Im Fels merkt man kaum den Unterschied zwischen festem Bergschuh und Tourenskischuh Im Fels merkt man kaum den Unterschied zwischen festem Bergschuh und Tourenskischuh
15 Dezember 2016

Test Fischer Travers Carbon Tourenskischuh

Skitourenschuh oder fester Bergschuh? Noch nie war der Übergang vom Bergsteigen zum Skitourengehen so einfach ...

Skitourenschuh oder fester Bergschuh? Noch nie war der Übergang vom Bergsteigen zum Skitourengehen so einfach  ...

Unsere Redaktion erreichte wieder ein Skitourenschuh der neuen Generation, bei welchen nach dem auspacken nicht eindeutig geklärt werden konnte, ob dies nun ein Skischuh oder ein Schalenbergschuh ist.

In früheren Zeiten, wo die Mehrheit der Alpinisten noch mit Schalenbergschuhen von Koflach oder Asolo unterwegs waren um Abenteuer an gefrorenen Wasserfällen bzw. Hochtouren in Kombination mit Tourenski zu erleben, war dies immer ein Kompromiss zwischen gut gehen oder gut schifahren. Die Schischuhe der damaligen Zeit, Drei bzw. Vierschnaller, waren höchstens modifizierte Alpin Skischuhe mit einer an die Sohle geklebten Vibramsohle. Wirklich zum gehen geeignet waren diese sogenannten modifizierten Skischuhe nicht und vom Gewicht erinnerten diese Schuhe eher an Taucherschuhe mit Bleieinlagen an den Sohlen. Wir fragten uns damals oft, wieso es nicht möglich ist in einem Schalenbergschuh eine Bindungsaufnahme von Dynafit zu integrieren - denn man konnte eigentlich nur zwischen Cholera und Pest wählen, entweder einen leichten Schalenbergschuh mit schwerer Bindung  und schlechten Fahreigenschaften oder einen schweren Tourenskischuh mit leichter Dynafitbindung - gut geeignet zum skifahren, aber nicht zum gehen und klettern.

Mittlerweile wird jedoch ein Segment an Skitourenschuhen angeboten, welche zwischen abfahrtsorientierten (schwer, unbeweglich) und aufstiegsorientierten Rennskischuhen (leicht, unbequem, kalt) positioniert sind. Dieser Typus an Skischuhen ist ein Kompromiss aus allem - ideal für den Alpinisten welcher  im Winter nicht ausschließlich auf Skitouren fokussiert ist, sondern auch gefrorene Wasserfälle besuchen möchte bzw. auch Überschreitungen im Auge hat, welche auch längere Gehpassagen mit oder ohne Steigeisen beinhalten.

Nach dem anziehen fällt bereits gleich zu Beginn positiv auf, dass man den Eindruck hat lediglich ein paar Joggingschuhe an den Füssen zu haben. Das geringe Gewicht und die große Gelenksbeweglichkeit sowohl im negativen als auch positiven Winkel vermitteln ein Gefühl, dass man eher mit Bergschuhen als mit Skischuhen unterwegs ist. Das ausgefeilte Verschlusssystem bestehend aus Lace Frame System und Pulley Guides (Boa-Verschlusssystem/ Slider Buckle) ist einem Bergschuh mit Schnürsystem nachempfunden, welches den Vorfuß gesamt umschließt und stufenlos einstellbar ist - also ganz im Gegensatz zu Schnallen, welche den Fuß lediglich an einer bzw. zwei Stellen fixieren.

Über dem Knöchel wird der Schuh mit einer extrem breiten Schnalle fixiert (45 mm), welche während dem gehen geöffnet bleibt und über einem Klettverschluss voreingestellt wird. Ist man am Gipfel angekommen wird lediglich die Schnalle geschlossen und hinten die Abfahrtsposition (Hike Lock Position) eingelegt und schon kann mit der Abfahrt begonnen werden. Sofern erforderlich kann man noch zusätzlich den Vorfuß mit den Pulley Guides stärker fixieren. Sehr bequem ist, dass die Schnalle über Markierungen voreinstellbar ist und bei widrigen Verhältnissen am Gipfel kein mehrmaliges probieren erforderlich ist, bis der Schuh richtig sitzt.

Sind einmal während der Abfahrt kürzere Gehpassagen erforderlich, sind lediglich zwei Handgriffe erforderlich um in die Gehposition zu wechseln und genau so rasch wechselt man wieder in die Abfahrtsposition zurück.

Wesentlich für einen Skischuh sind jedoch auch die Abfahrtseigenschaften. Nüchtern betrachtet wird solch ein Schuh aber nie die Eigenschaften eines Freerideschuhs besitzen, jedoch ist der Schuh durch die absolut steife Grilamid Sohle (Torsionssteifigkeit) absolut stabil in der Bindung fixiert, auch wenn der Oberteil des Schuhes noch ein wenig arbeitet. Die Abfahrtseigenschaften konnten uns jedoch restlos überzeugen.

Kurz zusammengefasst: ein optimaler Schuh für den ambitionierten Skibergsteiger und Alpinisten, welcher auch einmal längere Passagen mit den Skiern am Rucksack zurücklegt.

Kleiner Bonus: sofern die richtigen Steigeisen an diesen Schuhen montiert sind, ist dieser vorbehaltlos auch zum Eisklettern bis WI 4/5 geeignet.

Am Fels bietet der Schuh durch das geringe Gewicht und die weit zurückgezogene Bindungsaufnahme eine hohe Sensibilität, wobei wir uns eine Sohle mit einer ausgeprägteren Climbing Zone wünschen würden ohne Ausnehmungen.

Der Schuh mit einer Sohlenlänge von 27.5 ist im Vergleich zu einem konventionellen Schuh um ca. 20 mm kürzer.

Was uns gefällt:

  • geringes Gewicht (ca. 1000 Gramm)
  • effizientes Boa-Verschlusssystem aus Lace Frame System und Pulley Guides (Boa-Verschlusssystem / Slider Buckle), welches sich komplett stufenlos einstellen lässt
  • der Schuh wird ausschließlich über eine Schnalle und einen Drehverschluss (Boa-Verschlusssystem) verschlossen
  • keine Einsätze erforderlich um den Schuh von Aufstieg auf Abfahrt zu trimmen, welches insbesondere bei großer Kälte bzw. während eines Schneesturms keine praktikable Lösung ist
  • da der Schuh keine Lasche besitzt, ist dieser Schuh auch für Problemfüße mit hohen Rist geeignet (Die thermoverformbare Außenschale lässt sich auch in einem gewissen Umfang anpassen.)

Was uns nicht gefällt

  • Ausschnitt in der Sohle damit die Carbonplatte sichtbar wird - ist unserer Meinung nach eine unnötige Kältebrücke darstellt
  • Preis (ist aber nicht höher als bei der Konkurrenz)

Details der verwendeten Technologien sind auf der Webseite von Fischer zu entnehmen.

Webtipp: 

Fischer Sports 

Boa Closure System



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