Im Jahr 2022 eröffneten zwei Kletterer in Kärnten eine alpine Kletterroute, in der sie auf 700 m! auch 30 Bohrhaken setzten. Die Route ist im 9ten Grad angesiedelt und mit E5 (E5-Bewertung = Schlecht abzusichernde Route - die Route ist schlecht abgesichert und kann auch stellenweise nicht oder nur schwierig abgesichert werden — lange Passagen müssen ungesichert bewältigt werden). Wiederholungen dieser sehr kühnen Tour sind uns nicht bekannt.
Die Route liegt im alpinen Ödland, welches gemäß österreichischem Recht als frei begehbar gilt. Die Wand gehört einem Großgrundbesitzer, dieser befürchtet, dass sein Grundstück mit der besagten Felswand aufgrund dieser Bohrhaken nun zunehmend von Kletterern genutzt werden könnte. Allerdings haben bis heute keine Kletterer diese Route wiederholt, folglich üben die angebrachten Sicherungshaken auch nicht die magische "Anziehung" aus, die der Kläger geltend macht.
Der Grundstücksbesitzer will jetzt, dass der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird und die Bohrhaken aus der Wand verschwinden. Er hat ein Zivilverfahren angestrengt, die erste Verhandlung war gestern, als Nächstes soll ein vom Gericht anberaumter Lokalaugenschein am 2289 Meter hohen Gabelekopf stattfinden.
Geltende Lehre und ein Gerichtsurteil
Die geltende juristische Lehre vertritt den Standpunkt, dass das Eröffnen einer alpinen Kletterroute unter die Wegefreiheit gem § 33 Abs 1 Forstgesetz fällt. Anders ist die Situation bei Klettergärten, die in einem Zug (d.h. ein ganzer Klettergarten mit vielen Routen auf einmal) errichtet werden. Solche Klettergärten mit kurzen Routen gelten als Weg und bedürfen daher die Zustimmung des Grundeigentümers, was auch der OGH im Jahr 2006 im sogenannten Schildkar Urteil bestätigt hat.
Position des Alpenvereins
Der Alpenverein steht hinter den Kletterern und hat in der Causa aus Kärnten auch die Rechtsvertretung und Verfahrenskosten für die beiden betroffenen Kletterer übernommen. Die Position des Alpenvereins ist laut Michael Larcher die, dass Mehrseillängenrouten natürlich unter die Wegefreiheit fallen und daher keine Zustimmung des Grundeigentümers benötigen.
Weitreichende und gefährliche Folgen des Urteils
Das Urteil in Kärnten darf mit Spannung erwartet werden und hätte im Falle eines Schuldspruchs (nach dem danach folgenden Instanzenweg) am Ende weitreichende Folgen für den traditionsreichen, alpinen Klettersport. Seit weit über 200 Jahren werden an den alpinen Wänden Haken angebracht, in den letzten Jahrzehnten vermehrt die im Vergleich zum Normalhaken weit sicheren Bohrhaken. Bis dato war das für niemanden ein Problem bis heute. Die Grundstückseigentümer könnten im Falle eines Schuldspruchs überall die Entfernung aller in Mehrseillängen Routen angebrachten Bohrhaken fordern. Hintergrund ist, dass sich Grundstücksbesitzer durch die Kletterer bei der Jagd oder sonstigem gestört fühlen. Die Haftung für Unfälle durch ausbrechende Haken ist nämlich seit dem Mizzi-Langer-Wand OGH Urteil geregelt. Der Grundstückseigentümer haftet NICHT für Unfälle bei nicht von ihm selbst errichteten Kletterrouten (OGH (1 Ob 300/03d)).
Was in diesem Zusammenhang auch nicht erwähnt wird, dass es sich oft bei den kletter feindlichen Grundbesitzern auch (aber natürlich nicht nur) um Land- und Forstwirte handelt und die agrarischen Direkt- und Ausgleichszahlungen durchschnittlich 71 Prozent des bäuerlichen Einkommens in Österreich betragen (Quelle: DerStandard). Anders ausgedrückt finanziert hier der Steuerzahler viel und darf den von ihm finanzierten Grund dann aber nicht betreten.
Seit schon fast 200 Jahren werden Haken beim Begehen von Kletterrouten in Felswände geschlagen, einst nur Normalhaken wie z.B. von Luis Trenker, jetzt halt der modernere und sicherere Bohrhaken (wie die Haken vom vor Gericht stehenden Erstbegeher). Es dürfte also sicher auch „ortsüblich“ sein, wenn man solche Mittel - also Bohrhaken - bei der Begehung von Kletterrouten einsetzt. Ein gerichtlich verordnetes Entfernen der Bohrhaken aus den alpinen Wänden würde das Klettern auch um vieles gefährlicher machen, als es ohnehin schon ist. Die Bergrettungseinsätze und Kosten für die Sozialversicherungen würden durch die starke Zunahme der Kletterunfälle explodieren.
Sollte der Grundeigentümer Recht bekommen, wäre Österreich das erste Land, in dem das Hakenschlagen in alpinen Wänden vom Grundstücksbesitzer untersagt werden darf!
Fazit
Egal wie dieses Verfahren ausgeht, erscheint uns ein Miteinander und ein gemeinsamer Interessensausgleich am sinnvollsten. Positive Beispiele dafür gibt es bereits, so erlauben die Österreichischen Bundesforste (ÖBF) bereits das das Setzen von Bohrhaken für private Zwecke. Auch der Umstand, dass Aktivitäten wie Klettern, Mountainbiken, Skitourengehen in unseren Bergen bereits einen wichtigen Wirtschaftsfaktor für den Tourismus bilden, sollte uns in dieser ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Zeit bewusst sein.
Quellen: orf.at, Kleine Zeitung, Der Standard, RIS, bergsteigen.com
Anm.: Sind Bohrhaken immer Bombenfest, Richtig? Guter Artikel darüber hier...
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