Intervall Hypoxietraining Intervall Hypoxietraining
17 Mai 2017

Vorakklimatisation

In der Stadt auf 6000 m und vieles mehr für eine effiziente Vorbereitung auf das Höhenbergsteigen

Für Mai steht die Skibesteigung des Elbrus (5642m) auf dem Programm. Ich bin motiviert, glaube eine halbwegs gute Kondition zu haben und stand auch vor rd. 20 Jahren bereits einmal auf einen 7000er und einigen 5 - 6.000ern. Alles ging gut, weil wir uns damals vor Ort gut akklimatisiert hatten, doch mein Leben wurde schneller, reicher an Verpflichtungen und teurer, und so buchte ich für dieses Jahr 10 günstige Tage Elbrus. Das Problem dabei: Am dritten Tag geht’s bereits auf 3.780 m, nicht mehr runter, sondern nur noch dem Gipfel entgegen. Das kommt mir doch etwas rasch vor und meine höhenbergsteigerischen Glanztaten liegen auch schon gut 20 Jahre, viele Biere und Kaffees etc. zurück...

Vorakklimatisation

Grund genug, sich mit dem Thema Akklimatisation und Vorakklimatisation etwas intensiver auseinander zu setzen. Das Web sagt dazu max. 14 Tage vor Abreise mind. 4 Tage auf eine Hütte, die mind. auf 2500m liegt, gehen und dort 3000er machen - ein bisserl höher darf’s natürlich auch sein, doch dann halt wieder langsamer. So weit, so gut. Mein Zeitfenster ist knapp, die Orga (Lebensgefährtin, Beruf, Berner Sennenhund und Sohn) schwierig und das Wetter extrem wechselhaft.

After Work 6000er

Die Abreise rückte immer näher und gut drei Wochen vor Departure wollte ich dann doch wissen, wie es um eine aktuelle Höhenverträglichkeit steht und wie ich die Vorakklimatisation optimal gestalten kann. Als Fast-Wiener stoße ich im Web auf das HYPOXIA MEDICAL CENTER in Wien und bekomme zum Glück auch rasch einen Termin beim Inhaber Alexander Daume, der diesen gleich mit einem super interessanten Vortrag beginnt. „Auf 10.000 Meter ist genau so viel Sauerstoff wie hier auf der Höhe von Wien, du musst ihn dir nur holen, was durch den geringeren Luftdruck schwierig ist, aber wir checken das bei dir gleich mal.“ Und schon sitze ich auf einem Intervall Hypoxietraining (IHT) Testgerät und werde für die ersten fünf min. auf 3200 m befördert. Sofort setzt die Hechelatmung ein „Achte auf deine Atmung, versuche ruhig und qualitativ zu atmen, hol dir den vorhandenen Sauerstoff aus der Luft, aber nur so viel du brauchst, damit du dir nicht mit deiner Hechelatmung unnötig den Puls in die Höhe treibst!“, dirigiert mich Alexander. Bei dieser Testserie wird mein individuelles Verträglichkeitslevel unter pulsoxymetrischer Kontrolle ermittelt und die höhenphysiologischen Vorgänge in meinem Körper werden mir rasch klar. Mit „Schaut eh nicht so schlecht aus“ nimmt mir Alexander gleich mal meine Höhenangst und danach ging es noch für eine Stunde in einer Hypobaren Kammer auf 4200 m - das reichte für den ersten Tag.

Individueller Trainingsplan  

Als nächstes erstellen wir einen Trainingsplan bis zur Abreise, der fünf IHT Intervalltrainings und fünf Aufenthalte in der hypobaren Kammer vorsieht. Dazwischen gehe ich noch für 3 Tage auf 3000 m in die Berg und schlafe brav auf einer Hütte über 2200 m, obwohl ich mir das lt. Alexander Daume fast sparen kann, denn auf 2200 ist die Sauerstoffaufnahme bzw. Sauerstoffsättigung im Blut kaum höher als in der Passagierkabine eines Airbus. Genauer, wie ich in der Hypobaren Kammer an meinen Messgerät ablesen kann, bei fast 95%. Ich sehe selbst, dass der Hüttenaufenthalt auf 2200 m nicht viel bringt, da es erst ab 3500 m mit einem nennenswerten Höhenstress -  der Unterversorgung  der roten Blutkörperchen - so richtig losgeht. In dieser Höhe machen wir dann auch das nächste Intervalltraining, durch dass ich insbes. meine Atmung  hinsichtlich Sauerstoffaufnahme zu kontrollieren lerne. Es ist super interessant, sich das Puls-/Sauerstoffsättigungs-Verhältnis durch die Atmung zu steuern, denn genau darum geht es - am Berg kommt neben anderen Faktoren wie Kälte, Wind und technischen Schwierigkeiten natürlich noch die Anstrengung mit dem zusätzlichen Sauerstoffverbrauch durch das Hinaufgehen dazu.

Taktik am Berg lernen

Schnell werden mir wichtige taktische Maßnahmen am Berg bewusst.

  • Langsam Aufsteigen, keine hastigen Bewegungen, da beides sofort den ohnehin erhöhten Puls weiter hinauftreibt.
  • Versuchen, möglichst ruhig und qualitativ zu Atmen. Keine Hechelatmung, obwohl es das Hirn unter Sauerstoffmangel leider anschafft!
  • Wenn möglich, nicht zu viele Hm an einem Tag bewältigen.
  • Schlafhöhe immer tiefer als maximale Tageshöhe.
  • Aktive Pausen machen, d.h. sich in den Pausen auf die Atmung und Sauerstoffanreicherung des Blutes konzentrieren und nicht fotografieren rennen.
  • Viel (2,5 – 3 Liter pro Tag) trinken, denn der Wassergehalt in der Luft ist in großen Höhen im Vergleich zu unserer Wohnhöhe zuhause gleich null.

Taktisch bin ich jetzt super vorbereitet und schreibe mir als Minialpha das langsame, aerobe Aufsteigen mit Rotstift hinter die Ohren. In den nächsten vier Sessions arbeiten wir insbes. an der Atmung unter Sauerstoffmangelbedingungen.

Trainingssessions

Optimal sind 5-20 Sessions je nach Höhenprofil und Schwierigkeitsgrad der Unternehmung in der Höhenkammer (passiv und aktiv in hypobaren Bedingungen), sowie Interval Hypoxic Training-IHT®, Herz-Lungentraining mit sauerstoffreduzierten Gemischen.

Fazit

Eine Vorakklimatisation in einer Höhenkammer und ein Interval Hypoxic Training machen Sinn. Entweder je nach Zeit alleine oder in Kombination mit einer Vorbereitung in den heimischen Bergen, die jedoch deutlich über 3500 m stattfinden sollte. Ich hatte bei meiner Elbrustour höhenmäßig absolut keine Probleme, lediglich das Wetter hat uns 2017 einen Strich durch den Gipfel gemacht. Ein Jahr später Stand ich am vierten Russland Tag oben und zwei Tage später mit dem Red Fox-Sky-Race gleich noch ein zweites Mal.

Infobox

Hypoxia Medical Center 1090 Wien, Julius Tandler Platz5/Rotenlöwengasse 22, www.hypoxia.at

Hermann Buhl Höhentrainingszentrum Salzburg, Ghersburgstraße 9, 83043 Bad Aibling

Universität Innsbruck, Institut für Sportwissenschaften, Innrain 52 , 6020 Innsbruck



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