Ray Jardine klettert "Separate Reality" im Yosemite im Jahr 1977; Foto John Lakey Ray Jardine klettert "Separate Reality" im Yosemite im Jahr 1977; Foto John Lakey
11 April 2022

You've got a best friend

Wie ein guter Freund (Friend-Klemmgerät) das Klettern komplett veränderte ...

Friends oder ähnliche Klemmgeräte gehören an jeden alpinen Klettergurt, aber wo liegt der Ursprung dieser ultimativen Klemmmaschinen und woher kommen diese tollen Klettertools genau? Wir waren auf Spurensuche und haben uns angeschaut, wo die Freundschaft im Jahr 1977auf der anderen Seite der Weltkugel begann – die Erfolgsgeschichte von Wild Country und deren Protagonisten Ray Jardine und Mark Vallance ist fester Bestandteil dieser Entwicklung.

Die außergewöhnliche Kletterfreundschaft begann in Colorado, als sich Ray Jardine und der Engländer Mar Vallance beim Klettern trafen. Ray Jardin war quasi der Techniker, arbeitete davor in der Flugzeug- und Raumfahrtsindustrie, bevor er sich voll und ganz dem Klettern widmete. Mark Vallance hingegen hatte das Unternehmergen im Blut und verstand es später, ihre Erfindung erfolgreich auf dem Weltmarkt zu positionieren.

Zielsetzung war es, eine neuartige „Maschine“ zu entwickeln, die dabei half,  Risse, Rissspuren und Felsspalten erfolgreich, mobil abzusichern. Bis dato gab es nur die starren Klemmkeile, von denen die großen Hexentrics genannt wurden. Gesucht wurde aber ein Gerät mit deutlich mehr Flexibilität, um die variierenden Rissbreiten besser absichern zu können. Der erste „Prototyp-Friend“ wurde von Ray Jardine im Jahr 1971 fertiggestellt.

Es war aber noch ein weiter Weg zu den mit einem Seilzug funktionierenden Friends. Die erste Maschine hatte zwar vier Klemmbacken, aber weder einen Schaft noch einen Stiel. Man brauchte quasi vier Hände, um dieses Teil zu platzieren, trotzdem wurde diese Entwicklung von der Kletter-Community wie ein Sieg gefeiert. Der erste Schritt war getan und ein paar Jahre später lag der erste Friend in den Verkaufslokalen.

Ray Jardin zeigte der Welt auch gleich, wozu man mit solchen Freunden fähig war. So gelang Ray der Durchstieg der legendären „Nose“ im Yosamite Vally – trotz nötiger Regenunterbrechung – in nur 20 Stunden. Der bis dato bestehende Rekord von 3 Tagen wurde quasi in Schallgeschwindigkeit unterboten und viele interessierte Kletterer fragten sich spätestens jetzt, was das für futuristische Klemmgeräte sind.

Aber auch sonst zeigte Ray Jardin den anderen, wo die Grenzen der Schwerkraft zu finden waren. Mit dem ersten freien Durchstieg der Routen Crimson Cringe (5.12 b im Oktober 1973) und Hangdog flyer gelang ihm zweimal der Grad 5.12 – beide Routen gehörten damals zu den schwersten der Welt. 1977 gelang ihm das Rissdach Seperate Reality (5.11c) – natürlich mit seinen Friends am Gurt. Etwas später durchstieg er mit Phoenix (5.13b) die damals schwerste Route der Welt.

Die Klemmgeräte waren serienreif und dann kam Mark Vallance ins Spiel. Es war fast unmöglich, einen geeigneten Produzenten für den aus 7075 Aluminium gepressten Steg zu finden. Er kündigte seinen Job, nahm eine Hypothek auf sein Einfamilienhaus auf und konnte so eine eigene Produktionsstätte im Peak Distrikt (England) aufbauen.

Und siehe da, der Mut zum Risiko machte sich bezahlt. Obwohl die Friends alles andere als günstig waren, gelang es ihnen, im ersten Jahr über 5000 Stück zu verkaufen. Die Teile waren – da es ja nichts anderes, vergleichbares gab – bei den Kletterern heiß begehrt. Auf dieser Basis wurde die Wild Country ins Leben gerufen und eine Klettermarke mit Weltruf erschaffen.

Der Namen „Friends“ – der sich wie „Bohrhaken“ ins Gehirn der Kletterer einmeißelte, war im Übrigen keine gewollte Erfindung von Ray oder Mark. Als die beiden und Chris Walker in den 70er Jahren mit ihren Prototypen auf „geheimer Mission“ mit einer Gruppe von Kletterern unterwegs waren, wollt Chris wissen, ob die Geräte auch mit im Rucksack waren. Er fragte einfach „Have you brought the bag of friends, Ray“ - das Wort Friends ist irgendwie hängen geblieben und steht bis heute für mobiles, cleanes Klettern.

Wild Country produziert aber nicht nur Friends, über die Jahre hinweg entwickelte sich das Unternehmen zu einer waren Hardware-Schmiede der Extraklasse. Es gab viele andere Innovationen, die den Friends um nichts nachstanden. „Rock“ zum Beispiel sind eine der bekanntesten Klemmkeile überhaupt, es folgten die gebogenen „Nuts“. Es gibt heute eine Vielzahl von Klemmgeräten, die im Hause Wild Country ihren Ursprung fanden.

Auch andere technische Geräte, wie die sogenannte Ropeman Steigklemme, setzte Maßstäbe im Bergsport. Die kleine Rolle mit Rücklaufsperre ist – auch oft in abgehandelter Form – an fast jedem professionellen Hochtouren-Klettergurt als wichtiges Spalten-Rettungs-Tool zu finden. Aber auch die sog. Helium Karabiner gehören zu den mega festen, super leichten Karabiner am Expressschlingen-Markt.

Eines der jüngsten neuen Entwicklungen ist das Revo-Sicherungsgerät. Hierbei wurde zum ersten Mal bei einem Halbautomaten das mögliche falsche Einhängen des Kletterseils ausgeschlossen. Das Wild Country Revo (Revo-Test bergsteigen.com) ist mit einem bi-direktionalen, in beide Richtungen funktionierenden Blockiermechanismus ausgestattet, und funktioniert somit in beide Richtungen und unabhängig von der Orientierung des Seils im Gerät.

Natürlich müssen diese hochtechnischen Geräte stetig verbessert werden, um auf dem mittlerweile stark umkämpften Sportklettermarkt bestehen zu bleiben. Das sorgsam ausgesuchte Athletenteam (Caroline Ciavaldini, James Parson, Tom Randall, Pete Whittaker oder Moritz Welt) hilft Wild Country dabei, seine Produkte stetig zu verbessern.

So war quasi der Ur-Friend aus England in den Anfangsjahren ein schweres Stahlteil, heute aber ein superleichtes, perfekt zu bedienendes Klemmgerät! Die Friends gehören aktuell neben den Camalots zu den Bestsellern, vor allem das niedrige Gewicht und die gute Verarbeitung sind ein sehr starkes Kaufargument. Die Friends (inkl. Offset Zero) gibt es in den Größen: 0,0 bis 4 (in halben Größen) - plus 5 und 6 für Offwidth-Risse (11 Größen).

Wild Country steht aber nicht nur für gut funktionierende Hardware. Seit dem Übergang des Unternehmens in die Südtiroler Oberalpgruppe (Salewa, Dynafit, Pomoca, Evolv etc…) stehen auch Klettergurte und eine fein abgestimmte Bekleidungslinie im Wild Country Portfolio. Aufbauend auf den Friend mausert sich das englische Unternehmen also immer mehr zum innovativen Climbing-Komplettanbieter.

Web: Wild Country


Ein gutes Video über die Friends

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