01 Oktober 2004

Der stille Meister - Fred Nicole

Was macht eigentlich zur Zeit Fred Nicole? Soviel vorab: Er bouldert immer noch, stark wie eh und je, hier ein Interview mit dem stillen Meister.

Tales from the Fred: Philosophie der Steine

Es war sehr lange sehr still um Dich. Da wollten wir jetzt mal wieder wissen, was Du denn so treibst?

Diese Frage haben mir viele Leute in letzter Zeit gestellt. Es ist wahr, dass ich die letzten paar Jahre relativ diskret geblieben bin was meine Kletter- und Boulderbegehungen betrifft. Vielleicht war es auch eine Gegenreaktion auf die Entwicklung im Schwierigkeitsklettern. Es herrscht ein ständiger Kampf um Schwierigkeitsgrade und möglichst schnelle Begehungen.

So das heißen, dass Du das Interesse an richtig hartem Gestein verloren hast?

Was das Klettern und Bouldern im Allgemeinen betrifft, begeistert mich die Suche nach neuen Horizonten weiterhin. Ich war bis jetzt viel auf Reisen und konnte meiner Leidenschaft fürs Klettern nach wie vor voll nachgehen. Die meiste Zeit verbrachte ich in Südafrika - wieder einmal! Das war meine sechste Reise in die Cederberge. Du wirst mich vielleicht fragen, warum ich immer wieder in das gleiche Gebiet zurückgehe. Da kann ich selber keine simple Antwort finden. Vielleicht, weil ich mich dort als Teil eines Ortes fühle, das Gefühl habe, meinen Platz in dieser speziellen bezaubernden Umgebung zu haben. Wenn man sich in dieser wilden, fast unerforschten Gegend bewegt, einem die Grösse des Ortes bewusst wird - all dies könnten einige mögliche Erklärungen sein. Es ist ein Ort, der für das Bouldern in seiner reinsten Form geschaffen scheint, ohne einen Stein putzen zu müssen. Alles was man braucht, ist die Lust, nach neuen Linien zu suchen!

Das klingt so, als wärst Du den Rocklands verfallen...

Für mich ist die Landschaft wirklich ein irdisches Paradies: hier ein kleiner Wasserfall, dort ein Blumenteppich, ein Licht, das uns den Atem stocken lässt oder der Flug eines Black Eagles? es sind viele Gründe, die mich mit diesem speziellen Ort verbinden. Es ist wie eine Wallfahrt, auf die ich mich jedes Jahr begebe, auch um Freundschaften zu pflegen, die ich im Laufe der Jahren geschlossen habe.

Was waren denn auf das Bouldern bezogen Deine Highlights?

Bei so vielen Bouldern ist es schwer, eine Auswahl zu treffen - wenn man von der Schwierigkeit sprechen möchte, dann könnte man "Golden Shadow" erwähnen, eine Höhle in einem orangen Stein.

Bevor ich nach Südafrika geflogen bin, war ich in Kalifornien bei einem Pranameeting. Das war natürlich eine gute Gelegenheit, um ein paar Wochen Ferien anzuschliessen und den Black Mountains mit den in der Umgebung liegenden Bouldergebieten einen Besuch abzustatten. Ich habe den geschichtlichen Aspekt der Plätze und der Boulder geschätzt: Es gibt dort einige Linien, die bereits in den 70er-Jahren eröffnet wurden, z.B. das "Speed of light" von John Long. Ein anspruchvoller Sprung - wirklich "visionnaire"! Oder die in den gleichen Jahren gekletterte "South Ridge"-Kante von Skipp Guerin, welche mich vor allem wegen der Klarheit der Linie beeindruckt hat. Die etwas neueren Boulders "Bang On", "Regeneration" oder "Dark Horse" sind nur einige der Klassiker, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.

Wo hattest Du Dich versteckt, als Du wieder in Europa warst?

Versteckt habe ich mich nicht, war aber auch hierzulande viel unterwegs. Anfangs des Jahres war ich meistens in der Schweiz mit kleinen Abstechern z.B. nach Varazze oder Fontainebleau. Im Winter konnte ich eine Superlinie im Granit von Osogna eröffnen: "Dipende", ein klassischer Boulder mit einem Standstart. Weit weniger "klassisch" sind die Bewegungen, die er bietet. Man braucht eine gute Balance, es sind dynamische und unsichere Züge. Einer der schwierigsten Boulder in diesem Stil. Im Frühling hatte ich ebenfalls ein sehr schönes Erlebnis. "Le poinçonneurs des lilas" ist eine unglaubliche graue Wand in den Wäldern des Baslerjura. Die hatte ich versucht, ohne wirklich an einen Durchstieg zu glauben. Um so überraschender war es, als es dann doch gelang. Das war einer dieser gnädigen Augenblicke, die nur selten im Kletterleben vorkommen. Die Welt der Steine mit ihrer konstanten Interaktion zwischen Mensch und Natur fasziniert mich nach wie vor, und ich hoffe noch lange das Glück zu haben, diese Leidenschaft zu leben und zu teilen. Bleibt nur zu hoffen, dass auch der Herbst gütig sein wird.

Interview: Joachim Stark (Agentur Reiner Kopf)

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