Die Gewinner des Piolets d’Or 2025
In San Martino in den Dolomiten wurden die Piolets d’Or – die goldenen Eispickel – 2025 vergeben.
Der Piolet d’Or – also der goldene Eispickel – wird jedes Jahr für herausragende bergsteigerische Leistungen vergeben, wobei die bewältigte Route im Vordergrund steht. Dieses Jahr trafen sich die weltbesten Bergsteiger in San Martino di Castrozza mitten in den Dolomiten. Umrahmt von den bekannten Gipfeln der Palagruppe nahmen die Preisträger den wohl bekanntesten alpinistischen Preis entgegen.
Drei Nordwände – Dru, Droites und Grandes Jorasses – in Folge
Begonnen hat der Franzose Benjamin Védrines, der sein erfolgreich absolviertes Winterabenteuer am Mont Blanc vorstellte. Benjamin kletterte gemeinsam mit Léo Billon an drei aufeinanderfolgenden Wintertagen an der Dru die Via Guides Route (M8+) in 10 h, die Sermon-Slavik/Rhem-Vimal Route an der Nordwand der Droites (M7+) in 7 h 14 min und am dritten Tag die Route No Siesta an der Nordwand der Grandes Jorasses (M8 WI6).
Für dieses Winterabenteuer wurde Benjamin Védrines mit dem Special Mention Piolet d’Or ausgezeichnet. So ganz nebenbei erzählte er noch von atemberaubenden Steilwandabfahrten durch diverse Nordwände und seinem Speedrekord am K2. Benjamin bestieg den K2 in rund 10,59 Stunden vom Basislager und flog danach noch als erster Mensch mit dem Paraglider vom Gipfel ins Tal. Bergsteigen in der Zukunft? Benjamin sieht die Kombination von schwierigen Routen und schnellem Begehungsstil als zukünftige Herausforderung für Bergsteiger.
Erstbesteigung Lalung I (6.243 m) im Indian Himalaya
Der Special Mention Frauen Piolet d’Or ging an die beiden Sloweninnen Anja Petek und Patricija Verdev für die erste Besteigung des Lalung I (6.243 m) im Indian Himalaya. Anja und Patricija stiegen über den Ostgrat (M5+ AI5+) zum Gipfel und danach über den Westgrat wieder zum Basislager ab. Die beiden Sloweninnen waren sechs Tage im Alpinstil am Berg unterwegs, mussten eine Nacht auf besseres Wetter warten und waren mit den in diesem Umfang nicht erwarteten Felsaufschwüngen am Ostgrat durchaus gefordert.
Beeindruckend an Anja Petek und Patricija Verdev war der Wille, trotz schwieriger Verhältnisse und nicht optimalem Wetter den Gipfel zu erreichen. Auf die Frage, was der gefährlichste Moment ihrer Tour war, meinten sie den Kampf gegen zwei Braunbären im Basislager. Die gefährlichen Pelztiere tauchten am Abend und in der Nacht immer wieder auf; während die beiden am Berg waren, wurde das Lager von ihnen komplett verwüstet.
Erstbesteigung Yashkuk Sar (6.667 m) Nordpfeiler, Batura Muztagh
Den drei Amerikanern August Franzen, Dane Steadman und Cody Winckler gelang zwischen dem 13. und 23. September der Anstieg über den Nordpfeiler (2.000 m, AI5+ M6 A0), wobei die drei wegen eines Lawinenabgangs über die geplante zentrale Gipfelwand die ursprünglich geplante Route im oberen Teil etwas abändern mussten. Beeindruckend waren vor allem die Biwakplätze – einer davon auf einem ausgesetzten Schneepilz im oberen Wandteil.
Nach dem Gipfel stiegen die drei Amerikaner zunächst entlang des Westgrates ab und seilten danach über die rechte Nordwand ab. Die Besteigung wurde nur anhand von Fotos vorbereitet; die drei Bergsteiger aus den USA hatten bis dato nur wenig bis gar keine Expeditionserfahrung. Auch bei diesem Unternehmen war der Wille, trotz der Probleme mit dem Lawinenabgang den Gipfel zu erreichen, das ausschlaggebende Momentum.
Erste Besteigung des Westgrates am Gasherbrum III (7.952 m)
In einer im wahrsten Sinne des Wortes höheren Liga spielte sich das Bergsteigerabenteuer von Aleš Česen (SLO) und Tom Livingston (GB) ab. Der Gasherbrum III im Baltoro Muztagh, gleich neben dem bekannten Achttausender Gasherbrum II, wurde bis dato nur rund zweimal bestiegen, immer über die oben nur kurz anspruchsvolle Route an der Südwestwand.
Aleš Česen (der Sohn von Tomaž Česen) und Tom Livingston hatten vor allem oben, zwischen 7.000 und fast 8.000 Metern, zu kämpfen. Die Schwierigkeiten stiegen deutlich an, das Wetter war nicht optimal und zu guter Letzt mussten die beiden Bergsteiger kurz unterhalb des Gipfels noch im Sitzen biwakieren. Es war als Zuschauer in San Martino schon beeindruckend, welche Leistungen Aleš und Tim kurz unterhalb der 8.000er-Marke vollbrachten!
Erstbesteigung des Südwestgrates Kaqur Kangri (6,859m) Kanti Himal
Den beiden Amerikanern Spencer Gray und Ryan Griffiths gelang der Südwestgrat des Kaqur Kangri (1.670 m, 5.10 A0 M7 WI5), bei dem primär an – teilweise sogar sehr gutem – Fels geklettert wurde. Die beiden, da sie fast die gleiche Schuhgröße hatten, teilten sich ein Paar Kletterschuhe. Im oberen Gratteil kam noch Eis dazu, über das sie schlussendlich den Gipfel dieses fast 7.000 Meter hohen, zuvor nur einmal von China aus bestiegenen Berges erreichten.
Humoristisch erzählten die beiden von ihrer Verwunderung, als sie die Mitteilung vom Gewinn des Piolet d’Or erhielten. Am Berg lief nicht alles wie geplant – der Kocher streikte in Camp 1, somit mussten sie noch einmal ins Basislager absteigen. Entschädigt wurden die beiden jedoch durch perfekten Fels im Mittelteil des Südwestgrates. Die Crux waren jedoch acht Seillängen Mixedkletterei im oberen Teil des Grates. Kurz unter dem Gipfel wurde noch einmal biwakiert, der Abstieg erfolgte über den bis dato unbekannten Nordwestgrat und die Westwand.
Herausragendes Bergsteigen muss honoriert werden
Die Erzählungen über die verschiedenen Abenteuer in San Martino di Castrozza und die anschließende Honorierung mit dem Piolet d’Or haben eindrucksvoll gezeigt, zu welchen Leistungen Bergsteiger imstande sind. In dieser Disziplin zählen (noch nicht) Zeit oder erreichte Höhenmeter – es geht bei der Erstbegehung um das große Ganze. Deshalb ist eine Würdigung durch Preise wie den Piolet d’Or wichtig. Wer kannte davor wirklich alle Piolet-d’Or-Leistungen von 2025? Vermutlich die wenigsten.
Der gelungene Rahmen in San Martino unterhalb der Felstürme der Pala zog auch zahlreiche Spitzenbergsteiger in die Dolomiten. Simon Gietl, Ines Papert, Steve House, Alexander Odintsov (der auch den Lifetime Award erhielt), Billi Bierling, Victor Saunders und Lindsay Griffin – um nur einige bekannte Bergsteigernamen zu nennen – waren alle vor Ort, um den Gewinnern am Schluss zu applaudieren.
Webinfo: Piolets d'Or

Piolets d Or 2025 Gala in San Martino (c) Andreas Jentzsch


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