Der steile Anstieg auf den Mount Tyree Der steile Anstieg auf den Mount Tyree
07 Januar 2013

Mount Tyree 4.852 m

Mount Tyree - Expedition 2012 mit Christian Stangl, Hans Kammerlander und Robert Miller

Die Medienberichte über die Besteigung des Mt. Tyree 2012 veranlassen mich, diese Zeilen zu schreiben:

Gemeinsam mit Christian Stangl und Hans Kammerlander wollte ich in der Saison 2011/2012 den zweithöchsten Berg der Antarktis, den Mt. Tyree besteigen und anschließend die Ellsworth Mountains zurück nach Union Glacier durchqueren.

Am 25.12 flogen wir von München über Paris nach Santiago de Chile und von dort weiter nach Punta Arenas, wo wir am 26.12 spätabends ankamen. Die zwei folgenden Tage vergingen mit Einkaufen (Nahrungsmittel für vier Wochen), Umpacken und Briefings bei ALE.

Schon am 29.12 startete unsere Ilyushin 76, Richtung Antarktis, wo wir nach einer Flugzeit von 4.15 in Union Glacier landeten. Am selben Abend um 22.30 wurden wir drei mit einem Sonderflug in einer Twin Otter an die Nordseite des Berges geflogen.

Der 30.12 begann prachtvoll, wolkenlos und relativ warm. Wir brachten unsere Schlitten in fünf Stunden zur NO Rinne des Mt. Tyree. In einer kleinen Scharte mit prächtiger Sicht auf den Berg stellten wir unser erstes Lager auf.

Anderntags zogen wir unsere Schlitten, auf Drängen von Christian mit der kompletten Ausrüstung dann hinüber zum Mt. Gardner. Christian hielt die Rinne für zu blank und steinschlaggefährdet. Leider zeigte sich die Wand zwischen Mt. Gardner und Mt. Tyree als zwar kletterbar, aber viel zu Lawinen- und Eisschlag gefährdet, sodass wir zum ersten Lager zurückkehrten. Das Wetter war den ganzen Tag windstill und relativ warm mit minus 10 Grad. Die Stimmung war bereits an diesem Tag ziemlich „komisch“ und von Gemeinsamkeiten waren wir weit entfernt. Also keine Silvesterstimmung

Nach einer ruhigen Nacht sollte dann der 1.1. einen ersten Vorstoß zur NO Rinne bringen. Um 10.00 Uhr, nach einem ausgiebigen Frühstück, starteten wir. Während Chris die meiste Zeit am Grat mit der Schwierigkeit bis 3 weit voraus kletterte, folgten Hans und ich in gemütlichem Tempo und genossen die Aussicht. In einer kleinen Einsattelung nach ca. 600 bis 700 Höhenmetern Anstieg wollten wir unser Lager aufstellen. Chris war ca. 50 Hm über uns. Er wollte noch höher hinauf. So konnten wir nicht diskutieren. Chris stieg weiter auf, um nach seinen vor zwei Jahren verankerten Fixseilen zu schauen. Hans und ich richteten in der Zwischenzeit die Plattform für das Zelt her, denn wir wollten den Gipfelgang von hier aus starten und stiegen dann ab.

Chris folgte kam viel später ins Basislager zurück und sprach nur kurz mit uns: „Die Seile und auch die Eisschrauben sind in Ordnung, nur wahnsinnig viel Steinschlag liegt am Eis“. Er möchte über den Felsgrat zum Gipfel klettern und nicht in die Rinne einsteigen. Na super sage ich, „drei Leute und zwei Anstiege“. Hans und ich waren uns einig, wir würden in die NO Rinne einsteigen.

2. Jänner: Auch die heutige Nacht war ruhig. Kein Wind keine Lawinen, kein Steinschlag und eine Temperatur von minus 20 Grad. Sobald die Sonne sich zeigte stieg sie auf angenehme minus 5 Grad. Nach dem Frühstück richteten wir unsere Ausrüstungen für den Anstieg her. Christian für einen Alleingang über den Felsgrat (Haken und ein 50 m Seil), Hans und ich für die NO Rinne. Wir brauchten Eisschrauben, Schlingen und eine 200 m lange, 6 mm dicke Reepschnur sollte ein schnelles Abseilen beim Abstieg ermöglichen.

Um 13.00 starteten Hans und ich. Chris folgte später. Bei Sonnenschein und mit leichtem Rucksack machte das Klettern richtig viel Spaß. Das Zelt war sehr schnell auf der präparierten Plattform aufgestellt und verankert. Unsere Höhe betrug ca. 3.300 m. Nun mussten wir trinken und essen, denn morgen sollte der Gipfelgang erfolgen. Hoffentlich hält das Wetter, leichte Cirren bedeckten den Himmel. Um 23.00 Uhr verschwand die Sonne hinter dem Grat und es wurde empfindlich kalt.

3. Jänner: Die Nacht im Zweimannzelt war schlecht und keiner hatte gut geschlafen. Das Wetter war gut und die Sonne schien schon vom Himmel. Um 5.30 Uhr traten wir aus dem Zelt. Wir wechselten nur wenige Worte. Christian blieb bei seinem Vorhaben, über die Felsen auszusteigen, wir auch beim Versuch, über die NO-Rinne zum Gipfel zu gelangen.

Nach 1.30 Stunden Anstieg erreichten Hans und ich eine kleine Plattform, wo wir die Steigeisen anzogen, einen Teil der Ausrüstung zurück ließen und uns anseilten. Chris ist über harte Firnrinnen zum selben Punkt aufgestiegen.

Kurze Zeit später stieg Hans als Führender in die NO-Rinne ein und gewann entlang der freiliegenden Fixseile schnell an Höhe. Das Eis war griffig und gut zu klettern. Da ich sicherte, überholte mich Chris. Ich dachte, er wollte dann über ein Schneeband zum Grat klettern, aber nach ca. 50 m klinkte er seinen Karabiner in unser Seil und wartete.

Als ich bei ihm war, fragte ich, was das sollte? Er sagte mir nur, ich sollte ihn sichern. Ich konnte es nicht glauben. „Kein Bitte, kein Danke, kein Garnichts“. Mit einer doppelt langen Bandschlinge sicherte ich Chris in unser Seil. Nun war von seinem Vorhaben, alleine über den Grat zu klettern nichts mehr übrig. Gemeinsam kletterten wir weiter.

Hans hatte die Führung. Gesprochen haben wir drei dann fast nichts mehr. Im zentralen Teil des Couloirs kletterten wir dann ohne Seil. Das Wetter verschlechterte ich rasch und wir wurden von einer dicken Nebelschichte eingehüllt, die die Orientierung massiv erschwerte. Wir spurten abwechselnd.

Nahe dem Gipfel seilten wir uns, aufgrund der schlechten Sicht und der dadurch bedingten Absturzgefahr, wieder zusammen und erreichten ALLE GEMEINSAM um 14.15 den seit 15 Jahren unbestiegenen Gipfel des Mt. Tyree. Christian stellte GPS Messungen an und kam auf eine Höhe von 4.853 m.

Hans holte einige Steine von einem tiefer gelegenen Gratstück. Es schneite leicht. Dichte Wolken verhinderten eine Rundumsicht und so entschlossen wir uns, nach kurzer Rast und einigen Fotoaufnahmen, wieder abzusteigen.

Wie beim Anstieg benützten wir anfangs zur Sicherung das Seil. Den Mittelteil stiegen wir seilfrei ab und ab der Mitte des Couloirs seilten wir ab. Rasch gewannen wir mit dem 200 m Seil an Tiefe.

Während Christian die Nacht im Lager 1 verbrachte, stiegen Hans und ich bei Sonnenschein noch ins Basislager ab, das wir um 22.00 erreichten.

Christian kam am 4. Jänner ins Basislager.

Am 6. Jänner folgen wir, Hans, Christian und ich, nach einem Zwischenstopp, im Vinson BC nach Union Glacier zurück.

Text: Robert Miller

Bericht: Robert Miller besteigt Everest und alle Seven Summits

Webtipp:

Hans Kammerlander Christian Stangl



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