Wer träumt nicht davon, einen ewig langen, mit Pulverschnee überzogenen Skihang hinunter zu carven bis man in einen gewaltigen Flow fällt und wie im Rausch ins Tal gleitet. Um diese Träume zu realisieren, muss man an Orte fahren, wo Skitourengehen noch nicht ein Massenphänom ist, wie bei uns in den Alpen - diese gewaltigen Hänge findet man in den Fjorden von Norwegen, nördlich des Polarkreises. Norwegen, das Land der Wikinger und des Öls, das Land von Felsen und Meer, das Land der Elche und Eisbären und das Land der Polarforscher. Das Meer und die Fjorde waren also unser Ziel und so machten wir uns auf nach Tromsø, einer Universitätsstadt, die 344 km nördlich des Polarkreises liegt um dort auf "unser" Schiff, die Polargirl zu steigen, welches uns eine Woche lang zu den besten Skitourenhängen bringen sollte.
Nach einem Tag Stadtbesichtigung, bei dem uns vor allem die Eismeerkathedrale, das Polarmuseum und der beheizten Gehsteige aufgefallen sind, gehen wir über die Gangway des zum Personenschiff umgebauten Fährkutters und nehmen unsere Kojen in Beschlag. Noch in der Nacht legt der rote Kutter ab und tuckert zu unserem ersten Ziel, dem Ullstinden. Den Berg in Sichtweite stoppt das Schiff plötzlich und das Rettungsboot wird zu Wasser gelassen und wir werden aufgefordert, in voller Skitourenmontur die Schwimmwesten anzulegen. Was anfänglich fast nach einer Übung klingt wird in den nächsten Tagen Routine, denn dort wo die Polargirl nicht an einer Anlegestelle festmachen kann, fahren wir mit unseren beiden Wikingern mit dem Beiboot zum "Strand" und starten von dort zu den Touren.
Der Aufstieg zu den Gipfeln gestaltet sich immer gleich, ein kurzer Birkenwaldgürtel muss durchquert werden, dann folgen flache, fast immer mit gleicher Neigung ansteigende Hänge bis zum Gipfel. Klingt leicht, hat aber auch seine Tücken - zum einen der Birkengürtel, der manchem der Gruppe (vor allem unserem Snowboarder) beim Abfahren zum Verhängnis wird. Schnelle Abfahrt durch den dichten Birkenwald lassen es im wahrsten Sinne des Wortes bei dem ein oder anderen so richtig krachen. Zum anderen das Wetter - ein Mix aus Wind, Sonne und Nebel. Auf Meeresniveau mit 0 bis -2 Grad Celsius noch als angenehm empfunden, wird der Wind im 1200 Meter hohen Gipfelbereich zum ernsten Problem und lässt auch hartgesottene Skitourengeher schon beim Aufstieg zur Gore-Tex Jacke greifen.
Auf dem Gipfel angekommen, beginnt dann der grandiose Teil der Tour, die Abfahrt hinunter zum Meer! Über 1000 Höhenmeter ohne Kuppen und andere störenden Hindernisse geht es hinunter, einfach gewaltig! Man stellt den Fahrstil um, ganz weite und schnelle Schwünge lassen die Abfahrt zu einem einzigartigen Erlebnis werden bei dem man - immer die gewaltige Fjordlandschaft vor Augen - fast Zeit und Raum komplett vergisst. Nach den wieder kürzeren Schwüngen durch den Birkenwald kommt bei manchen Touren, wie zum Beispiel beim Rornestinden noch eine kuriose Sache dazu. Man fährt die letzten Meter zur Anlegestelle auf der Straße und integriert sich quasi ins Verkehrsgeschehen, richtig verrückt - auf's "Blinken" beim Abbiegen aber bitte nicht vergessen!
Skitouren in Norwegen sind Abenteuer, es ist aber auch anders als bei uns. Lawinenwarndienst gibt es zwar, mit zwei Personen und fast keinen Messstationen ist dieser für ganz Norwegen aber etwas unterbesetzt. Die Kombination aus Meeresluftfeuchtigkeit, Wind und Neuschnee macht die Beurteilung der Lawinengefahr nicht leicht - weshalb wir uns, obwohl in den Alpen nur eigenständig unterwegs, für eine geführte Tour entschieden haben. Bereut haben wir es nicht, das Führerteam von "Die Bergführer" haben den Urlaub perfekt gemacht, denn man konnte noch besser entspannen und ihnen getrost die Planungsarbeit überlassen.
Entspannen - das konnte man auf der Polargirl übrigens super. Sehr gutes Essen inkl. Walfischgrillabend, eine Sauna und ein Hotpot mit gewaltigem Fjordblick waren die Highlights unserer Reise. Nur eines haben wir leider nicht gesehen, die magische Erscheinung des Nordlichts, welches in kalten und klaren Nächten wie von Geisterhand an den Himmel gezaubert wird. Ein Grund mehr wieder an die Skihänge des nördlichen Polarkreises zurück zu kehren, um neuerlich tolle Lines in den noch unberührten Pulverschnee zu legen.
Infobox:
Zeit: Die beste Zeit für Skitouren in Norwegen ist Ende Februar bis Anfang April, wobei das Wetter sehr wechselhaft ist. In Meeresnähe sind die Temperaturen sehr ausgeglichen.
Touren: Die Touren sind zwischen 1000 und 1500 Hm lang. Infos über Skitouren in Norwegen findet man auch via Google im Internet. Die Zentren sind Lyngen, aber auch die Lofoten werden gerne von Skitourengehern besucht.
Unterkunft: Entweder bucht man die Reise über einen der vielen Anbieter, einige machen das mit Unterbringung in Lodges auf dem Land, einige mit kleineren Segelbooten oder größeren Schiffen. Man kann sich das ganze aber auch mit einem Mietauto privat organisieren.
Geld: Norwegen ist teuer, ein Bier in der Kneipe kostet 10 Euro. Man kann aber jede Kleinigkeit mit Kreditkarte bezahlen (wir haben keine einzige Krone in der Hand gehabt). Flügel sind so um die 500 - 600 Euro zu bekommen, wobei die Flüge um Ostern am teuersten sind.
Organisation: Wir haben unsere Reise mit "Die Bergführer" (www.die-bergfuehrer.de) gemacht, die haben die Polargirl meist für 5 Wochen in der Skitourenkernzeit gechartert. Es gibt aber auch die Möglichkeit einen Mietwagen zu nehmen und die Touren von eine fixen Quartier in den Lyngen Alps aus zu machen.
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