ verkündet.

Eine korrekte Meldung müsste lauten: Das fünfköpfige Red Bull Team absolvierte von 17. März bis 22. April 2018, in 37 Tagen eine Alpenlängsüberschreitung von der Raxalpe bis Nizza, die Route von 1971 war Vorbild, konnte aber auf mehr als 400 km nicht eingehalten werden, auch von den Gipfelzielen wurden nur Großglockner und Reinwaldhorn erreicht. Damit ist das gesetzte Wettkampfziel nicht erreicht worden.

Das Team von 1971 protestiert gegen die Falschmeldung und sportlich unkorrekte Darstellung und ersucht dringend um eine Berichtigung.

Text: Klaus Hoi

Klaus Hoi
Klaus Hoi wurde am 12. April 1942 in Liezen in der Steiermark geboren. Er gehörte gemeinsam mit Robert Kittel (Leiter und Initiator der Unternehmung), Hansjörg Farbmacher, Hans Mariacher und Alois Schett (Versorgungsmann) zum Team der Alpenüberschreibung 1971. Der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer war von 1978 bis 1996 Ausbildungsleiter des Verbands der Österreichischen Berg- und Skiführer. Klaus Hoi trug zu zahlreichen Fachbüchern für Wanderer und Bergsteiger bei und war bei der Entwicklung von Kletterausrüstung sowie Bergungs- und Sicherungsmethoden beteiligt. Er lebt in Öblarn.

Bergsteigen.com hat von Anfang an kritisch über diese Veranstaltung berichtet, mehr dazu unter Der Lange Weg - Eventtourismus versus Kreativität



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