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20 Januar 2021

Mehr Unfälle, weniger Tote - die Alpinunfallstatistik für Österreich 2020

Kuratorium für Alpine Sicherheit und BM.I Alpinpolizei veröffentlichen die Alpinunfallzahlen für das Bergjahr 2020

Wie aus der Alpinunfallstatistik des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) / BM.I Alpinpolizei hervorgeht, sind im Jahr 2020 zwischen 1. Januar und 31. Dezember 261 Menschen in Österreichs Bergen ums Leben gekommen. Das Zehnjahresmittel liegt bei 290 Toten pro Jahr. Im Jahr 2020 starben österreichweit 42 Frauen (16%) und 219 Männer (84%) am Berg.

Sicherheit und Präventionsarbeit sind die Kernthemen des Kuratoriums. Das Jahr 2020 hat gezeigt, dass auch im Sicherheitsbereich Berg, die digitalen Kommunikationsmittel ein wichtiger Weg zur Aufklärung der breiten Öffentlichkeit darstellen. Oberstes Ziel des ÖKAS ist die Reduzierung der alpinen Unfallzahlen durch Aufklärung der Öffentlichkeit. Zielpublikum sind alle die am Berg unterwegs sind, Einheimische wie Gäste. Eine breitenwirksame Aufklärung kann nur mit starken Partnern bewältigt werden. Alpinpolizei, Vereine, Verbände und die Mitglieder des ÖKAS leisten hier hervorragende Arbeit. Eine enge Kooperation mit den Medien ist von zentraler Bedeutung.“ So PETER PAAL, der neue Präsident (seit Sommer 2020) des ÖKAS.

Im Jahr 2020 sind 7.466 Verletzte in der Alpinunfalldatenbank zu verzeichnen; etwa 500 Verletzte mehr als im Vorjahr 2019. Das 10-Jahresmittel liegt bei 7.525. Insgesamt verunfallten (Tote, Verletzte, Unverletzte) im Jahr 2020 11.290 Personen (Mittel 10 Jahre: 11.446). Im Zeitraum der Ausgangssperren im März und April 2020 verunfallten in diesem Zeitraum ca. 1.200 Personen weniger als im langjährigen Mittel.

Im Jahr 2020 sind 7.466 Verletzte in der Alpinunfalldatenbank zu verzeichnen; etwa 500 Verletzte mehr als im Vorjahr 2019. Das 10-Jahresmittel liegt bei 7.525. Insgesamt verunfallten (Tote, Verletzte, Unverletzte) im Jahr 2020 11.290 Personen (Mittel 10 Jahre: 11.446). Im Zeitraum der Ausgangssperren im März und April 2020 verunfallten in diesem Zeitraum ca. 1.200 Personen weniger als im langjährigen Mittel.

Der Anteil der Unverletzten liegt in den vergangenen Jahren und im Berichtsjahr bei ca. 32% aller registrierten Notrufe. Alpine Notrufe werden nicht nur bei Unfällen mit Toten und Verletzten abgesetzt, sondern auch von unverletzten Personen, die sich in einer misslichen Lage befinden (sog. Blockierung). Dazu gehören Personen, die mit den Begebenheiten einer Tour und den Verhältnissen überfordert sind oder sich selbst überschätzt haben und in der Folge in eine alpine Notlage geraten.

Österreich verfügt über ein bestens organisiertes Rettungs- und Notfallsystem. Alpinpolizei und Bergrettung werden bei ihren Einsätzen im alpinen Gelände vor hohe technische Herausforderungen, aber auch physische und psychische Belastungen gestellt. Eine solide Tourenplanung durchzuführen und Eigenverantwortung zu übernehmen spielt mehr denn je eine bedeutende Rolle. Durch die zusätzlichen Anforderungen der Covid-19 Pandemie sind wir ALLE gefordert, auch am Berg.

Der Bundesländervergleich zeigt, dass Tirol, w.ie in den Vorjahren, Spitzenreiter bei den Alpinunfällen ist.

Betrachtet man die Verteilung der Unfalltoten in Österreichs Bergen nach Herkunft, so kommen fast alle Todesopfer aus dem europäischen Raum. Der Großteil der tödlich Verunglückten stammt im Jahr 2020, wie auch in den Jahren zuvor, aus Österreich (2020: 169 Tote, 65%; Mittel 10 Jahre: 61%), gefolgt vom Nachbarland Deutschland mit 48 Toten (18%; Mittel 10 Jahre: 25%). Eine wirkungsvolle Aufklärungs- und Präventionsarbeit zur Ausübung des Bergsports beginnt am besten bereits im Kindes- und Jugendalter. Dies sollte nicht nur bei unseren Gästen aus dem Ausland stattfinden, sondern v. a. auch bei heimischen Bergsportlern. Kurse, Aus- und Fortbildungen bei alpinen Vereinen und Verbänden bieten hier vielzählige Möglichkeiten und können ein zielführender Ansatz sein.

Disziplin und Monat

Die Bergsportdisziplin mit den meisten Unfalltoten im Jahr 2020 (s. Tabelle unten) ist Wandern/Bergsteigen mit 98 Toten, gefolgt von tödlichen Unfällen auf der Piste/Skiroute mit 30 Toten und auf (Ski-) Tour mit 21 Toten.

Etwa 27% der tödlich verunglückten Personen stirbt im langjährigen Mittel nicht beim Bergsport, sondern bei der Jagd, bei Forstarbeiten u. Ä., mit Fahrzeugen auf Bergwegen oder durch Suizid im Gebirge.

Disziplin 2020 %-Anteil 2020
Klassische Nicht-Bergsportdisziplinen 2020 (Jagd, Forstunfälle u. Ä., Straßenverkehr, Sonstiges) 74 28%
Tote Sommerbergsportdisziplinen 2020 127 49%
Tote Winterbergsportdisziplinen 2020 60 23%
GESAMT 2020 261 100%


Übersicht: Tote in Österreichs Bergen nach Bergsportdisziplin — 01.01. bis 31.12.2020 und Zehnjahresmittel 2011 bis 2020 [Blau = Winterdisziplin, Orange = Sommerdisziplin]

Unfalldisziplin 2020   Mittel 10 Jahre
(Ski-)Tour 21 22
Eisklettern 0 1
Flugunfall 4 9
Forstunfall u. ä. 20 22
Höhlenunfälle 0 1
Jagd 3 5
Klettern 13 17
Kombinierte Tour/Hochtour 2 6
Langlauf 2 2
Liftunfall 0 1
Mountainbiking 4 6
Piste/Skiroute 30 33
Rodeln 4 2
Seilgärten 0 0
Sonstiges 23 19
Straßenverkehr 4 7
Suizid 27 25
Variante 3 10
Wandern/Bergsteigen 98 102
Wildwassersport 3 2
Summe 261 290


Übersicht: Verunfallte (Tote, Verletzte, Unverletzte) in Österreichs Bergen nach Bergsportdisziplin — 01.01. bis 31.12.2020 und Zehnjahresmittel 2011 bis 2020

Unfalldisziplin 2020 Mittel 10 Jahre
(Ski-)Tour 541 524
Eisklettern 5 17
Flugunfall 203 210
Forstunfall u.ä. 182 166
Höhlenunfälle 2 2
Jagd 29 21
Klettern 499 447
Kombinierte Tour/Hochtour 116 104
Langlauf 32 24
Liftunfall 255 299
Mountainbiking 924 540
Piste/Skiroute 4.893 6.015
Rodeln 278 266
Seilgärten 19 14
Sonstiges 289 262
Straßenverkehr 48 46
Suizid 32 33
Variante 249 443
Wandern/Bergsteigen 2.622 1.964
Wildwassersport 72 51
Summe 11.290 11.447


Die Ausübung von Bergsport unterliegt stark saisonalen Schwankungen und ist unter anderem von der Witterung abhängig. Im Jahr 2020 unterliegen diese auch der Corona Pandemie. Die Auswirkungen der Ausgangssperre des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 (ab Mitte März) haben sich auf die Unfallzahlen in den Disziplinen Piste/Skiroute und Skitour wesentlich in den Monaten März und April ausgewirkt. Im „Bericht Winter 2019/20“ wurde dies ausführlich behandelt: 

Zumeist ist die Anzahl der Alpintoten im Juli, August und September am höchsten, so auch im Jahr 2020. In unfallreichen Wintern kann es aber auch zu einer Verschiebung in die Monate Februar bzw. März kommen, so im Jahr 2020 mit 32 Alpintoten im Februar.

Der unfallträchtige Jahresstart hat sich, mit Unterbrechung durch den ersten Lockdown, bis in die Sommermonate fortgesetzt. Mitursächlich waren Anfang des Jahres mangelnder Schnee an den Pistenrändern und überfüllte Pistenbereiche sowie im Sommer der Bergsport-Hype, der durch die Corona Pandemie in den Alpen verstärkt wurde. In Sommer boomten Wandern, Biken und insbesondere E-Biken.

Herz-Kreislaufversagen

Von den 261 Todesopfern starben im Jahr 2020 insgesamt 60 Personen an Herz-Kreislaufversagen (22%; Mittel 10 Jahre: 23%) und stellt neben Sturz/Stolpern/Ausgleiten sowie Absturz (17%) sowie Absturz die Hauptunfallursache bei Alpinunfällen dar. Die tödlichen Ereignisse bei Herz-Kreislaufversagen im Jahr 2020 nach Disziplinen setzten sich wie folgt zusammen:

Tabelle — Übersicht: Tote durch Herz-Kreislaufversagen in Österreich nach Disziplin 2020

Unfalldisziplin Herz-Kreislaufversagen
(Ski-)Tour 3
Forstunfall u. Ä. 1
Höhlenunfälle 0
Jagd 2
Klettern 1
Mountainbiking 2
Piste/Skiroute 17
Wandern/Bergsteigen 33
Langlauf 1
GESAMT 2020 60

Der Großteil der Alpinunfalltoten durch Herz-Kreislaufversagen im Jahr 2020 liegt wie in den Jahren davor in den Alterssegmenten 51 bis 80 Jahren. In den Altersklassen darunter ist das Todesrisiko durch einen internen Notfall geringer.

Lawinen

Im Betrachtungszeitraum 01.01. bis 31.12.2020 registrierte die Alpinpolizei 58 Lawinenunfälle, bei denen 11 Personen (8 Männer; 3 Frauen) starben. Die tödlichen Unfälle durch Lawinen verteilten sich nach Bundesländern wie folgt: 5 Tote (Schneeschuhgeher) Oberösterreich, 3 Tote in Tirol und je ein Lawinentoter in Kärnten, Niederösterreich und Vorarlberg (alle Disziplin (Ski-)Tour).

Die Kameradenrettung bei Lawinenunfällen und die richtige Verwendung mit der Lawinen-Notfallausrüstung (LVS, Sonde, Schaufel) sind auf Tour unumgänglich und kann über Tod und Leben entscheiden. Die Lawinenrettung und der Umgang mit der persönlichen Ausrüstung sollte jedes Jahr trainiert und aufgefrischt werden, um bestmöglichen Schutz und Sicherheit gewährleisten zu können. Beim Start ins freie Gelände sollte die korrekte Funktion des LVS Gerätes geprüft werden.

Ein Appell des ÖKAS: Einzelgänger im freien Gelände sind einem höheren Risiko ausgesetzt, da bei einem Zwischenfall akut keiner helfen kann. Deshalb sollten Einzelgänger vor Aufbruch zu einer (Ski-)Tour eine Vertrauensperson darüber informieren, wo man unterwegs ist bzw. eine sichere Aufstiegs- oder Abfahrtsroute wählen – auch ohne Lawine, kann z. B. ein Sturz kopfüber in den Schnee zu einer lebensbedrohlichen Situation führen. Das Mitführen eines Mobiltelefons ist zum Notruf absetzen sinnvoll, es gibt aber zahlreiche Orte wo kein Mobilnetz verfügbar ist oder ein Absetzen des Notrufes nicht möglich ist, z. B. bei Bewusstlosigkeit.

Die Statistik

Mit Ende des Jahres 2020 wurden in den letzten 10 Jahren in der gemeinsamen Alpinunfalldatenbank des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) und dem BM.I Alpinpolizei mit ca. 78.000 Unfälle mit 114.000 Beteiligten, im alpinen Gelände, registriert. Eine derartige Datenqualität zu Alpinunfällen ist im Alpenraum vermutlich einzigartig. Die Alpinunfallstatistik beruht auf den Erhebungen der Alpinpolizei (Sommer- und Winter-Bergsportdisziplinen). Unfälle mit tödlichem Ausgang bzw. mit schweren Verletzungen werden lückenlos erfasst. Von der Alpinpolizei werden sämtliche gemeldete Ereignisse im alpinen Gelände unabhängig vom Verletzungsgrad erhoben.

Im organisierten Skiraum wie im Bereich der Skipisten und Skirouten werden die Ereignisse nur dann erhoben und statistisch erfasst, wenn Verdacht auf Fremdverschulden besteht oder der Unfall für einen der Beteiligten tödlich endet.


Quelle: Kuratoriums für Alpine Sicherheit / BM.I Alpinpolizei 



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